Basketball:Kurzes Gedächtnis

FC Bayern Muenchen v Brose Bamberg - BBL

Die Bayern (im Bild Devin Booker) sind im Wettstreit mit Bamberg derzeit obenauf.

(Foto: Hans-Martin Issler/Bongarts/Getty Images)

Nach dem Heimsieg des FC Bayern über Bamberg versuchen beide Klubs, die Bedeutung herunterzuspielen. Kontrovers wird es erst, als es um die Terminierung des Spiels geht.

Von Joachim Mölter

Selten hat man die Protagonisten eines Spitzenspiels nachher so unaufgeregt erlebt wie am Sonntagabend die Vertreter der Basketball-Bundesligisten FC Bayern München und Brose Bamberg. Die waren sich in der Bewertung des Gipfeltreffens im Grunde ja weitgehend einig: Der 77:68 (43:33)-Heimsieg von Tabellenführer FC Bayern über Titelverteidiger Bamberg hat wenig bis gar keine Aussagekraft im Hinblick auf die Meisterschaft; da lässt sich alles und nichts hineininterpretieren.

Zugegeben: Die Münchner vergrößerten ihren Vorsprung vor dem fränkischen Rivalen auf sechs Punkte - 18:2 und 12:8 lauten aktuell die Bilanzen. Aber von einer Art Vorentscheidung im Kampf um den ersten Tabellenplatz nach der Hauptrunde und die damit verbundene beste Ausgangsposition für die anschließenden Playoffs wollten die siegreichen Münchner lieber mal nichts wissen. "Wir dürfen uns auf dem Vorsprung, den wir uns erarbeitet haben, jetzt nicht ausruhen", mahnte Nationalspieler Danilo Barthel; sein Trainer Aleksandar Djordjevic gab zu bedenken: "Es ist noch nicht einmal Dezember." Eine Erinnerung daran, dass die K.o.-Runde erst in einem halben Jahr beginnt und bis dahin viel passieren kann: "Wir müssen weitermachen, dazu brauchen wir ein kurzes Gedächtnis", forderte Djordjevic von seinen Profis. Bayern-Allrounder Reggie Redding fand: "Wenn wir die Bamberger in einem Spiel schlagen, in dem es um den Titel geht, wäre das etwas Besonderes."

Es ist also nichts Besonderes passiert am Sonntagabend. "Bamberg ist die Mannschaft, die du schlagen musst, wenn du Meister werden willst, daran hat sich nichts geändert", resümierte Münchens Geschäftsführer Marko Pesic. Sein Bamberger Kollege Rolf Beyer widersprach da zwar zaghaft: "Der FC Bayern ist jetzt Favorit." Aber das war wohl eher dem Bemühen des Serienmeisters geschuldet, diese Favoritenbürde mal abzuwälzen und den oberbayerischen Konkurrenten etwas unter Druck zu setzen.

Bamberg trennt sich von Flügelspieler Quincy Miller - das schafft eine neue Perspektive

Was die deutschen Spitzenteams am Sonntagabend sportlich zeigten, war ein ordentliches, ausreichend spannendes Spiel, mehr nicht. Die Gastgeber übernahmen im zweiten Viertel das Kommando und führten zeitweise mit 14 Punkten (59:45/30. Minute). Doch die Bamberger kamen zum Ende hin wieder auf vier Zähler heran (64:60/35. und 71:67/38.) und hielten somit das Geschehen offen. "Wir hätten auch gewinnen können", fand Beyer. "Es hätte in beide Richtungen gehen können", stimmte Barthel zu. "Wir waren nicht sehr gut. Wir haben heute nur gut genug gespielt, um zu gewinnen", fasste Marko Pesic das Geschehen zusammen. Beide Teams mussten Ausfälle verkraften: Der FC Bayern war ohne die Flügelspieler Vladimir Lucic (Mittelfußbruch) und Nihad Djedovic (Infekt) angetreten sowie mit einem angeschlagenen Spielmacher Stefan Jovic, der trotz einer nicht ausgeheilten Handverletzung auflief. Bei den Gästen fehlten Kapitän Elias Harris (Knieblessur) sowie die Spielgestalter Daniel Hackett (Muskelfaserriss in der Wade) und Rickey Hickman (Schonung). "Beide Seiten haben Potenzial nach oben", sagte Pesic.

Die Bamberger womöglich seit Montag wieder etwas mehr: Da gaben sie die Trennung vom Flügelspieler Quincy Miller bekannt; der 25 Jahre alte Amerikaner war aus Tel Aviv gewechselt und mit dem System von Brose-Trainer Andrea Trinchieri offenbar überhaupt nicht zurechtgekommen: Nach nur einem Bundesliga-Einsatz war er aus dem Kader genommen worden. Durch die Auflösung des Vertrages hat der Klub nun die Möglichkeit, sich nach einer neuen Hilfskraft umzuschauen, die vor allem auf den Positionen in Korbnähe für Entlastung sorgen soll. Dem Vernehmen nach hat Bamberg einige Kandidaten im Blick, aber keine Eile mit einer Verpflichtung. Es ist ja noch nicht einmal Dezember.

"Wenn mich einer gefragt hätte, hätte ich einer Verlegung zugestimmt", sagt Hoeneß

Bei der Analyse der Niederlage kam Trinchieri zu einer einfachen Erklärung: "Das war unser viertes Spiel innerhalb von einer Woche. Im letzten Viertel haben wir viele offene Würfe und sogar Freiwürfe vergeben. Das ist immer ein Zeichen von Müdigkeit. Wir waren am Ende nicht frisch und knusprig genug." In der Tat prallten etliche Bamberger Würfe vom vorderen Korbrand ab, was gemeinhin auf schwindende Kräfte zurückgeführt wird.

Selbst FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß hatte diesbezüglich Mitleid mit den Gästen, die am Mittwoch gegen Barcelona und am Freitag gegen Mailand in der Euroleague gefordert waren. Diese anstrengende Taktung "finde ich nicht in Ordnung", sagte er und kritisierte dabei die Basketball-Bundesliga (BBL) für deren Terminplan-Gestaltung. Doch die Liga könne wenig dafür, entgegnete Jens Staudenmayer, der Abteilungsleiter Sport bei der BBL: Die legt ihre Termine vor der Euroleague fest, und die hiesigen Klubs haben erst im Mai vereinbart, Teilnehmern am höchsten europäischen Wettbewerb keine Sonderrechte zu gewähren; Spielverlegungen seien nur möglich, wenn sich die Klubs einigen. Das war aber nicht der Fall, beim FC Bayern beharrten sie auf dem Termin, zum leisen Unmut von Bambergs Verantwortlichen. Hoeneß versicherte nach Spielende, er habe nichts gewusst vom Begehren, die Partie zu verschieben: "Wenn mich einer gefragt hätte, hätte ich einer Verlegung zugestimmt." Nur wohin? In dieser Woche überschneiden sich ja schon die Termine von Euroleague-Klubs und Nationalteams, die in die WM-Qualifikation starten. Hätte es nicht diese Termindebatte gegeben, wäre das Spitzenspiel ohne jede Kontroverse über die Bühne gegangen. So hat es wenigstens deswegen etwas Aufregung gegeben. Die Akteure auf dem Parkett waren kaum in der Lage, dafür zu sorgen. Die Bamberger konnten nicht mehr, die Münchner mussten nicht mehr tun.

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