Bayer Leverkusen:Dunkle Schatten über Roger Schmidt

Bayer 04 Leverkusen v TSG 1899 Hoffenheim - Bundesliga

"Es war ein Tag, an dem nichts für uns gut war": Roger Schmidt.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

"Was bist du denn für ein Spinner?" Leverkusens Trainer beleidigt seinen Kollegen Nagelsmann und sieht Rot - dabei ist er ein Wiederholungstäter auf Bewährung.

Von Milan Pavlovic, Leverkusen

Wenn Rudi Völler nach dem Abpfiff den Schiedsrichter umkreist, ist das kein gutes Zeichen. So auch am Samstag, nach dem in jeder Hinsicht erstaunlichen 0:3 (0:1) gegen die TSG Hoffenheim. Es gab für Leverkusens Sportdirektor gewaltigen Redebedarf nicht nur wegen des Resultats, sondern auch wegen zweier kurioser Platzverweise. Bereits in der sechsten Minute ging der Spieler Kevin Volland, kurz nach der Halbzeit folgte ihm sein Trainer Roger Schmidt. Besonders die zweite Szene wird Bayer Leverkusen noch erheblich beschäftigen.

Die Szene ereignete sich, als es bereits 0:2 stand, nach einem Leverkusener Foul an der Mittellinie. Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann hüpfte wütend herum. Schmidt, der nach seinem Platzverweis in der Vorsaison gegen Dortmund und der anschließenden Sperre immer noch auf Bewährung an der Seitenlinie stand, vergriff sich in der Wortwahl. "Ich habe mich geärgert, dass mein Kollege sich geärgert hat", räumte Schmidt später reuig ein, deshalb habe er in der Hitze des Gefechts etwas gesagt, das "nicht in Ordnung" war.

"Halt doch einfach mal die Schnauze!"

Der Lauschangriff durch die Mikrofone des Bundesliga-Senders Sky ergab folgenden Wortlaut: "Gar nichts war das! Was bist du denn für ein Spinner?", rief Schmidt in Richtung Nagelsmann. Und weiter: "Halt doch einfach mal die Schnauze." Dies hatte auch der vierte Offizielle am Spielfeldrand vernommen, der Meldung bei Schiedsrichter Bastian Dankert machte, der dann keine Gnade kannte. Trainer Schmidt, der im Februar nur widerwillig den Spielfeldrand verlassen hatte, ging am Samstag relativ flott.

Nagelsmann nahm die Entschuldigung des Kollegen später an. Er sagte, man solle "das nicht so hoch hängen", ließ aber durchblicken, dass er die Sofort-Strafe völlig angemessen fand. Bayer-Sportdirektor Völler hingegen empfand die Diskussionen als übertrieben: "Sie glauben doch nicht, dass wir den Trainer in Frage stellen, weil er in einem Spiel zu einem Kollegen Spinner gesagt hat." Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass das DFB-Sportgericht die Sache ähnlich interpretiert.

Vollands Notbremse gegen seinen Ex-Klub

Die Entscheidungen des Bayer-Trainers waren vier Tage nach dem zehrenden 0:0 in der Champions League gegen Tottenham aber auch insgesamt unglücklich. Es begann damit, dass er den ehemaligen Hoffenheimer Kevin Volland aufbot. Denn schnell war die Partie für den unter dem Bayer-Kreuz denkbar unglücklich gestarteten 20-Millionen-Euro-Transfer vorbei. Nach einem schnörkellosen Konter der Gäste war plötzlich Volland letzter Mann gegen Kerem Demirbay, der kurz vor dem Strafraum zu Fall kam. Hatte der Leverkusener den Hoffenheimer getroffen?

Vollands Antwort: "Ja, ganz leicht - ich habe versucht, den Kontakt zu vermeiden, habe ihn aber mit dem Oberschenkel an der Ferse berührt." Hatte Volland vorher nicht selbst den Ball gespielt? "Nein", gab er zu, "aber Kerem hatte sich den Ball zu weit vorgelegt." Und der Touchierte meinte: "Es tut mir leid für Kevin, aber wenn man so in höchstem Tempo unterwegs ist, reicht der kleinste Kontakt." Trainer Nagelsmann fand: "Es war kein schlimmes und auch kein rüdes Foul, aber es gibt eben die Regel."

Hoffenheims vierter Sieg in Serie

Schiedsrichter Dankert sah das ebenso. Er hatte keine Zeitlupe zur Verfügung, er schien sich aber sicher genug zu sein, auf Freistoß und Notbremse zu entscheiden. Volland musste vom Feld (und klatschte auf dem Weg in die Kabine seinen alten Bekannten Julian Nagelsmann ab), während Dankert nachträglich Rücksprache mit Demirbay hielt, ob er richtig entschieden habe. Was der Hoffenheimer kurioserweise verneinte: "Ich habe ihm gesagt, dass ich Volland nicht vom Platz gestellt hätte."

Den folgenden Freistoß setzte Demirbay noch an den Pfosten. Aber die Gäste-Führung ließ nicht lange auf sich warten, und sie kam sehenswert zustande. Stürmer Sandro Wagner schob den Ball noch in der eigenen Hälfte nach außen. Dort umspielte Kaderabek den ungestümen Henrichs, stürmte die Außenlinie entlang, legte im richtigen Momente quer zu Wagner, der rasch weiterleitete zu Demirbay. Der guckte sich Lars Bender aus, ließ den Bayer-Kapitän ins Leere grätschen und vollendete mit rechts gekonnt zum 1:0 (15.).

Leverkusen wirkte in Unterzahl weitgehend ratlos, kam nur zu einer einzigen Großchance (Brandt, 24.). Die Gäste waren cleverer und besser, spielten etliche Möglichten heraus. Kurz nach der Pause nutzte Sandro Wagner einen Ausrutscher seines Gegenspielers Toprak und erhöhte auf 2:0 (49.). Als dann Trainer Schmidt ausgeschlossen wurde, brach Leverkusen endgültig auseinander - Steven Zuber erzielte nach einer verzweifelten Rettungstat von Bernd Leno aus 18 Metern unbedrängt das dritte Tor (60.). Der vierte Hoffenheimer Sieg in Serie war besiegelt.

"Es war ein Tag, an dem nichts für uns gut war", bilanzierte Roger Schmidt. Für Leverkusens Trainer könnte dieser Samstag noch dunkle Schatten werfen.

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