Bayer Leverkusen - Borussia Dortmund:Torloses Unentschieden auf hohem Niveau

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Beim hochklassigen und spannenden Spiel zwischen Bayer Leverkusen und Borussia Dortmund gibt es zwei Platzverweise, zwei herausragende Torhüter und einen Treffer, den der Schiedsrichter nicht sieht: Und einen Leitwolf, der mal wieder 90 Minuten lang auf der Bank sitzt.

Jürgen Schmieder

Mats Hummels schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Er hatte gerade einen schönen Kopfballtreffer erzielt und war gerade dabei, in die Arme seiner Kollegen zu laufen - da entdeckte er, dass Schiedsrichter Wolfgang Stark seine Aktion nicht gesehen hatte. Der war nämlich gerade damit beschäftigt, Dortmunds Assistenztrainer Zeljko Buvac auf die Tribüne zu beordern.

Feldverweis für Mario Götze: Wolfgang Stark zeigt Mario Götze die rote Karte. (Foto: REUTERS)

Hummels' Treffer war der einzige in der Partie zwischen Bayer Leverkusen und Borussia Dortmund - und weil dem die Anerkennung verweigert wurde, endete das spannende und hochklassige Spiel am Ende torlos. "Das Ergebnis geht schon in Ordnung", sagte sein Kollege Neven Subotic nach dem Spiel, "in der ersten Halbzeit muss es Leverkusen machen, in der zweiten wir."

Das Spiel der beiden Vereine am ersten Spieltag der vergangenen Rückrunde - Dortmund hatte es mit 3:1 gewonnen - war die prägende Partie für die Meistersaison der Borussia gewesen. "Wir haben da nicht die Sterne vom Himmel geholt", hatte Dortmunds Trainer Jürgen Klopp kürzlich gesagt, "aber wir haben die Sterne am Himmel verteidigt."

Nun galt diese Samstagabend-Partie am vierten Spieltag der aktuellen Saison als prägend für die Hinrunde beider Vereine, beide hatten zwei Mal gewonnen und sich jeweils einen Ausrutscher geleistet - Leverkusen beim 0:2 in Mainz, Dortmund beim 0:1 in Hoffenheim. "Es geht bei diesem Spiel nicht darum, wer die bessere Mannschaft ist", hatte Klopp vor dem Spiel gesagt, "es geht für uns darum, ein gutes Ergebnis zu erreichen."

Beide Mannschaften mussten also Sterne verteidigen und bestenfalls ein paar neue dazuholen, und beide konnten es mit fast kompletter Besatzung versuchen. Bei den Dortmundern hatte sich Mario Götze trotz Problemen an den Adduktoren kurz vor dem Anpfiff gesund gemeldet, weshalb Klopp nur den weiterhin verletzten Lucas Barrios ersetzen musste. Leverkusens Trainer Robin Dutt konnte seine beste Elf aufbieten - was nach Ansicht von Dutt bedeutete, dass Michael Ballack zunächst nur auf der Ersatzbank saß.

Es war eine muntere Partie auf spielerisch hohem Niveau in der ersten Halbzeit, wobei sich die Leverkusener munterer und auf spielerisch noch höherem Niveau präsentierten. Schnell, schnörkellos und mit wenigen Ballkontakten kombinierten sie sich durchs Mittelfeld und erspielten sich zahlreiche Gelegenheiten.

André Schürrle scheiterte nach gut getimten Zuspiel von Simon Rolfes freistehend an Roman Weidenfeller (5.), kurz darauf köpfte erneut Rolfes aus acht Metern am Tor vorbei (11.). Renato Augusto vergab nach feinem Rückpass von Schürrle aus 15 Metern (21.), einen Kopfball von Stefan Reinartz (24.) parierte Weidenfeller ebenso reaktionsschnell und artistisch wie einen Drehschuss von Stefan Kießling (40.).

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Die Dortmunder sahen den Angriffen der Leverkusener erst einmal verblüfft zu, als könnten sie es gar nicht fassen, dass es eine gegnerische Elf tatsächlich wagte, noch schneller und sicherer zu kombinieren als sie selbst. Sie bemühten sich zunächst einmal darum, in der Defensive ordentlich zu verschieben und die zahlreichen Angriffe abzuwehren - und wirkten dabei wie ein Raumschiff, dessen Triebwerke zwar gezündet sind, das jedoch von einer geheimnisvollen Kraft am Boden festgehalten wird.

90 Minuten lang auf der Bank: Michael Ballack. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Erst gegen Ende der ersten Halbzeit erinnerten sich die Dortmunder: Wir wollten doch, ach ja, Sterne vom Himmel holen und so. Sie vertrauten bei dieser Mission allerdings einer recht eindimensionalen Taktik: Sie gaben den Ball zu Götze und sahen ihm dann dabei zu, ob der denn etwas damit anfangen konnte. In Ermangelung beweglicher Mitspieler dribbelte Götze mutig gegen jeden, der sich ihm in den Weg stellte - und verlor das Spielgerät spätestens gegen den dritten Leverkusener.

Auch in der zweiten Halbzeit war Bayer zunächst beweglicher und ideenreicher. Schürrle drang in den Strafraum ein (47.), nachdem er drei Dortmunder nicht umspielt hatte, sondern einfach an ihnen vorbeigelaufen war - Hummels konnte sich gerade noch in den gefährlichen Querpass werfen. Wenig später umkurvte Augusto drei Gegner, wurde jedoch von Hummels rechtzeitig gefoult.

Dann erhielt die Partie innerhalb von 15 Minuten zwei Wendungen: In der 63. Spielminute holte ein Leverkusener die Dortmunder mit einer ungeschickten Aktion in dieses Spiel: Michal Kadlec grätschte Götze auf Höhe der Mittellinie derart brutal um, dass Schiedsrichter Wolfgang Stark mit Rot die höchstmögliche Form der Bestrafung für Kadlec wählen musste.

Plötzlich wurden die Dortmunder mutiger und kreativer, als würde das Raumschiff ohne bremsende Kraft nun abheben. Nur wenige Sekunden nach dem Feldverweis für Kadlec spielte Götze den Ball in den Strafraum, Ivan Perisic drosch ihn aus acht Metern aufs Tor - Leverkusens Torhüter Bernd Leno parierte jedoch mit einem unglaublichen Reflex. Kurz darauf scheiterte Shinji Kagawa aus sieben Metern, weil Leno erneut herausragend reagierte.

Dann folgte der zweite Wendepunkt der Partie: Götze trat nach einem Zweikampf mit Hanno Balitsch in die Richtung seines Gegenspielers, was Stark als Versuch einer Tätlichkeit wertete und wie schon zuvor höchstmöglich bestrafte. "Das sieht für Menschen, die Fußball gespielt haben, wie eine Tätlichkeit aus", sagte Klopp nach dem Spiel, "da habe ich schon weit schlimmere Dinge gesehen."

Nach den zwei Platzverweisen war jetzt mehr Platz auf dem Spielfeld, und die Frage lautete, welche Elf in den verbleibenden 15 Spielminuten besser damit umgehen konnte. Die Antwort: keine. Es blieb beim torlosen Unentschieden auf hohem Niveau. "Ich glaube, dass beide Mannschaften am Ende damit leben können", sagte Roman Weidenfeller nach der Partie, bei der Michael Ballack auch nach 90 Minuten noch auf der Ersatzbank saß.

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