Bayern-Aus in der Champions League:Barças Tänzer rauben die Hoffnung

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Da war die Münchner Hoffnung schon dahin: Neymar schiebt zum zum 1:1 ein.

(Foto: AFP)
  • Es bleibt ein unlösbares Unterfangen: Der FC Bayern siegt 3:2 im Rückspiel gegen Barcelona, verpasst aber nach einer von Defensivfehlern begleiteten Leistung den Einzug ins Finale der Champions League.
  • Die Münchner Tore erzielen Benatia, Lewandowski und Müller.
  • Ein versöhnlicher Abschluss, immerhin. Außer für Mario Götze.

Von Claudio Catuogno

"Mit Herz, aber auch mit Kopf." Das war doch eigentlich der Plan gewesen von Pep Guardiola für dieses Halbfinal-Rückspiel der Champions League. Für dieses fast unlösbare Unterfangen, gegen den FC Barcelona einen Drei-Tore-Rückstand aufzuholen. Das Herz, das steht im Fußball gemeinhin für Leidenschaft und Kampfesmut. Und der Kopf? Der soll dafür sorgen, es genau damit nicht zu übertreiben. Der Kopf steht für: Kontrolle. Denn wie es endet, wenn man gegen Barça alles nach vorne wirft, auch das hatte der FC-Bayern-Trainer Guardiola ja schon am Tag vor dem Spiel auf der internationalen Pressekonferenz prophezeit. Statt "langer Ball - Tor" heiße es dann schnell mal: "langer Ball, Konter, Gegentor."

Genau so kam es.

Sechs Tage nach dem 0:3 im Camp Nou hat der FC Bayern am Dienstagabend das Rückspiel zu Hause 3:2 (1:2) gewonnen: Damit ist für die Triple-Sieger des Jahres 2013 zwar zum zweiten Mal hintereinander im Halbfinale der Königsklasse Schluss. Doch die Bayern verabschieden sich mit einem Genugtuungs-Resultat, mit einem fürs Weiterkommen irrelevanten Achtungserfolg aus dem Wettbewerb. Allerdings auch mit der Frage: Wenn man tatsächlich drei Tore gegen Barcelona schießen kann - wäre da womöglich nicht doch noch etwas drin gewesen?

Gewiss - aber nicht, wenn die Defensive sich generös gibt. "Wir haben einfach zu viele Gegentore zugelassen, da kannst du nicht ins Finale einziehen", zog Torwart Manuel Neuer sein Fazit: "Bei den Gegentoren waren wir zwei Mal in Unterzahl, da haben sie dann leichtes Spiel." Gemeint war der Gegner, der nahezu gar nicht beeindruckt wirkte, nachdem Medhi Benatia die Münchner früh in Führung gebracht (7.) hatte. Zwei Konter von Neymar (15., 29.) verpassten den Gastgebern den frühen Knockout. Und auch, wenn sich der FC Bayern am Ende von den Fans fürs Resultat feiern ließ: Dies war die spielentscheidende Phase - und deshalb wird sich Guardiola die Frage gefallen lassen müssen, warum er zwar Kontrolle gepredigt hatte, sich seine Elf aber von Anfang an erstaunlich risikofreudig präsentierte. Mit einer hoch aufgerückten Viererkette, in deren Rücken Barças berüchtigtes Stürmer-Trio Lionel Messi, Luis Suárez und Neymar häufig entkam.

Oder war es gerade die Eigendynamik der frühen Führung, die die Bayern leichtsinnig werden ließ? Schon in der 7. Minute schien sich Peps Kopf-Motto ja auf wortwörtliche Weise auszuzeichnen: Eine Ecke von Xabi Alonso, Medhi Benatia steht frei und nimmt den Ball wie geheißen mit dem, genau: Kopf. Von dort fliegt er unhaltbar für Marc-André ter Stegen, den deutschen Keeper des FC Barcelona, ins Netz. Es ist ein Start, wie ihn sich die Bayern erhofft hatten. Und es ist zugleich der Anfang vom Ende. Denn während es jetzt wohl erst mal angezeigt gewesen wäre, dieses Resultat zu stabilisieren, schalteten die Bayern noch einen Gang höher, sie reihten Angriff an Angriff - und vergaßen darüber ein wenig die Kontrolle.

Acht Minuten dauerte es dann nur, ehe Messi einen Traumpass auf Suárez abschickte, der im Rücken von Benatia entwischt war. Der Uruguayer legte rüber auf Neymar, 1:1 (15.). Das war's im Grunde schon, jetzt mussten die Münchner vier weitere Tore schießen. Jetzt wurde aus dem Versuch, doch noch ins Endspiel nach Berlin zu kommen, ein Stimmungsendspiel, ein Spiel um die Deutungshoheit. Zunächst einmal war die Stimmung natürlich nicht besonders: Guardiola pfefferte eine Wasserflasche unter die Trainerbank.

Gute Mischung aus Herz und Kopf

Die Bayern blieben angriffslustig, aber Barça konnte ihnen das nun auch weitgehend risikofrei zugestehen. Einen Kopfball von Müller lenkte ter Stegen an den Pfosten (19.). Kurz darauf kombinierte sich erneut Müller durch, aber Lewandowskis Abschluss geriet zu ungefährlich (27.).

Doch um das Spiel zu kontrollieren, um den Katalanen den Ball wegzunehmen, gewannen die Münchner in dieser Phase schlicht zu wenige Zweikämpfe. So sprang der kleine Lionel Messi im Mittelfeld tatsächlich höher als die bayerische Eiche Bastian Schweinsteiger, erneut kam der Ball über Suárez zu Neymar, 1:2 (29.).

Jetzt mussten die Bayern noch fünf Tore schießen. Und immerhin: Sie versuchten, wenigstens mal damit anzufangen. Doch nun hatte Marc-André ter Stegen etwas dagegen: Einen Schweinsteiger-Kopfball parierte er beachtlich (38.), und auch an einen Lewandowski-Schuss brachte er noch seine Hand, der Ball rollte weiter in Richtung Tor - doch ter Stegen tauchte ab und kratzte ihn noch von der Linie (40.).

Szenen wie diese hielten das Publikum bei Laune: "Es war eine sensationelle Stimmung, ich habe selten so etwas erlebt", stellte Philipp Lahm nach Abpfiff fest. Im Lob war er sich einig mit Thomas Müller: "Hut ab, da kriegt man Gänsehaut, und das kommt nicht so oft vor bei mir."

In der zweiten Halbzeit spielten die Bayern weiter mit einer guten Mischung aus Herz und Kopf. Robert Lewandowski überwand mit einem feinen Tänzchen Javier Mascherano und schoss zum 2:2 ein (59.) - sein sechstes Tor in dieser Champions-League-Saison. Und dann überwand auch noch Müller, bedient von Schweinsteiger, ter Stegen, ebenfalls mit einem Schuss von der Strafraumgrenze (74.).

Tor drei, es war zu wenig, im Gesamtstand von 3:5 fehlten den Münchnern weitere drei Tore. "Wir haben an das Wunder geglaubt", so Lahm, "leider hat es nicht geklappt." Trotzdem war zumindest im Rückspiel ein Teilsieg gelungen, ein versöhnlicher Abschluss, immerhin. Außer für Mario Götze. Der Mann, der Deutschland im Sommer 2014 in Rio zum WM-Titel geschossen hatte, durfte erst in der 87. Minute aufs Feld. Und deshalb ist es keine gewagte Prognose, dass dem FC Bayern im Sommer einige Personaldebatten bevorstehen. Herz und Kopf wird er noch gut gebrauchen können.

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