Bayer 04 Leverkusen:Elfmeter in äußerst gruseliger Manier

Bayer Leverkusen - SC Freiburg

Leverkusens Javier Hernandez nach seinem verschossenen Elfmeter.

(Foto: Marius Becker/dpa)

Was ist bei Bayer Leverkusen los? Sieben verschossene Strafstöße in einer Saison machen ratlos, Chicharito hebt den Horror auf eine neue Stufe.

Von Ulrich Hartmann, Leverkusen

Durch die runde Öffnung im Dach schwebten am Samstagnachmittag dichte Nebelschwaden ins Leverkusener Fußballstadion. Nebel wird im Film als unheilvolle Symbolik verwendet, im Gruselgenre ist die teilkondensierte Luft elementarer Bestandteil. Gruselig, weil nebulös, muss man sich auch den Leverkusener Fußballnachmittag vorstellen. Bayer 04 ist gegen den SC Freiburg auch deshalb nicht über ein enttäuschendes 1:1 (0:1) hinausgekommen, weil Javier "Chicharito" Hernandez in der 88. Minute einen Foulelfmeter in äußerst gruseliger Manier verschossen hat.

Es war bereits der vierte verschossene Strafstoß für die Gastgeber in dieser Saison, und wenn man die drei verschossenen Elfmeter aus dem Elfmeterschießen beim DFB-Pokal-Aus in Lotte hinzurechnet, dann sind es schon sieben.

Gegen Freiburg hatten Teile des Leverkusener Publikums ihre Mannschaft bereits zur Pause ausgepfiffen, viel zufriedener waren sie aber auch nach dem Schlusspfiff nicht. "Wir haben kaum umgesetzt, was wir trainiert haben", klagte Mittelfeldmann Kevin Kampl, "dieser Punkt ist viel zu wenig." Freiburgs Trainer Christian Streich war deutlich zufriedener: "Trotz einiger erforderlicher Umstellungen hat die Mannschaft es klasse gemacht."

Leverkusen harmlos vor der Pause

In Jonathan Tah und Ömer Toprak fehlten den ohnehin dezimierten Leverkusenern zwei maßgebliche defensive Spieler sowie in Admir Mehmedi und Kevin Volland zwei maßgebliche offensive. Das merkte man dem Leverkusener Spiel anfangs schon an, allerdings ist ein gewisser Mangel an Kreativität und Konstanz ihrem Spielstil ja grundsätzlich immanent. Und während sich die Gastgeber in einem Duell zweier 4-4-2-Systeme vor der Pause keine einzige Torchance herauszuspielen wussten und keinen einzigen Torschuss abgaben, kamen die Freiburger immerhin zu zwei Chancen - wobei jene zum 1:0 durch Janik Haberer in der 30. Minute streng genommen gar keine war.

Nach einer Ecke von Vincenzo Grifo kam im zentralen Bereich des Strafraums Haberer an den Ball und drückte ihn ins linke Eck des Leverkusener Tors. Auf seinem Weg dorthin ließ Florian Niederlechner den Ball klugerweise durch. Deshalb lag Niederlechner kurz später Haberer im Arm. Elf Minuten später hätte Patrick Stenzel eigentlich das 2:0 für die Gäste erzielen müssen, doch sein Schuss aus etwa zwölf Meter landete exakt in den Armen des Torwarts Bernd Leno.

Leverkusen zündete erst spät. In der 58. Minute köpfte Hernandez den Ball knapp am Tor vorbei. Zwei Minuten später war es Hakan Calhanoglu vorbehalten, nach einer Hereingabe von Julian Brandt in der 60. Minute das 1:1 zu erzielen. Calhanoglu, der nach verheiltem Knöchelbruch eingewechselte Joel Pohjanpalo und vor allem Hernandez hatten weitere exzellente Chancen zum Leverkusener Siegtreffer (zumeist rettete Freiburgs herausragender Torwart Alexander Schwolow), aber es dauerte bis zur 87. Minute, ehe Leverkusens Horror seinen Höhepunkt erlebte.

Hernandez erhält die ultimative Chance - und versagt

Vom Elfmeterpunkt erhielt Hernandez in der 88. Minute die ultimative Chance zum späten Sieg, weil der Sekunden zuvor eingewechselte Freiburger Onur Bulut den Leverkusener Wendell im Strafraum auf eine Art gefoult hatte, die man nur amateurhaft nennen kann.

Aber wie soll man das nennen, was folgte? Hernandez legte sich den Ball zurecht, nahm Anlauf und schoss den Ball derart schwach und flach und mittig, dass Schwolow keine Probleme hatte, den Ball mit dem Fuß zu stoppen. Es war der zweite verschossene Elfmeter von Hernandez in dieser Saison.

"Klar, wenn man mit 100 km/h in den Winkel schießt..."

"Unsere Chancen hätten reichen müssen, um das Spiel zu gewinnen", sagte Heimtrainer Roger Schmidt hinterher, "aber wir tun uns schwer im Moment." Über den vergebenen Elfmeter mochte er sich gleichwohl nicht mokieren. "Das sah schon sehr ungewöhnlich aus", gestand der Trainer, "unsere schlechte Statistik geht offenbar auch an Chicharito nicht spurlos vorbei." Auf Nachfrage verneinte Schmidt allerdings, dass man den Spielern im Training einmal zeigen könnte, wie man die statistische Chance erhöht, Elfmeter zu verwandeln. "Klar, wenn man mit 100 km/h in den Winkel schießt, ist der Ball drin, aber nach 86 Minuten in einem kräftezehrenden Spiel sieht die Sache ein bisschen anders aus", sagte Schmidt. Er klang beinahe lakonisch.

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