Basketball:Neun Punkte Vorsprung verspielt

65:67 nach 34:25 zur Halbzeit: Der FC Bayern vergibt ausgerechnet in der eigenen Halle gegen Alba Berlin die große Chance, den Klub zum ersten Mal seit 1968 wieder zum Pokalsieger zu krönen.

Von Joachim Mölter

In jeder Spielunterbrechung während des Finales um den deutschen Basketball-Pokal am Sonntagnachmittag wischte ein fleißiger Helfer vorsichtshalber noch mal mit einem Handtuch über das Parkett im Audi Dome, der früheren Rudi-Sedlmayer-Halle, damit es auch ja schön trocken blieb und keiner ausrutschte. Weil in der Nacht zum Sonntag eine Pumpe im Heizungssystem kaputtgegangen und deshalb Wasser aus den unter der Hallendecke angebrachten Lüftungsschächten aufs Spielfeld getropft war, war sogar die Partie um Platz drei zwischen Bamberg und Frankfurt abgesagt worden, erstmals in der Geschichte der Pokal-Endrunde. Rechtzeitig vor dem Finale war das Malheur zwar behoben, aber zum Wasser- hatte sich da bereits ein Imageschaden für den ausrichtenden FC Bayern gesellt.

Zwar nahm Dirk Kaiser, der Sprecher der veranstaltenden Basketball-Bundes- liga (BBL), die Ausrichter in Schutz: "Das ist eine Sache, auf die niemand Einfluss hat." Aber die Fans von Alba Berlin, dem Finalgegner des FC Bayern, erinnerten bei dieser Gelegenheit genüsslich an die Worte des damaligen FC-Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß, der 2013 über die Berliner Arena gelästert hatte: "Also, wenn wir mal eine Halle in München bauen, dann bauen wir eine schönere. Wie immer, wenn wir etwas beim FC Bayern machen." Nun tragen die Münchner Basketballer ihre Heimspiele aber immer noch in der Halle aus, in der schon bei Olympia 1972 gespielt wurde. Und ein Neubau ist nicht in Sicht.

Immer wieder Alba

Pokalsieger im Basketball seit 2006

2006 Alba Berlin

2007 RheinEnergie Köln

2008 Artland Dragons

2009 Alba Berlin

2010 Brose Baskets (Beko BBL-Pokal)

BBC Bayreuth (DBB-Pokal)

2011 Brose Baskets

2012 Brose Baskets

2013 Alba Berlin

2014 Alba Berlin

2015 EWE Baskets Oldenburg

2016 Alba Berlin

Bei den FC-Bayern-Basketballern hätten sie diese Häme verschmerzen können, aber zu der kommt ja nun auch noch die für das verlorene Pokalfinale hinzu. Denn dort wurden sie auch noch von Alba Berlin bezwungen, 67:65 (25:34). Mit dem Erz- rivalen liefern sich die Münchner nicht erst seit dem Playoff-Halbfinale der vergangenen Saison (3:2 für den FC Bayern) denkwürdige Duelle. Nun mussten sie mitansehen, wie die Berliner in ihrer Halle ihren insgesamt neunten Pokalgewinn feierten. Die FC-Bayern-Basketballer hingegen müssen weiter auf den zweiten Cup-Erfolg ihrer Historie nach 1968 warten. Dabei hatten sie die Pokal-Endrunde ja extra ausgerichtet, um dank des Heimvorteils ihren Trophäenschrank aufzufüllen.

"Beide Mannschaften haben gekämpft bis zum Umfallen, haben das Maximum gegeben", fand FC-Bayern-Trainer Svetislav Pesic; sein Alba-Kollege Sasa Obradovic stimmte zu, dass die Zuschauer "großartigen Basketball" gesehen hätten. Er lobte seine vor der Saison neu zusammengestellte Mannschaft: "In den schwierigen Phasen haben wir uns als Einheit präsentiert." Zwar war Eldemir Kikanovic mit 19 Punkten im Finale der beste Werfer seines Teams, Matchwinner war aber Dragan Milosavljevic, der mit den letzten seiner insgesamt elf Punkte den Endstand herstellte, 5,6 Sekunden vor der Schlusssirene. Spielmacher Jordan Taylor, der tags zuvor das Halbfinale gegen Frankfurt (79:76) in letzter Sekunde entschieden hatte, gehörte mit 18 Punkten ebenfalls zu den auffälligsten Akteuren des Finales. "Aber im Grunde hat jeder etwas beigetragen", fand Obradovic, der noch einmal hervob: "Wir sind nur als Außenseiter hergekommen."

Bayern München - Alba Berlin

Enges Finale: Anton Gavel (re.) und Dusko Savanovic (il.) vom FC Bayern und Berlins Jordan Taylor.

(Foto: Andreas Gebert/dpa)

Favoriten waren jedenfalls die Münchner, denn sie hatten sich im Halbfinale am Samstag gegen den deutschen Meister Bamberg durchgesetzt, 86:79, in einem Duell, das Bayern-Trainer Pesic mit Recht auf "hohem europäischen Niveau" einordnete. Am Sonntag räumte er ein, dass dieser Sieg "nicht nur physisch viel Kraft gekostet hat, sondern auch mental". Der Erfolg über den Meister und aktuellen Tabellenführer Bamberg war ein emotionales Hoch gewesen, aber er hatte sichtlich gezehrt, auch wenn sich vor allem Kapitän Bryce Taylor (14 Punkte) und die Routiniers Dusko Savanovic (13 Punkte) und Anton Gavel (elf Punkte) zu einer weiteren Energieleistung aufrafften.

Doch im Endspiel leisteten die Berliner heftigeren Widerstand als von den Münchnern vielleicht erwartet. Die kamen erst im zweiten Viertel besser zum Zug und zu einer scheinbar komfortablen Führung (34:25). Doch nach dem Seitenwechsel machten sich die Halbfinal-Strapazen bemerkbar. Die Berliner kamen schnell wieder heran und noch vor Ende des dritten Abschnitts die Führung (41:38/ 28. Spielminute). Im vierten Viertel war es dann ein einziges Hin und Her bis zum Ende.

Hin und her geht nun auch in anderer Hinsicht zwischen den beiden Klubs. Das Pokalfinale war ja nur die erste von vier Begegnungen innerhalb von zehn Tagen. Am Mittwoch folgt in Berlin das Hinspiel im Eurocup-Achtelfinale, am Sonntag die Bundesliga-Partie in München, am Dienstag darauf das Eurocup-Rückspiel. Für diese Serie bedeute der Sieg vom Sonntag gar nichts, meinte Alba-Manager Marco Baldi. "Heute war das wichtigste Spiel", sagte er, "heute ging's um einen Titel." Und den können ihnen die Münchner nicht mehr nehmen.

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