Basketball:Unterm Regenschirm

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"Es warten noch so viele große Vereine, aber wir haben einen weiteren Schritt in unserer Entwicklung gemacht": Sprechen die Bamberger über ihre Ziele, klingen sie so bescheiden wie Darius Miller (rechts). (Foto: imago)

Der Euroleague-Sieg in Piräus bestärkt die Bamberger in ihrer Annahme, dass sie den Abstand zur europäischen Spitze endlich spürbar verringert haben.

Von Matthias Schmid

Eine edle Flasche Wein oder Champagner stand nicht auf dem Tisch, als die Bamberger Basketballer am Samstagmittag gemeinsam speisten. Nur Wasserflaschen. Es herrschte ohnehin eher eine nüchterne Atmosphäre auf dem Athener Flughafen, als die Mannschaft vor dem Abflug zusammenfand, um ihre leeren Kohlenhydratspeicher wieder aufzufüllen. Den einzige Genuss, den sie sich nach dem Auswärtssieg am Freitagabend in der Euroleague beim dreimaligen Champion Olympiakos Piräus gönnten, war ein deftiges Essen: Pommes mit Gyros tischten die Betreuer auf. Bei der Hatz im Profibasketball bleibt keine Zeit, um bedeutende Erfolge angemessen und mit der nötigen Ruhe feiern zu können. Schon am Sonntagabend fand in der Bundesliga (BBL) das nächste Heimspiel gegen Göttingen statt, das der deutsche Meister Brose Baskets ebenfalls siegreich beendete - mit 113:92 (66:37).

Der 77:72-Erfolg in Piräus war aber keinesfalls so erwartbar gewesen wie der gegen den Tabellenvorletzten der BBL. "Für uns ist das ein großer Sieg", sagt Bambergs Cheftrainer Andrea Trinchieri. Fast historisch. Und das ist nicht einmal übertrieben. Um das besser einordnen zu können, muss man wissen, dass die Bamberger bis zu ihrem Sieg im Heimspiel gegen Zalgiris Kaunas vor eineinhalb Wochen nie ein Spiel in der Zwischenrunde der besten 16 in Europa gewinnen konnten. 21 Spiele hatten sie verloren, ehe sie nun sogar zwei nacheinander für sich entschieden haben. "Wir haben den Abstand zu den besten Teams in der Euroleague verringern können", sagt Baskets-Geschäftsführer Rolf Beyer. In der Tat wäre es vor ein paar Jahren noch so ungewöhnlich wie Schneefall in der Sahara gewesen, dass eine deutsche Mannschaft die Tabelle nach drei Spieltagen in den Top16 anführt. Doch genau das tut Bamberg im Moment. Vor europäischen Größen wie ZSKA Moskau oder Real Madrid. Der vierte Rang würde am Ende zum Aufstieg in die K.o.-Runde berechtigen. "Doch davon, dass wir nun das Viertelfinale erreichen, will ich nichts hören", sagt Beyer. Auch der NBA-erprobte Darius Miller, der mit 23 Punkten bester Werfer war, findet es noch viel früh, um darüber zu spekulieren, ob die Bamberger die erste deutsche Mannschaft im Viertelfinale des wichtigsten europäischen Klubwettbewerbs werden. "Es warten noch so viele große Vereine, aber wir haben einen weiteren Schritt in unserer Entwicklung gemacht."

Als der Favorit Punkt für Punkt aufholte, blieb Bamberg ruhig und abgeklärt

Das sieht auch Trainer Trinchieri so. "Wir haben aus unseren Fehlern gelernt", sagt der Italiener. Vor allem in der Phase, als Piräus Punkt für Punkt aufholte, blieben seine Spieler anders als noch in Madrid ruhig und abgeklärt. "Wir haben weiter hart verteidigt und es geschafft, das Comeback von Olympiakos zu unterdrücken", sagt Trinchieri. Athens Spielmacher Vassilis Spanoulis hatte 11,5 Sekunden vor dem Ende mit einem Korbleger und einem Dreipunktwurf seine Mannschaft auf zwei Punkte herangebracht (72:74). Das Spiel war wieder völlig offen, nachdem Bamberg mit 24 Zählern geführt hatte (55:31). Jeder erwartete nun, dass Piräus sich würde durchsetzen können, wie es schon zuvor Madrid getan hat.

Auch Trinchieri rechnete in der zweiten Hälfte mit einem heftigen Gewitter und fragte sich, "ob wir die richtigen Regenschirme mitgenommen haben". Denn im Vergleich zu Madrid und Piräus sind die Bamberger so erfahren wie eine Schülermannschaft. "Die meisten meiner Teamkollegen haben solche Situationen nie zuvor erlebt", sagt Nikos Zisis. Der 32-Jährige ist der einzige im Kader, der die Euroleague schon mal gewinnen konnte. Er stellte nach dem glücklichen Ausgang deshalb erstaunt fest, "dass wir in den kritischen Phase smarte Dinge gemacht haben." Wie zum Beispiel Brad Wanamaker, der mit zwei verwandelten Freiwürfe den Sieg schließlich sichern konnte.

Zeit, sich darüber zu freuen, bleibt trotzdem nicht. Höchstens mit einem Glas Wasser. Am Freitag muss Bamberg bei BK Chimki Moskau antreten, am Donnerstag darauf dann beim Titelfavoriten ZSKA Moskau. Aber sie wissen nun, dass sie die richtigen Regenschirme im Gepäck haben.

© SZ vom 18.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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