Basketball:Und noch ein Extrapass

Brad WANAMAKER USA 11 Brose Baskets Bamberg mit taktischen Handzeichen Aktion Spielszene

Den Ball im Griff, das Geschehen im Blick: Brad Wanamaker (re.) gestaltet das Spiel der Bamberger Basketballer derzeit auf überragende Weise.

(Foto: Mario Stiehl/imago)

Angeführt vom überragenden Brad Wanamaker flößen Bambergs Basketballer der Liga-Konkurrenz Furcht ein.

Von Joachim Mölter

Die Basketball-Anhänger aus Berlin und Bamberg pflegen sein langem eine innige Rivalität mit allerlei Sticheleien, das war vor dem 81. Bundesliga-Duell ihrer Klubs am Sonntagabend nicht anders. Vor dem Spitzenspiel des Tabellenzweiten Alba Berlin gegen den Tabellen- ersten Brose Baskets Bamberg wedelten Alba-Fans unter den 11 115 Zuschauern in der Arena am Berliner Ostbahnhof mit übergroßen Dollar-Scheinen in Richtung der Gäste, eine Anspielung auf die schier unbegrenzten Mittel, die Bambergs Hauptsponsor Michael Stoschek, der Chef des Autozulieferers Brose, in den Klub steckt. Nachher mussten aber selbst treue Alba-Fans einräumen, dass sie in Bamberg das viele Geld auch sehr sinnvoll einsetzen.

Die Brose Baskets entschieden das Gipfeltreffen nämlich dank einer souveränen Mannschaftsleistung mit 87:74 (51:34) Punkten für sich; dabei ließen sie ihren Gastgebern keine Chance - die lagen zwischenzeitlich sogar mit 18 Zählern zurück (30:48/19. Minute). "Es war eine unglaubliche erste Halbzeit", schwärmte Bambergs Trainer Andrea Trinchieri, "in der zweiten haben wir das Spiel dann gut kontrolliert." Sein Berliner Kollege Sasa Obradovic erkannte die Überlegenheit der Gäste uneingeschränkt an: "Wir sollten nicht zu niedergeschlagen sein, auch wenn das eine Lehrstunde in Teambasketball war", sagte der Serbe: "Bamberg ist ohne Frage der schwerste Gegner, mit Qualität auf allen Positionen. Wir müssen sehen, dass wir gegen andere Mannschaften gewinnen." Der einst selbst als Profi in der Bundesliga tätige Obradovic hob noch einen Bamberger hervor, nämlich deren Regisseur Brad Wanamaker: "Das ist einer der besten Spieler, die je in dieser Liga gespielt haben!"

Der 26 Jahre alte Amerikaner war nicht nur an diesem Sonntag Topscorer seines Teams mit 18 Punkten und bester Vorlagengeber mit fünf Assists - er ist statistisch belegt der effektivste Akteur der gesamten Basketball-Bundesliga (BBL) und gefühlt einer, der ein Spiel im Griff hat wie sonst keiner. "So ein Lob bedeutet mir sehr viel", entgegnete Wanamaker dem Berliner Coach: "Es motiviert mich, weiter hart zu arbeiten und besser zu werden."

Für die Liga-Konkurrenz muss das furchteinflößend klingen, denn schon jetzt, nach nicht einmal einem Drittel der Saison, scheint kein Team mehr in der Lage zu sein, den Meistern aus Bamberg Paroli zu bieten. Nach zwei knappen Auswärtsniederlagen zu Saisonbeginn (80:81 in Gießen und 86:88 in Frankfurt) sind die Bamberger jedenfalls mächtig in Schwung gekommen. Binnen einer Woche haben sie die zwei vermeintlich ärgsten Rivalen besiegt, erst zu Hause den FC Bayern München (100:87), nun Alba Berlin in dessen Halle 87:74. Es waren zwei beeindruckende Machtdemonstrationen. Zeit zum Entspannen hat der Tabellenführer (20:4 Punkte) nun aber nicht: Noch vor Weihnachten trifft er in der Bundesliga auf seine neuen Verfolger, auf Würzburg (am kommenden Sonntag) und Ludwigsburg (am darauffolgenden Mittwoch/beide 18:4). "Wir sind auch für diese Herausforderungen bereit", versichert Wanamaker.

"Es ist nie zu früh, um in guter Verfassung zu sein, weil es immer noch Raum für Verbesserungen gibt", sagt Trainer Trinchieri; gleichzeitig warnt er: "Es ist noch zu früh, um zu viele Rückschlüsse für den Rest der Saison zu ziehen." Die ist ja noch lang, die Playoffs um die Meisterschaft beginnen erst im Mai, und dazwischen liegen auch noch 14 kräftezehrende Partien in der Euroleague-Zwischenrunde, für die sich die Bamberger so früh wie noch nie ein deutscher Klub qualifiziert haben. "Aber bis jetzt haben wir die Belastung gut gemanagt", findet der deutsche National- spieler Daniel Theis: "Das ist der Vorteil unseres tiefen Kaders, dass wir die Minuten gut dosieren können."

Trainer Trinchieri hat bislang generell eine gute Balance gefunden. "Er weiß, wann er uns antreiben, wann er strenger mit uns sein muss", sagt Wanamaker. Der Italiener scheint dabei auch bei Kritik immer die richtigen Worte und den richtigen Tonfall zu finden. "Er haut einem nicht mit dem Hammer auf den Kopf und drückt einen dadurch runter", sagt Theis. "Andrea ist ein Player's Coach", ergänzt Wanamaker, "einer, für den man gerne spielt."

Auch Trinchieris bevorzugte Spielweise kommt gut an bei den Profis: mit vielen kleinen, aber flinken Spielern, schneller Ballbewegung, immer noch einem Extrapass auf einen freien Mitspieler. "Wir haben keine Egozocker im Team", sagt Theis, "wir sind wie eine kleine Familie." Auch Wanamaker bestätigt, in "eine großartige Gruppe" geraten zu sein, als er vor anderthalb Jahren in Bamberg anheuerte. Dass der Kern der letztjährigen Meistermannschaft zusammenblieb, zahlt sich nun aus: Das Spielverständnis ist enorm, der Ball läuft rund, kaum ein Gegner hält mit dem hohen Tempo mit. "Es macht Spaß zu spielen, und es macht auch Spaß zuzuschauen, wenn man auf der Bank sitzt", sagt Wanamaker: "Da wird man manchmal selbst zum Fan." Selbst treue Alba-Fans gaben am Sonntag zu, dass das Spiel der Bamberger mitunter eine wahre Augenweide ist.

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