DFB-Kapitän Bastian Schweinsteiger:Der Sheriff ist zurück

Georgia v Germany - EURO 2016 Qualifier

Erstmals seit Rio für die Nationalelf auf dem Platz: Bastian Schweinsteiger

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Gegen Georgien sortiert der neue DFB-Kapitän Bastian Schweinsteiger die Bälle mustergültig. Aber es ist kein Abend, um groß aufzufallen.
  • Es war seine erste Partie für die Nationalelf seit dem Finale in Rio.
  • Zu den Ergebnissen der WM-Qualifikation geht es hier.

Von Philipp Selldorf, Tiflis

Der Nationalspieler und WM-Ritter Bastian Schweinsteiger erfährt in Georgien besondere Verehrung. Unschuldige Kinder tragen Trikots mit seinem Namen, Jugendliche belagerten den Flughafen und das Teamhotel, um ein Autogramm des berühmten Bayern zu erlangen, und beim Abschlusstraining in der keineswegs malerischen Boris-Paichadse-Dinamo-Arena stürzte unbefugt ein Fan herbei, um den Kapitän der Nationalmannschaft herzlich zu umarmen. Aber als sich Schweinsteiger am Spielabend das erste Mal im Stadion blicken ließ, haben sie ihn trotzdem standesgemäß ausgepfiffen wie jeden anderen der deutschen Eindringlinge.

Für Schweinsteiger bedeutete der Gang auf den vorbildlich gepflegten Rasen in Tiflis die Rückkehr ins Leben als Nationalspieler. Seit er sich, aus 100 Wunden blutend, am Finalabend vom Spielfeld im Maracanã in Rio de Janeiro schleppte, hat er kein Länderspiel mehr bestritten. In Abwesenheit hatte ihn der Bundestrainer Joachim Löw zum Kapitän ernannt. Doch die Schleife haben an Schweinsteigers Stelle zunächst einmal Manuel Neuer, Sami Khedira, Mesut Özil und, für einen flüchtigen Moment, Benedikt Höwedes getragen. Am Mittwoch beim Test gegen Australien durfte Schweinsteiger pausieren, eine Art Chef- und Altersprivileg. Nun aber war seine Gegenwart eine Selbstverständlichkeit.

Schweinsteiger, 30, sollte nicht zuletzt dafür sorgen, den WM-Kater zu verscheuchen, der die Deutschen zuletzt geplagt und irritiert hatte. Er sollte mit seiner Autorität und Erfahrung die alte Ordnung wiederherstellen, und tatsächlich sah es in Tiflis sehr bald so aus, als ob der von einem langen Ritt heimgekehrte Sheriff seinen bewährten Wachtposten eingenommen und prompt für Ruhe in der Stadt gesorgt hätte.

Sein Einsatz in Georgien war der 109. für die Nationalelf, Schweinsteiger hat damit in der DFB-Statistik seinen früheren Lehrmeister Jürgen Klinsmann überholt, nur noch Matthäus (150), Klose (137), Podolski (123) und Lahm (113) liegen vor ihm. Aber es zeichnete sich auch zügig ab, dass dieser 109. Dienst am fußball-spielenden Vaterland nicht zu den besonders denkwürdigen gehören würde.

Was nicht an ihm, sondern am vorsätzlich defensiven Gegner lag. Schweinsteiger bewegte sich in gemessenem Tempo zwischen den Linien, er fungierte als ständige Anspielstelle, als Sortier- und Verteilerzentrum und führte dabei seine musterhafte Passtechnik vor, die Kindern in aller Welt als Lehrbeispiel dienen kann.

Aber es waren keine Steilpässe dabei, die auf magische Weise die Räume öffneten, denn solche Räume waren im dichten Gestrüpp der georgischen Verteidigung nicht vorhanden. Und für seriöse Heldentaten im Kampf ums Mittelfeld fand sich ebenfalls keine Gelegenheit, denn weder fand ein Kampf ums Mittelfeld statt, noch gab es georgische Angriffswellen, denen er sich hätte entgegenwerfen müssen. Wenn der Gegner mit vereinzelten Vorstößen Schweinsteigers bevorzugten Standort am Mittelkreis passierte, dann trat der Schwerarbeiter Jerome Boateng in Aktion, der zwischenzeitlich als Ein-Mann-Abwehr zu firmieren schien.

Schweinsteigers Unauffälligkeit war jedoch kein Makel, eher ein Gütezeichen. Er stabilisierte das System aus der Mitte des Spiels und erfüllte somit seine Rolle, die diesmal eine gehobene Verwaltungsposition war. Und bei seinem einzigen Torschuss ließ er dann auch die ihm so zugetanen Georgier jubeln. Sie hatten gedacht, er hätte ein Eigentor geschossen. Aber der alte Meister hatte bloß eine optische Täuschung inszeniert.

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