Basketball:Im falschen Trikot

Deutschland Wuerzurg s Oliver Arena 29 09 2018 Basketball easyCredit BBL s Oliver Wuerzburg

Abend der seltsamen Emotionen: Maurice Stuckey siegte mit Bamberg, wurde aber von den Würzburger Fans gefeiert.

(Foto: Heiko Becker/imago)

Bambergs Maurice Stuckey erlebt bei seiner Rückkehr nach Würzburg einen umjubelten Empfang.

Von Matthias Schmid

Wenige Minuten nach der Schlusssirene stand Maurice Stuckey in der Würzburger Arena vor der Tür, die in die Kabine führt. In mehreren Reihen drängten sie sich um den Basketballer, Kinder, die nach Autogrammen gierten, Reporter, die nach seinen Gefühlen fragten, und seine Familie wollte natürlich auch mit ihm smalltalken. Als seine Mutter dann schnell genug von dem aufgeregten Treiben hatte und sich von ihrem Sohn schon enttäuscht abwendete, hätte es Stuckey geholfen, wenn ein 3D-Drucker einfach auch menschliche Wesen vervielfältigen könnte und er am Samstag ein paar Exemplare von sich hätte verteilen können. "Mama", rief der 28-Jährige zu ihr herüber, "warte doch bitte." Alle wollten etwas von ihm bei seiner Rückkehr nach Würzburg, wo er sich 165 Mal in der Bundesliga das Trikot überstreifte, die Kinder zerrten sogar seinen langen Armen.

Es kommt ziemlich selten im Profisport vor, dass ein Spieler die Zuschauer auch dann noch berührt, wenn er weiterzieht zum ärgsten Rivalen - Stuckey kehrte ja am ersten Spieltag der neuen Bundesliga-Spielzeit als Profi von Brose Bamberg nach Unterfranken zurück. Doch die Fans empfingen ihren früheren Sympathieträger überschwänglich, mit lauten "Mo Stuckey"-Sprechchören, einige rollten sogar ein Banner aus, darauf stand: "Auch im falschen Trikot immer einer von uns."

Das war natürlich auch für den Guard alles nicht so einfach, wie er hinterher zugab. "Ich hatte auf die positive Resonanz gehofft, weil ich ja immer eine enge Bindung zu den Fans hatte." Innerlich schwappten die Emotionen auch bei ihm über. Und erst als sein erster Wurf nach wenigen Minuten von jenseits der 6,75 Meter entfernten Dreierlinie durch den Korb sauste, "fiel die Nervosität ab", wie Stuckey bestätigte. Er spielte ziemlich auffällig und blieb auch wie seine neuen Mitspieler in den entscheidenden Phasen erstaunlich abgeklärt, sodass Bamberg am Ende das Spiel 84:80 (39:37) zu seinen Gunsten entschied.

Niemand in Bamberg hatte das Auftaktspiel auf den Tag genau vor einem Jahr in Würzburg vergessen. Auch der neue Bamberger Trainer Ainars Bagatskis erinnerte seine Spieler an die 73:76-Niederlage, die der Anfang einer ziemlich zerfahrenen Spielzeit bildete und schließlich in der Entlassung von Andrea Trinchieri und dem Halbfinal-Aus gegen den späteren Meister FC Bayern endete. "Ich habe meine Spieler vor allem mental darauf vorbereitet", sagte der Lette. Doch in den ersten Minuten schien es fast, als hätte die Ansprache auf Chinesisch gehalten. "Wir sind am Anfang ziemlich überrannt worden", sagte Stuckey. Die Würzburger füllten die Idee ihres Trainers Dennis Wucherer präzise und lebhaft aus, der schnelle Abschlüsse präferiert. Der frühere Nationalspieler hat dafür eine Reihe wurfstarker Spieler geholt, Jordan Hulls und Skyler Bowlin zum Beispiel. Oder auch Cameron Wells. Spieler, die ansatzlos aus der Distanz auch die schwierigsten Würfe verwandeln können. Mit 23:13 Punkten waren die Würzburger den Gästen zunächst enteilt.

Doch sonderlich zu beeindrucken schien das die Bamberger um die hochdekorierten Tyrese Rice und Nikolaos Zisis nicht, sie packten in der Verteidigung nun energischer zu und störten die Heimmannschaft bereits in deren eigenen Hälfte. Vor allem trafen sie nun auch häufiger von außen. Arnoldas Kulboka stellte mit einem Dreier die 39:37-Pausenführung her. Wucherer missfiel nach dem Spiel neben der eigenen Wurfquote aus der Distanz (32 Prozent) vor allem die Trägheit seiner Spieler in der Verteidigung. "Wir hatten oft die Hände unten bei den Bamberger Dreierwürfen", monierte Wucherer, "das darf nicht passieren."

Einer der Profiteure der offenen Deckung war Stuckey, der am Ende 13 Punkte sammelte und dabei drei Dreier verwandelte. Auch bei Bamberg fehlte noch die feinen, schnellen Passfolgen, es war vor allem Augustine Rubit unterm Korb, der einfache Punkte besorgte und am Ende auf 24 Zähler kam. Auffällig war, dass Bamberg besonders in der Schlussphase unaufgeregter und weniger fehlerhaft agierte als Würzburg. "Es war positiv, dass wir immer eine Antwort hatten", fand Stuckey. Sein Trainer konnte dagegen wenig Erhellendes finden, "wir haben kein einziges System so ausgeführt, wie ich mir das vorgestellt hatte", bemängelt Bagatskis, "vor uns liegt noch viel Arbeit, das Wichtigste war der Sieg heute." Den strebt der 51-Jährige auch am Samstag an, wenn sich die beiden Mannschaften schon wieder begegnen werden, im Pokal-Achtelfinale in Bamberg.

Doch vorher wollte ein Junge von Maurice Stuckey noch wissen, ob er in der nächsten Saison wieder für Würzburg auflaufe. Der Basketballer lächelte die Frage weg und kritzelte ihm seinen Namen aufs Würzburger Jersey, das natürlich hinten mit dem Namen seines Lieblingsspielers beflockt war.

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