Basketball:Erfolg im Steinhagel

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17 Punkte gegen Moskau: Nicolò Melli. (Foto: Zink/imago)

Bambergs Sieg gegen Moskau steht für einen Wandel der Kräfte - es war der erste Sieg im zwölften Duell mit Europas zurzeit wohl ausgeglichenstem Klub.

Von Matthias Schmid

Als in der Partie gegen ZSKA Moskau kurz vor der Schlusssirene die entscheidenden Momente anbrachen, hörte Andrea Trinchieri auf zu zappeln. Der ansonsten so impulsive Trainer der Brose Baskets Bamberg stand regungslos an der Seitenlinie, seinen Blick ins Nirgendwo gerichtet. Er wirkte entrückt, irgendwie nicht mehr auf diesem Planeten mit seinen weit aufgerissenen Augen. Der 47-Jährige staunte. Über seine formidablen Spieler, über die ekstatischen Zuschauer - und auch ein bisschen über sich selbst. Die Bamberger führten am Donnerstagabend 1:15 Minuten vor dem Ende 84:83, sie hatten beste Aussichten, gegen die im Moment wohl ausgeglichenste Mannschaft der Euroleague zu gewinnen. Am Schluss reichte es tatsächlich zum ersten Sieg im zwölften Duell, Bamberg gewann 91:83 (43:39) und hielt sich zwei Spieltage vor dem Ende der Zwischenrunde alle Möglichkeiten offen, als erste deutsche Mannschaft das Viertelfinale des wichtigsten europäischen Wettbewerbs zu erreichen.

Trinchieri übertrieb nicht, als er hinterher von einer "historischen Nacht" schwärmte. Der Basketballtrainer wirkte noch immer wie ein Vater nach der Geburt seines ersten Kindes, irgendwo zwischen Freude und Verwirrung. "Behaltet dieses Spiel für eine lange, lange Zeit im Gedächtnis", rief er. "Ich habe keine Ahnung, wann so etwas wieder passieren wird. Wir haben eben die stärkste europäische Mannschaft geschlagen."

In der Tat ist es bisher selten vorgekommen, dass eine deutsche Basketball-Mannschaft in der Euroleague eine Auswahl mit den besten europäischen Spielern schlagen konnte. In Moskau spielen zum Beispiel die Spielmacher Milos Teodosic und Nando de Colo - sie sind so gut, dass sogar amerikanische NBA-Klubs sie jährlich in die USA locken wollen. De Colo war schon beim mehrfachen Meister San Antonio Spurs beschäftigt, doch der Franzose zieht wie der Serbe Teodosic den europäischen Basketball vor, auch weil sich ZSKA Löhne in NBA-Dimensionen leisten kann. Vor allem in finanzieller Hinsicht schien es daher lange unwahrscheinlich, dass deutsche Klubs in diesem ungleichen Wettbewerb mithalten können. Doch Bamberg und auch der FC Bayern haben in den vergangenen Jahren aufgeholt, die Lücke verkleinert, nicht nur finanziell, sondern auch spielerisch mit Profis wie Nikos Zisis oder Nicolò Melli, der gegen ZSKA mit 17 Punkten am besten traf. "Wir trauen uns inzwischen zu, solche Teams auch zu schlagen", beschreibt Bambergs Geschäftsführer Rolf Beyer den Wandel. Selbstverständlich sind solche Siege aber noch nicht. "Es geht nur, wenn alle unsere Spieler über sich hinauswachsen", sagt Beyer. Sein Trainer hat dafür am Donnerstag wieder ein Bild gefunden, wie es nur Trinchieri, Sohn eines Sprachwissenschaftlers, finden kann. "Wir stehen in der Ecke und die großen Klubs werfen mit Steinen auf uns, die wir abzuwehren versuchen. Aber ich weiß nicht, wie lange wir unsere Position noch halten können." Am besten bis Mitte Mai. Dann findet das Top4 in der Euroleague statt.

© SZ vom 26.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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