Basketball:Immer nur nach vorne

Gestärkt durch ihren Europe-Cup-Gewinn wollen Frankfurts Basketballer auch in den Bundesliga-Playoffs für Furore sorgen - als erstes gegen Berlin.

Von Joachim Mölter

Das einzige, was Gunnar Wöbke jetzt fürchtet, ist ein "emotionaler Spannungsabfall", der für gewöhnlich eintritt, wenn man ein großes, lange gehegtes Ziel erreicht hat. Und das haben die Basketballer der Fraport Skyliners aus Frankfurt am Sonntagabend getan: Da gewannen sie in der französischen Stadt Chalon den Fiba Europe Cup durch ein 66:62 (25:31) im Finale gegen die Italiener von Openjobmetis Varese. Es war ein Kraftakt gewesen, zwischenzeitlich lagen die Frankfurter mit zwölf Zählern zurück (33:45/29.).

Auch wenn der Europe Cup nur als drittklassiger Wettbewerb angesehen wird hinter Euroleague und Eurocup, wird der Erfolg erst einmal gebührend gefeiert; es ist ja erst der vierte Titelgewinn eines deutschen Klubs in einem europäischen Wettbewerb nach 1995 (Alba Berlin/Korac Cup), 2004 (Mitteldeutscher BC/Eurocup Challenge) und 2010 (BG Göttingen/Euro Challenge). Grund genug für Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann, die Mannschaft am Dienstag im Römer zu empfangen. "Ab Mittwoch", sagt Wöbke, 48, der geschäftsführende Gesellschafter und Sportdirektor der Skyliners, "konzentrieren wir uns dann wieder auf die Playoffs."

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Noch einiges vor: der Frankfurter Quantez Robertson.

(Foto: imago)

In den am Wochenende beginnenden K.o.-Runden um die deutsche Meisterschaft wollen die Frankfurter ebenfalls für Furore sorgen. "Wer die Playoffs erreicht hat, sollte nur ein einziges Ziel haben", findet Wöbke: den Titel zu gewinnen. Man mag das für vermessen halten angesichts namhafter Konkurrenz wie Titelverteidiger Bamberg, Bayern München, Alba Berlin oder EWE Oldenburg. Wöbke hält dem einen Spruch entgegen, den er im Englischen aufgeschnappt hat: "Where the focus goes, the energy flows" - wohin sich der Blick richtet, dahin fließt die Energie. Also erinnert er seine Profis: "Nicht nach links und rechts schauen, immer nur nach vorne. Sonst erreicht man keine Ziele."

Das nötige Selbstbewusstsein haben sich die Spieler auf europäischer Ebene geholt. "Es wird selten jemand Meister, wenn er vorher noch nie ein Finale gespielt hat", sagt Wöbke; insofern sei die "Erfahrung eines Final-Four-Turniers" wie nun in Chalon sehr hilfreich. Seine Skyliners sind ohnehin die Mannschaft des Moments in der Basketball-Bundesliga (BBL), sie kommen als Dritter der Abschlusstabelle mit dem größten Schwung in die Playoffs. Mit aktuell neun Siegen weisen sie die längste Erfolgsserie auf; erst kürzlich haben sie den Tabellenzweiten Oldenburg gestoppt (78:63), der seinerseits zuvor Tabellenführer Bamberg eingebremst hatte (102:97). Dem wiederum fügten die Skyliners in der Hinrunde beim 88:86 eine von nur drei Saisonniederlagen zu. In Berlin, beim Gegner im Playoff-Viertelfinale, haben sie vor einer Woche überzeugend gewonnen, 80:64.

Die Playoff-Paarungen im Basketball

Viertelfinale (Best of five), 1. Spieltag

Bamberg (1.) - Würzburg (8.) So., 20.30

Oldenburg (2.) - Ulm (7.) Sa., 17.30

Frankfurt (3.) - Berlin (6.) Sa., 18.30

Bay. München (4.) - Ludwigsburg (5.) Sa., 19.30

Die weiteren Termine

2. Spiel: Di., 11. Mai/Mi., 12. Mai/Do. 13. Mai

3. Spiel: Sa., 14. Mai/So. 15. Mai

4. Spiel (falls nötig): Di., 17. Mai

5. Spiel (falls nötig): Do., 19. Mai

Halbfinale (Best of five)

zwischen Sa., 21. Mai und Do., 2. Juni

Finale (Best of five)

zwischen So., 5. Juni und Fr., 17. Juni

Gunnar Wöbke fühlt sich bestätigt auf dem Weg, den er nach einer Krisenphase vor drei Jahren eingeschlagen hat: eine junge Mannschaft langfristig aufzubauen und im Kern zusammenzuhalten. Nur drei Spieler sind jenseits der Dreißig: Aaron Doornekamp, John Little und der seit 2009 für Frankfurt auflaufende Publikumsliebling Quantez Robertson, der gegen Varese mit 15 Punkten zeigte, wie wichtig er für das Team ist. Dazu kommen einheimische Talente wie Center Johannes Voigtmann, 23, Flügelmann Danilo Barthel, 24, Guard Konstantin Klein, 24. In Jordan Theodore, 26, dem Spielmacher und Topscorer, haben die Frankfurter zudem einen neuen Anführer gefunden, der in der engeren Wahl zum MVP der BBL ist, zum wertvollsten Spieler der Saison. Angeleitet wird das Team seit 2013 wieder vom Kanadier Gordon Herbert, 57, der den Klub schon 2004 beim bislang einzigen Meistertitel trainierte.

Charakteristisch für die Mannschaft ist ihre starke, aber nicht überharte Verteidigung, die es ihr erlaubt, jeden Gegner selbst dann in Reichweite zu halten, wenn die eigenen Würfe im Angriff nicht fallen. Gegen Varese am Sonntag kam diese Stärke wieder zum Tragen. "Wir wollen Spieler, die immer hart arbeiten und alles geben", sagt Wöbke: "Einsatz ist das, was die Zuschauer honorieren, auch wenn man keine Meisterschaft gewinnt." Mit all dem kompensieren die Frankfurter, dass sie ein "deutlich geringeres Budget als unsere Mitkonkurrenten" haben, so Wöbke.

Das können sie nun etwas aufstocken mit der 250 000-Euro-Prämie für den Europe-Cup-Gewinn sowie dem Mehrwert der Trophäe: "Es ist Jahr für Jahr eingetreten, was wir unseren Sponsoren gesagt haben, das ist nicht schlecht für künftige Gespräche", glaubt Wöbke. Für diese Saison war in der BBL beispielsweise Platz vier nach der Hauptrunde avisiert, Platz drei ist es geworden. "Wenn wir unseren Weg weitergehen wollen", sagt Gunnar Wöbke, "müssen wir das Budget steigern." Die lange ersehnte neue 13 000-Zuschauer-Arena in Frankfurt wird ja frühestens in drei Jahren fertig, dann kann der Klub neue, große Ziele abstecken.

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