Bayern-Basketball:Der siebte Hunderter

Sean Mosley Crailsheim Merlins Jan Jagla FC Bayern Muenchen Basketball v li Aktion FC Bayer; Bayerb Basketball

Sean Mosley (links) und die Crailsheim Merlins haben eigentlich nie eine Chance gegen Jan Jagla und den FC Bayern München.

(Foto: imago/Buthmann)

Nach zwei Niederlagen in Serie zeigen die Bayern-Basketballer beim 110:76 gegen Crailsheim, dass sie noch gewinnen können. "So ein Spiel haben wir gebraucht."

Von Matthias Schmid, München

Als Tania Evans im Audi-Dome "Call him Mr. Wrong" ins Mikrofon schrie, saßen die Spieler des FC Bayern in der Kabine. Ihr Cheftrainer Svetislav Pesic erlaubte ihnen nicht, in der Pause gegen die Crailsheim Merlins zumindest ein paar Passagen des Ohrwurms "Mr. Vain" aus den Neunzigerjahren des 20. Jahrhunderts live mitzuerleben. Wochenlang war das Lied von der Gruppe "Culture Beat" 1993 die Nummer eins in Deutschland. Bayern-Spieler wie Vasilije Micic und Paul Zipser waren damals noch gar nicht geboren, Pesic hätte den beiden ruhig eine kleine Zeitreise in der Musikgeschichte gönnen können. Denn die Münchner führten am Samstagabend zur Pause gegen den Tabellenletzten der Basketball-Bundesliga (BBL) schon 53:40. Die Partie war bereits entschieden. Nach zuletzt zwei Niederlagen gegen Braunschweig und in Göttingen siegten die Münchner diesmal leicht und locker 110:76 und haben sich damit vorzeitig für die Playoffs qualifiziert - während sich die Brose Bambergs beim 73:83 in Ludwigsburg erstmals seit 16 Spielen wieder geschlagen geben mussten.

Selbst Sportdirektor Marko Pesic konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann die Bayern zuletzt in der BBL zwei Spiele hintereinander verloren hatten. In der vergangenen Saison, als sie nach 59 Jahren die dritte Meisterschaft in der Historie gewinnen konnten, war das nicht passiert. Gegen die Mannschaft aus Württemberg war aber schnell klar, dass die Zuschauer eine dritte Niederlage nicht erleben sollten, eigentlich schon nach dem dritten Wurf der Münchner war das so wenig wahrscheinlich wie der Klassenverbleib des abgeschlagenen Aufsteigers. Die Münchner verwandelten ihre ersten Würfe allesamt von jenseits der 6,75 Meter entfernten Dreipunktelinie, drei Dreier von drei verschiedenen Spielern, das gefiel Trainer Svetislav Pesic.

"Wir haben heute ein ordentliches Spiel gezeigt, ganz konzentriert", lobte der Serbe hinterher. Es hatte den Anschein, als ob Robin Benzing, Bryce Taylor und Anton Gavel ihrem Coach gleich beweisen wollten, dass ein Spiel wie in Göttingen, als die Bayern-Profis in der zweiten Hälfte nur auf 19 Punkten kamen, sich in den nächsten zehn Jahren nicht wiederholen werde. Die ersten Punkte unterm Korb gelangen Dusko Savanovic zum 15:10, der mit 14 Fehlwürfen bei 16 Versuchen im letzten Auswärtsspiel der Bayern-Niederlage ein Gesicht gegeben hatte.

Die Gäste aus Crailsheim waren eine Klasse schlechter, mindestens

Marko Pesic vermisst seit den beiden verstörenden Niederlagen im Achtelfinale des Eurocups gegen Valencia die Leichtigkeit in der Mannschaft, sein Vater Svetislav hingegen monierte die Selbstüberschätzung einiger Spieler in manchen Phasen. Eine verlässliche Antwort, wer nun von beiden eher recht hat, ließ sich gegen Crailsheim nicht seriös ableiten. Die Gäste sind kein Maßstab für die gehobenen Bayern-Ansprüche, bei den Crailsheimern lassen sich mit viel Wohlwollen vielleicht fünf Spieler finden, denen man die Erstligatauglichkeit nicht absprechen kann. Die Münchner waren gegen überforderte Gäste nicht gefordert, sie dominierten das gesamte Spielfeld, Center John Bryant hatte sogar Zeit und Platz, um über seinen Gegenspieler hinweg zu springen und den Ball mit links per Dunk zum 23:12 durch den Korb zu jagen.

Dass die Bayern zur Pause nur mit 13 Punkten führten (53:40), lag vor allem daran, dass die Crailsheimer noch regelmäßig von außen getroffen hatten, Distanzwürfe waren ihre einzige Möglichkeit, um überhaupt gegen den FC Bayern kontinuierlich punkten zu können. Und weil diese Taktik ebenso verwegen wie sinnlos ist und nicht gelingen kann, vergrößerten die Münchner ihren Vorsprung nach dem Seitenwechsel mit jeder Minute.

Vor dem Schlussviertel führten sie 80:55 und jeder in der Halle stellte sich natürlich nun die Frage, ob sie noch die 100 Punkte knacken sollten, diese Marke hat im Basketball noch immer etwas Magisches, auch wenn die Münchner in dieser Bundesliga-Saison Zuhause schon sechsmal mindestens 100 Punkte erzielten. Um es vorwegzunehmen, sie schafften es auch ein siebtes Mal. Yassin Idbihi blieb es vorbehalten, den Besuchern den 100. Zähler zu schenken.

Am Ende punkteten in diesem einseitigen Spiel sechs Münchner zweistellig, als Bester tat sich dabei John Bryant mit 19 Zählern hervor. In Göttingen war dies nur Bryce Taylor vergönnt. Inwieweit die Münchner ihre Formkrise schon überwunden haben, wird erst der nächste Auftritt am Ostersonntag beim Tabellenvierten Ulm zeigen können. "So ein Spiel haben wir heute gebraucht", sagte Trainer Pesic: "Vom Resultat her, aber auch für das Gefühl der Spieler." Es machte ihm an diesem Abend nichts aus, dass München und Crailsheim eine Klasse trennte, mindestens.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: