Basketball in der NBA:Aus LeBron wird LAbron

  • LeBron James bringt mit seinem Wechsel zu den LA Lakers die ganze NBA durcheinander.
  • Der Basketballer will mit dem Traditionsteam unbedingt noch einmal den Titel gewinnen.
  • Auch der Deutsche Moritz Wagner freut sich - er spielt künftig an der Seite von James.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Moritz Wagner hat am Wochenende ein Papier unterzeichnet, das womöglich bedeutsamste seiner noch jungen Karriere als Basketballprofi, und man kann schon jetzt sagen, dass er eine sehr weise Entscheidung getroffen hat. Die Wahl der Wohngegend in Los Angeles definiert den Lebensstil, und Wagner hat sich für ein gemütliches Haus am Strand entschieden, in einem kleinen Dorf im Südwesten der Metropole. Er hat den Antrag ausgefüllt und unterschrieben, und die Chancen, dass er tatsächlich einziehen wird, sind an diesem Wochenende erheblich gestiegen.

Das liegt an einem anderen Papier, das Wagner am Wochenende unterzeichnet hat - und die prägenden Zahlen sind nicht etwa jene, denenzufolge ihm die Los Angeles Lakers in den kommenden drei Spielzeiten etwa 4,9 Millionen Dollar bezahlen werden. Die wirklich wichtige Nummer: 30. Die Lakers dürfen ihre erste Wahl bei der diesjährigen Selektion der besten Nachwuchsspieler dem Reglement der nordamerikanischen Profiliga NBA zufolge nun 30 Tage lang in kein Tauschgeschäft mit einem anderen Verein einarbeiten.

Das ist deshalb so wichtig, weil am Samstagabend die so genannte Free Agency begonnen hat, bei der Akteure ohne Vertrag neue Vereine suchen und jene mit gültigen Kontrakten getauscht werden dürfen. Es wird geschachert und gelockt, und bereits nach wenigen Stunden gibt es einiges zu vermelden, den wichtigsten Transfer dieser Sommerpause zum Beispiel: LeBron James, der nach allgemeinem Dafürhalten beste Basketballspieler der Welt, wechselt von den Cleveland Cavaliers zu den, nun ja, Los Angeles Lakers von Moritz Wagner. Er soll am Freitag einen Vertrag unterschreiben, der vier Spielzeiten lang gilt und mit 153,3 Millionen Dollar vergütet wird.

James hat sich bereits vor einigen Jahren für eine Wohngegend in Los Angeles entschieden, er besitzt ein Anwesen in Brentwood, einer Nobelgegend zwischen Beverly Hills und Santa Monica. Zu diesem Haus ist Lakers-Präsident Magic Johnson am Samstagabend gefahren. Es hatten sich auch andere Vereine um die Dienste von James bemüht, die Cavaliers zum Beispiel oder die Philadelphia 76ers, also fuhr Johnson alleine nach Brentwood und klopfte um 21.01 Uhr (die Free Agency hatte eine Minute davor begonnen) an die Haustür von James.

"Ich bin Magic Johnson", hat er in der vergangenen Woche gesagt, und das stimmt ja auch, der Spitzname ist bei Johnson längst zum Vornamen geworden. Er hat als Spieler mit dem Lakers in den 1980er Jahren insgesamt fünf Titel gewonnen und die Showtime-Ära geprägt, noch immer versprüht er mindestens so viel Charme wie George Clooney. Die Aussage war allerdings die Antwort auf die Frage, ob er denn mit dem Druck klarkomme, den bekanntesten Sportverein der Welt nach fünf Jahren ohne Playoff-Teilnahme zu altem Glanz zurückführen zu müssen.

Er hätte sagen können, dass er die Gehaltsobergrenzen studiert habe oder den Druck in dieser wahnwitzigen Metropole kenne. Er sagte jedoch: "Ich bin Magic Johnson." Das Erstaunliche war nicht die Antwort selbst, sondern die Reaktion der Journalisten (und die von Wagner, der ebenfalls auf dem Podium saß), die nicht erstaunt, sondern zustimmend blickten.

Johnson unterhielt sich also am Samstagabend zwei Stunden lang mit James, und am Sonntagnachmittag wurde der Wechsel recht unspektakulär auf dem Twitter-Account von James' Berateragentur Klutch Sports verkündet. Das war überraschend, schließlich hatte es anlässlich der Entscheidung von James im Jahr 2010, von Cleveland nach Miami zu wechseln, ein einstündiges TV-Spektakel gegeben, und bei der Rückkehr zu den Cavaliers vier Jahre später den rührseligen Brief "I'm coming home" auf der Homepage der Zeitschrift Sports Illustrated. Nun: nichts, es ist noch nicht einmal eine Pressekonferenz geplant. Immerhin haben sie ihm gleich einen neuen Spitznamen gegeben in Los Angeles: LeBron James heißt von nun an LAbron James.

Titelkandidat sind die Lakers trotzdem noch nicht

Die Lakers haben am Wochenende nicht nur James und Wagner verpflichtet, sondern auch Aufbauspieler Kentavious Caldwell-Pope, Center JaVale McGee und die ewige LeBron-James-Nemesis Lance Stephenson. Der Kader sieht angesichts der Jungstars Lonzo Ball, Kyle Kuzma und Brandon Ingram recht ordentlich aus, dennoch sind die Lakers noch kein Titelkandidat. Der Kern des Meisters Golden State Warriors dürfte intakt bleiben, nachdem Kevin Durant angekündigt hat: "Ich würde gerne bleiben, den Rest bekommen wir schon hin." Chris Paul bleibt bei den Houston Rockets (160 Millionen Dollar für vier Jahre), Paul George trotz intensiven Flirts mit den Lakers bei Oklahoma City Thunder (137 Millionen, vier Jahre). Die Lakers verfügen derzeit trotz James maximal über den viertbesten Kader der Western Conference.

Nun wird dieses 30-Tage-Tauschverbot für Moritz Wagner interessant. Die Lakers würden gerne einen zweiten Superstar verpflichten, Kawhi Leonard von den San Antonio Spurs zum Beispiel, der auch gerne nach Los Angeles wechseln würde. Dafür müssten die Lakers allerdings ein Tauschgeschäft vorschlagen, das nicht nur die Spurs (die von einem Leonard-Wechsel nach LA überhaupt nichts halten), sondern auch die NBA-Verantwortlichen akzeptieren. Das dürfte angesichts des Gehaltsgefüges der Lakers äußerst schwierig werden, selbst für einen Mann, der Magic Johnson heißt.

Zahlreiche interessante Akteure haben bereits einen neuen Verein gefunden, Center DeAndre Jordan zum Beispiel wechselt von den Los Angeles Clippers zum Dirk-Nowitzki-Klub Dallas Mavericks, Flügelspieler Trevor Ariza von den Rockets zu den Phoenix Suns. Die Lakers könnten sich noch um den zuletzt verletzten Center DeMarcus Cousins bemühen, oder sie warten auf die nächste Sommerpause und holen mit genügend Gehaltsspielraum den dann vertragslosen Leonard nach Los Angeles. "Wir werden keineswegs alles riskieren in diesem Sommer", sagt Johnson: "Wir wollen hier etwas aufbauen." Etwas aufbauen, das bedeutet im Jargon des 16-maligen Meisters: endlich wieder Titel zu gewinnen.

Für Moritz Wagner sind das keine schlechten Nachrichten. Derzeit sieht es so aus, als würde er sich hinter dem 30 Jahre alten Veteranen McGee für Spielzeit empfehlen und an der Seite des besten Basketballspielers dieser Generation um einen Platz in den Playoffs kämpfen dürfen, die mittelfristige Zukunft der Lakers klingt vielversprechend. Es gibt schlechtere Konstellationen für einen Nachwuchsspieler - es sei denn, es passiert noch was Außergewöhnliches bei den Lakers in dieser Sommerpause. Wagner möchte dieses Haus am Strand nicht kaufen, sondern erst einmal nur mieten.

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