Basketball:Lehrstunde für die Unfertigen

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War es mal nötig, war Braydon Hobbs mit einem Dreier zur Stelle. Freilich nur zur Beruhigung, denn eng war es nie für die Bayern.

(Foto: Frank Hörmann/imago)

Die Basketballer des FC Bayern gewinnen 86:69 in Istanbul. Auch wenn die Türken einen Umbruch bewältigen, ist der Sieg eine Demonstration der Münchner Stärke.

Von Ralf Tögel

Scotty Hopson versenkte seine zwei Freiwürfe ganz sicher, dann lief er kopfschüttelnd in Richtung eigener Korb. Etwas mehr als drei Minuten waren noch zu spielen im Sinan Erdem Dome zu Istanbul, im Basketball ist das die Zeit, in der sich Spiele langsam einer Entscheidung nähern, man nennt das Crunch-Time. Vorausgesetzt, es stehen zwei gleichwertige Konkurrenten auf dem Feld, aber das war nicht der Fall. Denn der FC Bayern war zu Gast bei Galatasaray Istanbul, und die Münchner fügten den Türken eine zumindest in dieser Eindeutigkeit nicht zu erwartende Niederlage zu. Galatasaray, das als ernst zu nehmender Titelanwärter im Eurocup gilt, wurde beim 86:69-Sieg der Bayern über weite Strecken vorgeführt.

Wer hat die besseren Spieler? Müßig zu spekulieren, die Bayern haben das bessere Team

Dabei bewegten sich die Gäste längst nicht am oberen Level ihrer Möglichkeiten. Was freilich in höherem Maße für die Türken gilt, Galatasaray muss im Gegensatz zum FC Bayern einen nahezu vollständigen Umbruch verkraften. Es ist müßig darüber zu philosophieren, welcher Klub mehr Talent, sprich individuelle Klasse, im Team hat - nicht zu übersehen war, dass die Münchner auf hohem Level sehr tief besetzt sind. Denn spätestens als beide Trainer in die Rotation gingen, also zu wechseln begannen, wurden Istanbul Grenzen aufgezeigt. Es verbietet sich an dieser Stelle, von einem zweiten Anzug der Bayern zu sprechen, denn ein Bruch war nie zu erkennen. Oft war das Gegenteil der Fall, diese Mannschaft hat eine Vielzahl an Optionen und war dem Gegner vor allem im Teamplay um Längen voraus.

Dabei wurde sofort deutlich, dass die Münchner an diesem Abend einem Kontrahenten gegenübersehen, der mehr Qualität hat als die bisherigen Gegner in der Bundesliga. Galatasaray ging die Aufgabe mit enormer Energie an, hatte vor allem im Rebound in den ersten Minuten Vorteile. Einschüchtern ließen sich die Bayern aber so gar nicht, zumal gerade 3704 Zuschauer in der 16 000 Zuschauer fassenden EM-Arena reichlich verloren wirkten. Eine Handvoll türkischer Fans reichte aber aus, um richtig Betrieb zu machen. Was sie im übrigen zu keiner Zeit einstellten, auch wenn die Ihren noch so aussichtslos hinten lagen.

Und das war recht bald der Fall.

Wie ein Rennen Hase gegen Igel: Die Türken sind phasenweise orientierungslos

Nur in den ersten Minuten war es ein offener Schlagabtausch, Münchens Trainer Aleksandar Djordjevic vertraute den erprobten Kräfte, von den neuen Akteuren war nur Milan Macvan in der Starformation. Anton Gavel, Reggie Redding, Vladimir Lucic und Devin Booker hielten sofort dagegen und übernahmen Mitte des ersten Abschnitts das Regiment. Lucic' Dreier, der mit 16 Punkten bester Münchner war, bedeutete die 17:14-Führung. Fortan mussten die Türken hinterherrennen, das wirkte phasenweise wie ein Rennen zwischen Hase und Igel. 23:17 lag der FCB nach dem ersten Viertel vorn, der zweite Abschnitt war eine Demonstration der Stärke, 50:34 führte München zur Pause.

Dabei wurde erstmals offenbar, wie richtig die Bayern mit ihren Verpflichtungen liegen: Stefan Jovic arbeitete in der Defensive bissig und setzte seine Nebenleute ein: elf Assists sind überragend. Das Zusammenspiel mit Center Maik Zirbes, in vielen Spielen für Roter Stern Belgrad perfektioniert, war nun bei den Bayern zu sehen. Braydon Hobbs, mit 14 Punkten und vier Dreiern bei vier Versuchen zweitbester Schütze, war immer zur Stelle, wenn ein Bruch im Spiel war. Und den gab es sehr wohl, das ist die gute Nachricht an die Konkurrenz: Die Bayern spielten keinesfalls fehlerfrei. Im dritten Viertel leisteten sie sich viele unnötige Ballverluste, waren aufgrund der starken Abwehrarbeit aber immer Herr der Lage. Istanbul wirkte phasenweise orientierungslos, wenn die Bayern ihre Ballstafetten begannen. Dabei übertrieben sie es mit der Selbstlosigkeit des Öfteren, was einen Ballverlust anstatt sicherer Punkte zur Folge hatte.

Macvan (12) und der ständig dunkende Devin Booker (10) trafen noch zweistellig, es war aber ein Sieg des Kollektivs. Djordjevic erinnerte zwar daran, dass noch viel zu verbessern sein - das war nicht einmal übertriebener Trainer-Anspruch. Fürs erste aber haben die Bayern gezeigt, dass man lieber auch international mit ihnen rechnen sollte, was der Trainer gern bestätigte: "Das war ein starker Sieg, wir haben wirklich Charakter gezeigt." Dann erinnerte er daran, dass der Eurocup "eine lange Reise" sei. Eine schwere Etappe haben die Bayern schon mal mit Bravour bewältigt.

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