Bayern-Basketballer besiegen Bamberg:Kontrolle über den Luftraum

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Guten Flug: Münchens Alex King (am Ball und Brett) ist Bambergs Patrick Heckmann (links) ein, zwei Schritte und ein paar Meter Flughöhe voraus. (Foto: Hans-Martin Issler/Getty)

Der FC Bayern besiegt den deutschen Meister Bamberg und verteidigt damit die Tabellenführung in der Basketball-Bundesliga - den Oberfranken fehlt die Frische im Schlussviertel.

Von Matthias Schmid

Arturo Vidal kam am Sonntagabend zu spät, er suchte noch seinen Platz, als das Spiel zwischen dem FC Bayern und Brose Bamberg schon eine ganze Weile lief. Der deutsche Meister aus Oberfranken führte zu diesem Zeitpunkt mit fünf Punkten. Als Vidal mit seinem Töchterlein endlich saß, spielten die Münchner plötzlich entschlossener, konzentrierter. Das war natürlich Zufall, aber gegen die Bamberger, gegen die dominierende deutsche Basketball-Mannschaft der vergangenen Jahre, ist ein Glücksbringer nie verkehrt. Am Ende gewannen die Münchner tatsächlich 77:68 (43:33) und rangen dem Rivalen nach fünf Niederlagen in Serie nicht nur mal wieder einen Sieg im direkten Duell ab, sondern verteidigten damit auch die Tabellenführung in der Bundesliga; Bamberg liegt auf Platz sechs.

Die Bamberger wollten das Spiel verlegen - die Bayern lehnten ab

Nachdem Jared Cunningham, mit 17 Zählern bester Bayern-Werfer, die letzten Punkte gelungen waren, höhnten die Zuschauer von der Tribüne: "Und ihr wollt deutscher Meister sein?!" Ein Sieg gegen den oberfränkischen Widersacher wird halt leidenschaftlicher besungen als gegen Berlin oder Ulm. Auch Bayern-Präsident Uli Hoeneß war danach hochbeglückt und freute sich über den Erfolg, um allerdings fair zu konstatieren: "Am Schluss hat man gemerkt, dass bei Bamberg die Kraft und Konzentration nachgelassen haben."

Die Gäste mussten nur 42 Stunden nach der Niederlage in Mailand (62:71) in München antreten, für sie war es das dritte Spiel binnen fünf Tagen. Sie waren am Samstag direkt aus Norditalien nach München geflogen, wo sie die Nacht im Hotel verbrachten. Eine einst angeregte Verlegung des Spitzenspiels auf den Montag hatten die Bayern abgelehnt. "Die Bamberger Anfrage kam zu spät", stellte Bayern-Sportdirektor Marko Pesic vor der Partie gegenüber telekomsport.de klar.

In der Anfangsphase war den Gästen die Hatz in der Euroleague, der ganze Reisestress allerdings noch nicht anzumerken. Sie verteidigten energisch und effizient und konnten in den ersten zehn Minuten die Partie nicht nur ausgeglichen gestalten, sondern sich sogar leichte Vorteile erspielen. Ein erfolgreicher Dreipunktewurf von Nationalspieler Maodo Lo brachte Bamberg 16:11 in Führung. Die Bayern, die nach dem Sieg im Eurocup gegen Galatasaray Istanbul drei Tage Zeit zur Vorbereitung hatten, ließen sich aber von dem Rückstand nicht beeindrucken, im Gegenteil. Mit einem Dreier des NBA-erprobten Cunningham glichen die Münchner aus, und als Devin Booker ein Zuspiel von Milan Macvan aus der Luft fing und per Alley-oop in den Korb wuchtete, war es das erste Mal richtig laut in der Halle. Auch Vidal gefiel das, der Chilene und seine Mitspieler vom FC Bayern applaudierten, unter anderem waren Thomas Müller, Arjen Robben und James Rodriguez gekommen. Doch in den nächsten Minuten mussten die Fußball-Profis miterleben, wie die Bamberger sich etwas absetzten, es war jetzt ein intensives, ein mitreißendes Spiel mit zwei Mannschaften, die mit brutaler Verteidigung erahnen ließen, wie es in der Meisterrunde im Frühjahr zugehen könnte. Bambergs slowenischer Europameister Aleksej Nikolic klaute Stefan Jovic, der nach einer Handverletzung wieder genesen waren, kurz vor dem Ende des ersten Viertels den Ball und bescherte seiner Mannschaft eine 24:20-Führung.

Sogar Arturo Vidal trifft einen Drei-Punkte-Wurf - nach dem Spielende

Die zweiminütige Pause schien den Bambergern aber nicht gutzutun, danach verloren sie nicht nur ihren Rhythmus, sondern auch ihre Energie in der Defensive. Es dauerte exakt fünf Minuten und 19 Sekunden bis Bryce Taylor, der frühere Bayern-Kapitän, mit einem erfolgreichen Dreier für die ersten Punkte im zweiten Viertel sorgte und einen 13:0-Lauf der Münchner beendete. Die Bayern führten nun 33:27 und bauten ihren Vorsprung bis zur Pause kontinuierlich aus (43:33) - auch, weil die Bamberger ungewöhnliche viele Bälle verloren. Ein erstes Indiz dafür, dass sie in Kopf und Beinen müder wurden. Während bei der Heimmannschaft Trainer Djordjevic auf Nihad Djedovic (Magen-Darm-Infekt) verzichtete, gönnte Bambergs Andrea Trinchieri seinem beanspruchten Spielmacher Ricky Hickman eine Pause.

Auch nach dem Seitenwechsel erlaubten die Münchner ihrem Rivalen keine einfachen Punkte, es war nun kein schönes Spiel mehr, irgendwie hektisch mit vielen Fehlwürfen und Ballverlusten auf beiden Seiten. Die Bayern kontrollierten aber den Luftraum an den Brettern und gingen mit einer 59:45-Führung in das Schlussviertel, Alex King hatte per Korbleger getroffen. Der Flügelspieler erlebte gegen Bamberg sein 486. Bundesligaspiel - so viel wie niemand sonst in der Historie. Er saß aber dann draußen, als die Bamberger im Schlussviertel noch mal alles versuchten, sie rannten und kämpften aufopferungsvoll, doch näher als auf vier Punkte (60:64) kamen sie nicht mehr heran. Brose-Geschäftsführer Rolf Beyer lobte trotzdem: "Das war eine Monsterenergieleistung, uns hat am Ende die geistige Frische gefehlt." Und Arturo Vidal? Warf nach Spielende selbst auf den Korb, er traf sogar einen Dreier aus 6,75 Metern Entfernung.

© SZ vom 20.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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