Basketball-Euroleague:Atlantikflug für ein Abendessen

Der frühere US-Student Patrick Heckmann hat sich bei Bamberg unerwartet schnell in die Mannschaft gespielt. Vom Flügel aus soll er jetzt auch gegen Tel Aviv treffen.

Von Matthias Schmid

Defense. Nur ein Wort sagt Andrea Trinchieri zu Patrick Heckmann, bevor er ihn in einem Spiel aufs Feld schickt. Mehr nicht. Als er das erzählt, muss der 23-Jährige kurz laut lachen. Der Sommerzugang des Basketball-Bundesligisten Brose Baskets Bamberg hat längst mitbekommen, dass Trainer Trinchieri die Defensive noch wichtiger nimmt als ein italienischer Geistlicher das apostolische Glaubensbekenntnis. Der Italiener hat die Abwehrarbeit zur alles bestimmenden Maxime erhoben, wer sie missachtet, "bekommt das sofort direkt und lautstark zu spüren", sagt Heckmann vor dem Euroleague-Heimspiel des Meisters an diesem Donnerstag gegen Maccabi Tel Aviv (19 Uhr, Bamberger Arena), mit dem die Franken ihren derzeit dritten Gruppenplatz weiter festigen können.

Bisher hat der Flügelspieler mit seinem Defensivverhalten nicht den Zorn des Trainers provoziert, im Gegenteil. Als Heckmann nach vierjährigem Studium am Boston College in Chestnut Hill/Massachusetts nach Bamberg wechselte, ging er davon aus, dass er als Lernender gekommen sei und sich jede Minute in seinem ersten Bundesligajahr erst einmal hart verdienen müsse. Trinchieri aber vertraut schon jetzt dem 23-Jährigen, zuletzt beim Auswärtssieg in Ulm stand Heckmann sogar in der Startformation und sammelte mit 18 Punkten die meisten Bamberger Zähler. "Es hat bisher auch meine Erwartungen übertroffen, dass ich so viele Spielminuten bekomme", sagt Heckmann.

CSKA Moscow vs Brose Baskets Bamberg

Im Sommer wechselte Patrick Heckmann aus Boston nach Bamberg. Baskets-Trainer Andrea Trinchieri baut schon jetzt auf den 23-Jährigen.

(Foto: Yuri Kochetkov/dpa)

Der gebürtige Mainzer ist die aufregendste Neuerscheinung, die die Bamberger in das Schaufenster ihres viel beachteten Projekts gestellt haben. Trinchieri hat aber schon länger geahnt, dass Heckmann begabt genug sein könnte, um auch einen Klub wie Bamberg mit europäischen Spitzenspielern sofort dabei helfen zu können, in der BBL den Titel zu verteidigen und in Europa das Achtelfinale zu erreichen. Im Januar war Trinchieri direkt von einem Eurocup-Spiel in Ljubljana nach Boston geflogen, für eine Nacht nur, um mit Heckmann am Abend essen zu gehen. Dass er diese Strapazen für eine vierstündige Begegnung auf sich genommen hatte, beeindruckt Heckmann bis heute: "Danach wusste ich, dass Bamberg der richtige Verein für mich ist."

Trinchieri schätzt an Heckmann dessen Vielseitigkeit, Spielintelligenz und unprätentiöses und selbstloses Auftreten auf dem Parkett. Heckmann ist bescheiden, aber selbstbewusst, furchtlos irgendwie. Der 1,98 Meter große Profi kann von außen ebenso verlässlich punkten wie in der Zone. Heckmann ist ein Allrounder geblieben, obwohl Trainer am College immer wieder versucht hatten, ihn zum Spezialisten umzumodeln. Der eine wollte ihn zum Dreierschützen machen, ein anderer näher am Brett sehen - "das hatte meine spielerische Entwicklung negativ beeinflusst", sagt Heckmann im Rückblick. Er begann zu zweifeln, schlimmer noch: an sich zu zweifeln. In seinem Kopf schwirrten schon Gedanken herum, alles hinzuschmeißen. Der Wirtschaftswissenschaftler verwarf diese Pläne, "weil ich auch einen guten akademischen Abschluss erreichen wollte", wie Heckmann bekennt. Er hatte Glück, dass in seiner letzten Spielzeit in Boston wieder ein Trainer kam, der ihn nicht umschulen wollte, sondern ihn seine Freiheiten auf dem Feld ausleben ließ.

Die Europatermine von Bamberg und Bayern

Brose Baskets Bamberg

Do., 5.11. (19 Uhr): Maccabi Tel Aviv (H)

Fr., 13.11. (20.30 Uhr): Dinamo Sassari (A)

Fr., 20.11. (20 Uhr): Unicaja Malaga (H)

Fr., 27.11. (20.45 Uhr): Darus. Dogus Istanbul (A)

Do., 3.12. (20 Uhr): ZSKA Moskau (H)

Do., 10.12. (20.05 Uhr): Maccabi Tel Aviv (A)

Do., 17.12. (20 Uhr): Dinamo Sassari (H)

FC Bayern München

Do., 5.11. (20.45 Uhr): Real Madrid (A)

Do., 12.11. (20.45 Uhr): Roter Stern Belgrad (H)

Do., 19.11. (20.45 Uhr): Fenerbahce Istanbul (H)

Do., 26.11. (18 Uhr): Khimki Moskau (A)

Fr., 4.12. (20.30 Uhr): Straßburg IG (A)

Fr., 11.12. (20 Uhr): Real Madrid (H)

Fr., 18.12. (19 Uhr): Roter Stern Belgrad (A)

Am liebsten spielt Heckmann, der das College in Boston mit einem Bachelor-Abschluss verließ, auf der kleinen Flügelposition. Dabei fällt auf, dass er nur wenige Würfe braucht, um viel zu treffen. Gegen Ulm brachte er es auf eine Quote von 100 Prozent aus dem Feld - eine außergewöhnliche Leistung, die er aber selbst ein wenig herunterspielt. "Meine Mitspieler haben es mir einfach gemacht, indem sie mir zu vielen offenen Würfen verholfen haben", findet er. Seinen sicheren Wurf führt er auf die Zusammenarbeit mit Stefan Weissenböck zurück. Der Österreicher ist der Individualtrainer der Bamberger Basketballprofis, mit ihm trifft er sich zwei, dreimal in der Woche vor dem Training, "um vielseitige Dinge zu tun", wie er sagt. Er arbeitet dann an seinem Wurf genauso so wie an seinem Ballhandling oder an den Pässen.

Heckmanns Fleiß macht sich nun schneller als erwartet in viel Spielzeit bezahlt. Ob seine Leistungen ihn nun zurück in die Nationalmannschaft führen? Vor drei Jahren hatte ihn der heutige Bayern-Trainer Svetislav Pesic nominiert und zu zwei Einsätzen verholfen. Aber mit Gedanken ans Nationalteam "beschäftige ich mich überhaupt nicht", sagt Patrick Heckmann. Vor allem anderen kommt schließlich die Defensive.

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