Bayer gewinnt 2:1:Der Lauf triumphiert

Leverkusen sichert durch den siebten Sieg in Serie den dritten Platz. Hertha BSC dagegen, seit fünf Spielen sieglos, muss fürchten, die Champions League zu verpassen.

Von Milan Pavlovic, Leverkusen

Der Lauf ist ein seltsames Biest. Man weiß nicht, wann er vorbeikommt, wie lange er bleibt und ob er seine Laune behält. Aber manchmal sieht es so aus, als könne man sich gar nicht gegen ihn wehren. Wie es das Drehbuch so will, trafen in Leverkusen zwei Teams mit handfesten Serien aufeinander: Der Werksklub rückte zuletzt durch einen sagenhaften Positivlauf (sechs Siege in Serie) bis auf Platz drei vor; Hertha BSC hingegen hatte aus den vergangenen vier Spielen nur einen Punkt geholt (gegen Absteiger Hannover) und war von Platz drei auf fünf gepurzelt. Die Serien hielten, Leverkusen gewann 2:1 (2:1) und ist nun nicht mehr vom dritten Platz zu verdrängen. "Wir können stolz sein", sagte Bayer-Trainer Roger Schmidt.

Ehe man sich ernsthaft fragen konnte, ob die Wellenbewegungen anhalten würden, kam die erste Antwort. Leverkusens Julian Brandt fiel nach 75 Sekunden ein gelupfter Pass am Strafraum auf den Fuß, sein Gegenspieler Peter Pekarik stolperte, Brandt wuchtete den Ball überlegt mit links zum 1:0 ins entfernte Toreck. Damit war zugleich der nächste Lauf bestätigt: Der 19-Jährige Brandt, der nur schleppend in die Saison gefunden hatte, traf im sechsten Liga-Spiel in Serie. Wie es für die Läufe der beiden Klubs gehört, hätte der Treffer gar nicht zählen dürfen, denn Karim Bellarabi hatte vorher beim Einwurf mit einem Fuß klar im Feld gestanden.

Hertha wirkte angeschlagen und fahrig, so einen Negativlauf schüttelt man nicht einfach aus den Trikots. Als sollten Beispiele für Zusammenschnitte gesammelt werden, folgten: ein falscher Einwurf; mehrere versprungene Bälle an der Seitenlinie; und eine doppelte Stümperei, die in der 16. Minute zum 2:0 führte: Nach einem Freistoß von Calhanoglu bekamen die Berliner Langkamp und Lustenberger den Ball nicht aus der Gefahrenzone. Leverkusens Lars Bender spritzte dazwischen und mogelte den Ball aus kurzer Entfernung über die Torlinie. Der Bayer-Kapitän hatte zuletzt eher einen Lauf, was Verletzungen angeht, aber wenn's läuft... Es war sein erstes Saison-Tor.

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Furioses Spiel, furioser Jubel: Leverkusen feiert den Sieg und den Einzug in die Champions League.

(Foto: imago/mika)

Erst nach 15 Minuten beginnt die Hertha, Fußball zu spielen

Lauf oder nicht, die Berliner ließen sich immerhin nicht entmutigen. Schließlich waren sie mit einer offensiven Ausrichtung angetreten, als hätte Trainer Pal Dardai Leverkusener Schwächen in der Abwehr ausgemacht. Und in der Tat war die Werkself hinten notgedrungen mit einer komplett renovierten Viererkette aufgelaufen: Weil Wendell verletzt ist (Syndesmose-Riss), Tah wegen eines Magenvirus ins Spital musste, und sowohl Jedvaj als auch Toprak nur auf die Bank beordert wurden, setzte Trainer Roger Schmidt auf die unerprobte Vierercombo Bender (als Rechtsverteidiger), André Ramalho, Christoph Kramer, Benjamin Henrichs (nicht zu verwechseln mit dem großen einstigen "SZ"- und "Zeit"-Feuilletonisten).

Herthas Stürmer Vedad Ibisevic, der bis dahin eher durch kleine Rempler und verbale Scharmützel aufgefallen war, entschloss sich in der 21. Minute, diese Deckung zu prüfen. Er verteilte den Ball auf den Flügel, eilte dann in den Strafraum, wo er die scharfe Flanke von Pekarik mit dem Kopf verwertete, auch weil er höher sprang als Ramalho und Bender. Für Ibisevic war es bereits der siebte Treffer gegen Bayer in sechs Spielen - und trotzdem Teil eines bemerkenswerten Negativ-Laufs: Nicht eines dieser Partien konnte sein Team gewinnen.

Drei Torchancen, drei Treffer, es war lange ein Spiel der Hauptsätze. Erst in der 30. Minute war eine Gefahrensituation zu notieren, die NICHT zu einem Tor führte (Hertha-Keeper Jarstein drehte einen fulminanten Außenrist-Fernschuss von Aránguiz um den Pfosten). Die Hertha erinnerte nun immer mehr an jenes kompakte, kontrollierte Team, das in der Hinrunde 32 Punkte gesammelt hatte. "Nach dem 0:2 haben wir ein gutes Spiel gezeigt", sagte Pal Dardai mit verschmitztem Gesichtsausdruck, "aber insgesamt haben wir verdient verloren."

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Leno lässt Wechsel-Option verstreichen und bleibt bei Bayer

Während Leverkusen nun vor allem auf Konter über den pfeilschnellen Bellarabi setzte, konnte sich die Hertha hinten auf Keeper Jarstein verlassen, der zweimal brillant gegen den Stürmer parierte (52., 80.). Vorne glaubte Dardai, besser abschneiden zu können ohne den besten Torschützen des Vereins, Salomon Kalou, der bei seiner frühen Auswechslung (57.) vom Feld trottete, als hätte sein Team einen knappen Vorsprung über die Zeit zu retten. Dennoch kamen die Berliner zu zwei guten Ausgleichschancen, aber Stark schoss über das Tor (55.) und der eingewechselte Baumjohann daneben (87.).

Kurz danach erklang die Champions-League-Hymne, weil Bayer durch das 2:1 vorzeitig Platz drei gesichert hat - ein weiterer Tiefschlag für die Hertha, die angesichts ihres Negativ-Laufs zittern muss, ob sie diese Melodie in der kommenden Saison selbst im Stadion hören darf. Es wird die Berliner kaum trösten, dass sie viel Lob vom Gegner bekamen. "Am Ende mussten wir zittern", gab Bayer-Torwart Bernd Leno zu, der auch in der nächsten Saison für Leverkusen spielt, weil er die Wechsel-Option in seinem Vertrag verstreichen ließ; und Julian Brandt fand sogar: "Es hätte heute alles passieren können." Man sieht: Die beiden haben keine Ahnung von der Natur des Laufs.

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