Basketball:Golden State Warriors holen NBA-Titel

2017 NBA Finals - Game Five

Triumph für die Golden State Warriors.

(Foto: AFP)

Es ist ihr fünfter Titel in der Basketball-Profiliga. Das Team besiegt die Cleveland Cavaliers - das kann auch deren Superstar LeBron James nicht verhindern.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Als LeBron James vor fast genau einem Jahr seiner Heimat Cleveland den ersten Titel der Vereinsgeschichte bescherte, da sank der beste Basketballer des Planeten noch in der Halle auf die Knie, vergrub den Kopf in seinen mächtigen Händen und weinte bitterlich. Seit dem frühen Dienstagmorgen steht nun der neue Meister der US-Profilliga fest, und wieder richteten sich nach der Schlusssirene alle Augen auf James. Schnellen Schrittes überquerte der Mann, den sie den "King" nennen, das Spielfeld, um dem neuen König der Korbjäger zu huldigen: Kevin Durant. Für ein paar Sekunden lagen sich die beiden in den Armen, dann verschwand der Verlierer des Abends im Dunkel der Hallengänge.

James hatte wahrlich eine grandiose Finalserie gespielt, allein im letzten Spiel legte er noch einmal sagenhafte 41 Punkte für die Cavaliers auf. Doch "KD" und seine Golden State Warriors erwiesen sich in diesem Jahr als unschlagbar: Sie gewannen das fünfte von maximal sieben Finalspielen in eigener Halle mit 129:120 Punkten und holten damit den entscheidenden Sieg zum 4:1-Endstand. Lediglich in der vierten Partie hatten die Cavaliers dem Angriffswirbel der Mannen aus Oakland mit Energie und purer Willenskraft standhalten können, aber anders als im vergangenen Jahr ließen sich die Warriors diesmal die Butter nicht mehr vom Brot nehmen.

Die Rechnung ging voll auf

Dass Golden State die Liga in diesem Jahr dominieren würde, hatten viele Experten vorhergesagt, schließlich war das Team schon vor Durants Verpflichtung zu Saisonbeginn nicht irgendwer gewesen. Ja, streng genommen war der Flügelspieler sogar nur als Ergänzung zu solchen Ausnahmekönnern wie Stephen Curry, Klay Thompson und Draymond Green geholt worden, die schon im Vorjahr einen Ligarekord nach dem anderen aufgestellt hatten.

Immer wieder ist es im Sport schon schiefgegangen, wenn ein Team von Superstars mit weiteren Superstars gespickt wurde. Im Fall Golden State aber ging die Rechnung voll und ganz auf. Selbstverständlich ist das nicht, denn auch wenn hier Klasse auf Klasse traf, war die Umstellung für alle Beteiligten gravierend. Durant, der in Oklahoma City darauf gedrillt gewesen war, den Korberfolg vor allem allein zu suchen, musste sein Spiel komplett umstellen und an die schnelle, passbetonte Spielstrategie der Warriors anpassen.

Umgekehrt stand vor allem Curry - immerhin zwei Mal hintereinander der wertvollste Spieler der regulären NBA-Saison - vor der Situation, dass neben ihm nun ein weiterer glorioser Angreifer auf dem Feld stand, der ihm nicht nur einen Teil des Platzes, sondern auch des Ruhms nahm. Dass beide die Umstellung schafften, dass vor allem Durant sein Spiel noch einmal auf ein neues Level hob, ohne an anderer Stelle gewohnte Qualitäten einzubüßen, ist vor allem das Verdienst von Warriors-Trainer Steve Kerr.

Nachdem im vergangen Jahr noch James' Kraft und sein unbändiger Siegeswille über die Verspieltheit und gelegentliche Leichtsinnigkeit der Kalifornier triumphiert hatte, behielt diesmal der moderne Basketball über den klassischen die Oberhand. Um zu verstehen, welch grandioser Sportler James ist, muss man sich vorstellen, er wäre Fußballer und spielte bei Real Madrid: Er wäre dort Cristiano Ronaldo, Toni Kroos und Sergio Ramos in einer Person. Gegen die Pass- und Verteidigungsmaschine aus Oakland aber, der sich die Cavs diesmal gegenübersahen, konnte auch der King nichts ausrichten - zumal von seinen Adjutanten nur Kyrie Irving und Kevin Love über die ganze Finalserie verlässlich mitzogen. Vor allem die Bankspieler erwiesen sich häufig als zu schwach - auch in Spiel fünf wieder: Ganze sieben Punkte steuerten sie zum Ergebnis bei. Bei den Warriors waren es 35.

Durant trifft nach Belieben

Doch auch in Top-Form hätte Cleveland Golden State in diesem Jahr wohl kaum geschlagen. Ein Grund war, dass es Aufbauspieler Stephen Curry bei seiner dritten Finalteilnahme endlich gelang, auch zum Saison-Höhepunkt so zu spielen wie im Herbst und im Winter. Vor allem aber Durant, schon seit Jahren einer der Besten der Liga und diesmal auch zum wertvollsten Spieler der Finalrunde gewählt, hat das Spiel der Warriors noch einmal auf eine neue Stufe gehoben. Für den Gegner ist diese Mannschaft praktisch nicht mehr zu verteidigen: Stürzen sich zwei oder drei Spieler auf Durant, um ihn am Wurf zu hindern, stehen die Drei-Punkte-Könige Ecke Curry und Thompson in der Ecke frei. Wird Durant nicht gedoppelt, wirft er selbst oder zieht zum Korb.

Auch der 28-Jährige ist eine Kombination aus mehreren Spielertypen: beweglich wie Curry, dabei fast so groß wie Dirk Nowitzki und ähnlich durchsetzungsstark wie James. Er trifft nicht nur beinahe nach Belieben, er verteidigt auch stark, übernimmt im entscheidenden Moment Verantwortung und ist das, was die Amerikaner "unstoppable" nennen - nicht aufzuhalten. Als die Cavaliers in der dritten Finalbegegnung drauf und dran waren, das Spiel zu gewinnen, schnappte sich Durant am eigenen Korb den Ball, rannte mit langem Schritten über das Spielfeld, baute sich vor James auf, und traf über den Muskelberg hinweg einen Drei-Punkte-Wurf. Es war der Moment, der das Match wieder kippte und die Finalserie mitentschied.

Schon nach der Niederlage im ersten Spiel hatte James auf die Frage, was denn anders sei an diesem Warriors-Team als im vergangenen Jahr, denkbar knapp geantwortet: "KD". Umso mehr ehrt es ihn, dass er sich nicht beklagte über die Zusammenstellung dieser grandiosen Mannschaft aus Oakland, sondern das "Superteam" noch gegen Kritik in Schutz nahm. "Wenn ich mal Eigentümer bin, werde ich versuchen, alle diese Spieler unter Vertrag zu nehmen", sagte er schon nach Spiel drei.

Und tatsächlich: Auch wenn die deutliche Überlegenheit der Westküsten-Mannschaften gegenüber jenen aus dem Osten für die NBA auf Dauer strukturell ein Problem ist, und auch wenn die Golden-State-Macher bei der Zusammenstellung ihres Kaders gewiss Glück hatten: Die Gehaltsobergrenze, die Anstellungsmodalitäten und alle anderen Regeln, die die Warriors einhalten müssen, sind dieselben, die auch für die übrigen 29 Mannschaften der NBA gelten. Ganz offensichtlich ist es so, dass manche Teammanager ein gutes Händchen bei der Zusammenstellung ihrer Mannschaft haben, während es anderen Jahr um Jahr gelingt, möglichst viele nicht zueinander passende Spielertypen zu verpflichten. Gäbe es auch hierfür einen Titel, ginge er mindestens jedes zweite Jahr nach New York.

Kevin Durant, der mit 28 Jahren endlich seinen ersten Titel geholt hat, focht das in der Nacht zu Dienstag alles nicht an. "Ich habe in den vergangenen beiden Nächten kaum geschlafen, ich hatte Angst und war nervös", sagte er nach dem Spiel, während seine Mutter gar nicht aufhören mochte, ihren baumlangen Sohn zu herzen. "Aber jetzt sind wir Champions."

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