Basketball:Ein Tritt in den Hintern

Basketball Bundesliga : FC Bayern Basketball - Telekom Baskets Bonn

Bayerns Beste: Alex Renfroe und Dusko Savanovic (von links) schirmen hier Bonns Topscorer Xavier Silas (19 Punkte) ab. Für den Sieg reicht das nicht.

(Foto: Christina Pahnke)

Sowohl Meister Bamberg als auch Vorjahresfinalist Bayern München verlieren bereits am dritten Bundesliga-Spieltag die ersten Punkte im Kampf um die Playoff-Plätze.

Von Ralf Tögel

Am Samstagabend waren in der ehrwürdigen Sporthalle Gießen-Ost drei Meistermannschaften des deutschen Basketballs aufeinandergetroffen, zwei davon saßen allerdings bloß auf der Tribüne. Aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums der Basketball-Bundesliga (BBL) hatten die Gießen 46ers die Titelträger ihres ruhmreichen Vorgängers MTV Gießen aus den Jahren 1965 und 1975 eingeladen zum Liga-Spiel gegen die Champions des Jahres 2015, die Brose Baskets Bamberg. Und die Anwesenheit der alten Meister schien die jungen, gerade erst wieder in die BBL aufgestiegenen Gießener tatsächlich anzuspornen, denn sie gewannen die Partie 81:80 (39:37) und sorgten damit am dritten Spieltag für die erste richtig große Überraschung der neuen Saison.

Die zweite gab es dann gleich am Sonntag: Da unterlag der FC Bayern München in eigener Halle 84:91 (50:45) gegen die Telekom Baskets Bonn. Damit haben die beiden hoch ambitionierten Vorjahresfinalisten, die ihre Kader im Sommer noch einmal so signifikant verstärkt hatten, dass die Konkurrenz schon einen Durchmarsch befürchtete, gleich mal heftige Dämpfer erhalten. Und das auch noch wenige Tage bevor sie in die Euroleague-Saison starten, Meister Bamberg am Donnerstag beim spanischen Klub Unicaja Malaga, der FC Bayern tags darauf bei Fenerbahce Istanbul.

Die Bundesliga-Saison ist zwar noch lang, aber im Kampf um die beste Ausgangsposition - den ersten Tabellenplatz nach der Punkterunde und den damit verbundenen Heimvorteil in den Playoffs - sind die beiden bayerischen Klubs auch schon etwas in Verzug geraten im Vergleich zu Alba Berlin, das bereits vier Siege auf seinem Konto hat.

Münchens Cheftrainer Svetislav Pesic hatte zuletzt keine Gelegenheit ausgelassen, um darauf hinzuweisen, dass es noch Zeit benötige, um sein Ensemble in den angestrebten Zustand zu versetzen. Die Spieler haben den Worten ihres Trainers nun Glaubwürdigkeit verliehen. "Wir sind nicht die übermächtige Mannschaft, als die uns viele sehen", sagte Pesic nach dem Spiel. Der vermeintliche Hauptkonkurrent im Ringen um nationale und internationale Meriten hatte die These des Serben bereits tags zuvor bestätigt: Denn Bambergs Pleite beim Aufsteiger Gießen war angesichts der individuellen Möglichkeiten des Personals ebenfalls nicht zu erwarten gewesen. "Ich bin sehr beschämt über die Leistung meiner Mannschaft. Wir waren oberflächlich, egoistisch, langsam und weich", schimpfte dann auch Bambergs Chefcoach Andrea Trinchieri: "Gießen hat uns heute in den Hintern getreten."

Das so wichtige Mannschaftsgefüge bedarf stets der Feinjustierung, speziell bei den Teams, die erst kurz vor Saisonbeginn zusammenfinden, weil Akteure in Nationalteams engagiert waren, oder Topspieler erst spät unterschrieben. Das macht auch vermeintlichen Spitzenteams in der Anfangsphase einer Saison anfällig.

Gleich das erste Viertel im eigenen Wohnzimmer, wie der Hallensprecher den Münchner Audi Dome so gern bezeichnet, diente trefflich als Anschauung. Die Gastgeber lagen schnell vorne, weil Dusko Savanovic, Anton Gavel oder Deon Thompson Kostpröbchen ihrer Möglichkeiten vorführten, der FC Bayern setzte sich scheinbar problemlos ab. Erst nach sieben Minuten, beim 12:5, kamen die Spielmacher Alex Renfroe und K.C. Rivers aufs Feld, zwei der späten, aber hochkarätigen Zugänge im Kader der Bayern. Doch ohne ersichtlichen Grund kam Sand ins Getriebe: Vier leichtfertige Ballverluste, vier Bonner Dreier in Serie, und das Spiel war ein anderes. Plötzlich lagen die Gäste vorn.

Im ersten Viertel hatten die Münchner keinen einzigen Dreier versenkt, das änderten erst Nihad Djedovic in der 13. Minute. Recht spät, mag sich auch Savanovic gedacht haben, jedenfalls schickte er drei hinterher, der FCB war wieder auf der sicheren Seite. Vorerst. Denn erneut kämpften sich die Gäste heran; Renfroe und Savanovic sicherten ihrem Team aber einen 50:45-Vorsprung zur Pause.

Sicherheit brachte dies aber keine, im Gegenteil: Die Bonner legten zu Beginn der zweiten Halbzeit einen 10:0-Lauf hin, die Bayern benötigten vier Minuten, ehe sie die ersten Punkte erzielten. Wie ein Virus breiteten sich die Unsicherheiten im Bayern-Kader aus, keiner der Hochgelobten war vor leichten Fehlern oder schlechten Würfen gefeit. "Hier laufen viele große Namen herum", meinte Pesic, "aber wir sind in keiner guten physischen Verfassung." Auf Bonner Seite fielen die Würfe, die Gäste legten vor und bestimmten im dritten Viertel das Spiel. Immerhin setzte Renfroe Impulse, die Bayern blieben dran mit 67:69 vor dem Schlussabschnitt.

"Wenn du ohne Defense spielst, funktioniert auch die Offense nicht", erklärt Nihad Djedovic

Pesic, der wiederholt dem Spiel den Rücken zudrehte, um seiner Bank impulsiv die Fehler der Mitspieler auf dem Parkett zu erklären, musste mitansehen, wie sich die Partie zu einer Nervenprobe entwickelte - der seine Auswahl nicht gewachsen war. Kämpferisch konnte er ihr keinen Vorwurf machen, allein die Bonner hatten auf alle Bemühungen eine bessere Antwort. "Wenn du ohne Defense spielst, funktioniert auch die Offense nicht", erklärte Djedovic die Hauptursache für die Niederlage.

"Bonn hat ein gutes Spiel gemacht", ergänzte Trainer Pesic, in dessen Team in Savanovic (27 Punkte), Djedovic (20) und Renfroe (13) drei Spieler zweistellig gepunktet hatten. Er wollte die Qualität dieses und auch späterer BBL-Gegner nicht unerwähnt lassen, was die Findungsphase nicht erleichtere. Und die Euroleague? "Wenn wir da so spielen, haben wir keine Chance."

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