Basketball:59 Sekunden lang unerschrocken gespielt

FC Bayern München - ratiopharm Ulm

John Bryant (re.) von München und Daniel Theis von Ulm kämpfen um den Ball.

(Foto: dpa)

Sogar das Maskottchen trifft: Beim ungefährdeten 87:70-Sieg des FC Bayern gegen Ulm nimmt die Partie einen eindeutigen Verlauf, weil die Gastgeber nach Belieben punkten - egal ob aus der Distanz oder unter dem Korb.

Aus der Halle von Matthias Schmid

Berni tanzt, Berni fährt Skateboard, und Berni wirft auf den Korb - besonders gerne von der 6,75 Meter entfernten Dreipunktelinie. Was das Maskottchen der Basketballer des FC Bayern nun am besten beherrscht, vermag der Bär selbst nicht zu sagen. Es mache ihm Spaß, die Leute zu unterhalten, antwortet er lapidar. Hätte der Pausenfüller mit der Rückennummer 99 und in dem XXXXXL-Trikot gegen gegen Ulm am zweiten Weihnachtstag mitgespielt, es hätte keinen Unterschied gemacht.

Die Mannschaft von Svetislav Pesic war im letzten Spiel des Jahres so gut drauf, dass auch basketballferne Besucher mit größter Wahrscheinlichkeit gepunktet hätten. Am Ende gewannen die Münchner 87:70 (46:32) und beenden das Jahr mit 14:1-Siegen auf dem ersten Platz. "Die erste Halbzeit war perfekt", sagte Pesic hinterher. Es hatte fast den Eindruck, als ob seine Spieler all das fettige Weihnachtsessen gegen den Tabellensechsten herausschwitzen wollten. Dabei hatte - so versichern alle Bayern-Verantwortlichen - keiner der Spieler eine Gans auch nur aus der Nähe gesehen.

Flügelspieler hinter der Bank

Nihad Djedovic war bei dem Basketballfest noch der traurigste Bayern-Spieler. Er saß in Jeans und weißem Polohemd mit Klubemblem nur hinter der Spielerbank - der Flügelspieler war am rechten Sprunggelenk verletzt. Er hätte so gerne im dritten Spiel binnen sechs Tagen mitgewirkt. Draußen zuzuschauen ist so etwas wie die Höchststrafe, wenn man tatenlos mitansehen muss, wie die Mitspieler die 6700 Zuschauer in der Arena bestens und vor allem spektakulär unterhalten.

Dabei war die Überlegenheit in den Anfangsminuten noch gar nicht abzusehen. Philipp Schwethelm, der einst selbst das Bayern-Trikot überstreifte, eröffnete die Partie mit einem erfolgreichen Dreier. Die Ulmer spielten unerschrocken allerdings exakt 59 Sekunden lang. 5:3 für die Gäste blinkte der Spielstand da weiß auf schwarz von der Anzeigetafel herab. Danach wollten die Bälle nicht mehr durch das Netz rauschen. Sie fielen nur noch auf Seiten der Münchner. Mit einer Kombination aus Zone und Mann-Mann-Verteidigung brachten sie die Ulmer schier zu Verzweiflung. Egal ob aus der Distanz oder unter dem Korb - das Heimteam punktete nach Belieben. Die Trefferquote im ersten Viertel war ziemlich beeindruckend. Mehr als 60 Prozent ihre Würfe waren erfolgreich. Gäste-Trainer Thorsten Leibenath hatte nach 0:14 Punkten genug gesehen. Er versuchte mit einer Auszeit, die Bayern aus dem Rhythmus zu bringen. Erfolglos.

Sie machten einfach weiter. Pesic konnte sich sogar erlauben, vier Spieler auf einmal auszuwechseln. Die Überlegenheit blieb bestehen, Ulm war nicht mehr als ein Spielball, zumal auch ihr ansonsten bester Punktesammler, Cameron Long, in dieser Phase alles traf - nur nicht den Korb.

Nicht richtig mitmachen an der Demütigung wollte zunächst John Bryant. Der Centerspieler war zu Beginn der Saison aus Ulm nach München gewechselt und wollte den guten Eindruck, den die Fans von ihm mit zwei Auszeichnungen zum wertvollsten Spieler gewonnen hatten, nicht mit übertriebenem Eifer aufs Spiel setzen. (Er war mit viel Beifall vom Ulmer Publikum begrüßt worden.) Erst in der achten Minute machte er seine ersten von am Ende 13 Zähler. 52:35 führte München zur Pause, in der Berni sogar fahrend vom Skateboard traf.

Nächste Station: Kaunas

Vielleicht hätten die Bayern-Spieler es ihm gleichtun sollen, um Chancengleichheit zu erreichen. Auch wenn den Ulmern jetzt mehr Punkte gelangen, die Bayern spielten mit einer Intensität, mit einem Willen und einer Einsatzfreude weiter, als ginge es um die Einzug ins Viertelfinale der Euroleague. Dabei steht das erste Spiel der Top 16 erst im neuen Jahr an. Am 3. Januar muss der FC Bayern zunächst nach Kaunas reisen, ehe er sechs Tage später zu Hause Partizan Belgrad empfängt.

Vielleicht dachten die Spieler schon an die Aufeinandertreffen gegen namhafte Gegner wie Real Madrid und ZSKA Moskau, als der 18-Punkte-Vorsprung (57:39) nach dem Seitenwechsel auf zwölf Punkte schmolz. Doch als die Münchner wieder bissiger verteidigten, führten sie schnell mit 69:47 (28.), auch weil jetzt noch Luca Staiger begann, von jenseits der Dreipunktelinie zu treffen und Steffen Hamann Schnellangriffe per Dunk abschloss. Das Spiel war zu diesem Zeitpunkt schon lange entschieden, die mehr als 600 lautstarken Ulmer Fans verstummt. Am Ende blieb nur noch die Frage, ob das berauschte Münchner Publikum mehr als 100 Punkte sehen sollte, als es beim Spielstand von 75:53 in Schlussviertel ging. Doch das misslang, weil zunächst nur die Ulmer trafen. Es dauerte fast viereinhalb Minuten, ehe Bryant die ersten Bayern-Punkte gelangen. Am Ende siegte München 87:70. "Das war ein schöner Jahresabschluss, und wenn wir so weiterarbeiten, dann haben wir im Juni auch noch etwas zu feiern", sagte Kapitän Hamann. Berni durfte nicht mehr spielen.

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