Basketball:Mit starkem Ellbogen

Vladimir Lucic mit Ball FC Bayern gegen Trent Lockett Unics Kazan Basketball EuroCup FC B

Ging auch dahin, wo es weh tat: Vladimir Lucic (links neben Trent Lockett) steuerte im entscheidenden Spiel gegen Unics Kasan zwölf Punkte für den FC Bayern München bei.

(Foto: Lackovic/imago)

Die Münchner Basketballer besiegen Unics Kasan und erreichen erstmals in der Vereinshistorie das Halbfinale eines europäischen Klubwettbewerbs - weil sie in den kritischen Phasen die Ruhe bewahren.

Von Matthias Schmid

Die Zuschauer auf der Tribüne hatten sich in den letzten drei Minuten längst euphorisiert von ihren Sitzen erhoben und im Stehen den Spielern unten auf dem Parkett gehuldigt. Es gefiel ihnen, was sie von ihren Lieblingen des FC Bayern zu sehen bekamen. Das Spiel gegen Unics Kasan wird sogar in die Annalen der Basketball-Abteilung eingehen, weil die Mannschaft von Trainer Aleksandar Djordjevic das erste Mal in der Vereinshistorie im Halbfinale eines europäischen Klubwettbewerbs steht. Im Eurocup, dem zweithöchsten auf Vereinsebene, siegten die Münchner am Mittwochabend vor 5845 Zuschauern gegen den Tabellenführer der osteuropäischen VTB-League mit 91:81 (46:42) und setzten sich im dritten und entscheidenden Spiel der Best-of-three-Serie mit 2:1-Siegen durch. Als bester Werfer sammelte Reggie Redding 23 Punkte.

Um die historische Dimension besser verstehen zu können, muss man wissen, dass es bisher erst einer deutschen Mannschaft gelungen war, in dem seit 16 Jahren bestehenden Eurocup ins Halbfinale vorzurücken, Alba Berlin erreichte 2010 sogar das Finale und unterlag dort Valencia. Gegner in der Runde der letzten Vier ist nun Darüssafaka Istanbul, das erste Spiel findet bereits am Dienstag in der Türkei statt.

Uli Hoeneß verfolgte die Partie im fernen Istanbul an einem internetfähigen Endgerät

Im fernen Istanbul hatte Uli Hoeneß die Partie online an einem internetfähigen Endgerät verfolgt, wie er vor dem Abflug zum Champions-League-Spiel der Fußballer verriet. "Nervös" sei er, hatte der Präsident zugegeben, die Basketball-Abteilung liegt ihm besonders am Herzen, er dürfte nun einen entspannten Rückflug erleben, nachdem die Basketballer den Fußballern sogar schon einen Schritt voraus sind.

Cheftrainer Djordjevic schickte zunächst in Stefan Jovic, Jared Cunningham, Reggie Redding, Danilo Barthel und Devin Booker seine beste Fünf aufs Parkett, aber was heißt schon beste Fünf beim FC Bayern, in dessen Kader zwölf fast gleichwertige Spieler gelistet sind. Schon von Anfang an war zu erkennen, dass die Münchner besser aus der Distanz trafen. Viel schlechter konnte es nach der Niederlage zuletzt in Kasan ja auch nicht werden, wo sie im ganzen Spiel nur zwei von 18 Versuchen verwandelten. Kapitän Gavel jedenfalls sollte Recht behalten mit seiner Ankündigung, dass die missratene Dreierquote "uns nicht ein drittes Mal passiert und unsere Würfe fallen werden". Sogar ziemlich gut fielen sie, im ersten Viertel trafen Cunningham und Redding je dreimal aus der Distanz. Da aber auch die russischen Gäste aus der halbautonomen Republik Tatarstan oft unbedrängt werfen konnten, entwickelt sich ein launiges Basketballspiel - was die Zuschauer begeisterte, aber Trainer Djordjevic ärgerte, weil seine Spieler die Defensive nicht allzu ernst nahmen. 27:27 stand es nach dem ersten Viertel.

Im zweiten Spielabschnitt wuchsen seine Sorgenfalten auf der Stirn noch einmal an, weil seine Spieler plötzlich den Gästen die Bälle mit der Noblesse eines Oberkellners im Grand-Hotel überreichten. Die grotesken Ballverluste führten dazu, dass Kasan mithalten konnte und sogar knapp vorne lag. Aber wenn beim FC Bayern nichts mehr geht, dann kommt von irgendwo ein Dreier von Hobbs her.

Die Bayern zeigten dann jene Sportler-Arroganz, die sich ihr Trainer von ihnen wünscht

Der lässige Spielmacher traf zum 41:40, und da auch Barthel sich unterm Korb energischer durchsetzen konnte, führten die Münchner zur Pause mit 46:42.

Es gehört zu den Stärken des FC Bayern in dieser Spielzeit, dass sie auch in stressigen Phasen die innere Ruhe bewahren. Im dritten Viertel wurde das Spiel hitziger, die Ellbogen, die Körperlichkeit wichtiger als die ästhetischen Ballstafetten. Erst recht, als für Center Booker bereits in der 24. Minute die Partie wegen seines fünften persönlichen Vergehens vorzeitig beendet war, auch Kasans Trent Lockett kassierte wie Booker ein technisches Foul. Es ist nie ein gutes Zeichen, wenn die Schiedsrichter das Spiel mit fragwürdigen Pfiffen bestimmen und nicht mehr die Spieler. Aber die Bayern-Profis ließen sich davon nicht sonderlich irritieren, im Gegenteil. Sie zeigten jene Sportler-Arroganz , die sich Djordjevic von ihnen wünscht: "Eine Gelassenheit bei gleichzeitiger Selbstsicherheit", wie es der Serbe vor Kurzem formulierte.

Kurz vor Ende des dritten Viertels erspielte sich die Münchner einen kleinen Vorsprung, mit 68:63 begannen sie das Schlussviertel. Sie warfen sich nun nach jedem Ball, sie kämpften, holten alles aus sich heraus, jeder wollte mithelfen, damit der Klub erstmals ins Halbfinale eines europäischen Wettbewerbs gelangt. Als Danilo Barthel den Ball zum 84:75 per Dunk in den Korb stopften, glaubten alle daran.

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