Basketball:Kräftemessen der alten Großmächte

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Titelanwärter: Der Russe Alexei Schwed hat bei der Basketball-EM gute Chancen auf individuelle Auszeichnungen - ob es mit der Mannschaft reicht, ist hingegen offen. (Foto: Ozan Kose/AFP)

Im EM-Halbfinale kommt es zum Vergleich zwischen Russland und Serbien - den Teams mit den meisten Titeln.

Von Joachim Mölter, Istanbul

Für Freunde der reinen Statistik ist das Halbfinale dieser Basketball-EM der Höhepunkt des Turniers. Am Freitagabend (20.30 Uhr) kommt es in Istanbul nämlich zum Vergleich von Russland und Serbien, das sind die mit Abstand erfolgreichsten Basketball-Länder des Kontinents - wenn man ihre Vorgängergebilde dazurechnet: Die aus der Sowjetunion hervorgegangenen Russen reklamieren 15 EM-Titel für sich, dank des Erbes Jugoslawiens bringen es die Serben auf acht; zudem haben beide jeweils zehn weitere Medaillen auf ihrem Konto. Selbst Titelverteidiger Spanien kommt als Nummer drei der europäischen Erfolgsbilanz insgesamt bloß auf zwölf Medaillen, darunter drei goldene.

Es ist nur so, dass die besten Zeiten der alten Großmächte schon eine Weile her sind. Die Russen holten ihren letzten Titel vor zehn Jahren, durch ein 60:59 über den Gastgeber Spanien. Und die Serben firmierten bei ihrem letzten EM-Triumph sogar tatsächlich noch als Jugoslawien, 2001 war das, als die Endrunde ebenfalls in der Türkei ausgetragen wurde. Bei ihren Restaurationsbemühungen sind die Serben nun etwas weiter fortgeschritten: Bei der WM 2014 und Olympia 2016 holten sie jeweils Silber, beide Male nur geschlagen von den USA, dem Mutterland dieses Sports. Diese Erfolge der jüngeren Vergangenheit bescheren den Serben nun eine leichte Favoritenbürde im Halbfinale - auch wenn sie den Russen im letzten Vergleich unterlegen waren, 72:75 in der Vorrunde der EM.

Es gibt bemerkenswerte Parallelen zwischen den beiden Teams: Beide werden gecoacht von ehemaligen Spielmachern, die Russen von Sergei Basarewitsch, 52, Anfang der neunziger Jahre zweimal WM- und einmal EM-Zweiter, die Serben von Aleksandar Djordjevic, 50, einst einmal Welt- und dreimal Europameister. Und in beiden Kadern ragen Shooting Guards heraus, bei den Russen der 1,95-Meter-Mann Alexei Schwed, 28, bei den Serben der 1,97 messende Bogdan Bogdanovic, 25.

Der zu den Sacramento Kings in die amerikanische Profiliga NBA wechselnde Bogdanovic hat jedoch eine stärkere Helfercrew um sich. Die größte Rolle spielt dabei ein Trio, das in der kommenden Bundesliga-Saison beim FC Bayern auflaufen wird (bei dem im Übrigen schon Djordjevic als Chefcoach tätig ist): Vladimir Lucic sammelt vor allem Rebounds ein (4,9 im Schnitt pro Partie), Stefan Jovic gibt die meisten Vorlagen (5,9 pro Spiel) und Milan Macvan macht von allem ein bisschen. Gewinnbringend setzen die serbischen Spieler vor allem ihre Größe ein: Dem 83:67 im Viertelfinale gegen Italien lag eine Rebound-Überlegenheit von 44:19 zugrunde.

Demgegenüber ist der einst von den New York Knicks aus der NBA zu Khimki Moskau zurückgekehrte Schwed fast ein Alleinunterhalter. Nach dem EM-Aus des Deutschen Dennis Schröder kann Schwed Ansprüche auf die Ehrungen als bester Spieler des Turniers sowie als erfolgreichster Korbjäger geltend machen (derzeit 24,0 Punkte im Schnitt), aber Anstrengung und Müdigkeit waren ihm zuletzt anzumerken. Beim 74:69 über Griechenland im Viertelfinale nahm Trainer Basarewitsch seinen besten Mann am Ende sogar vom Feld, weil der überhaupt nichts mehr traf.

© SZ vom 15.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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