Basketball:Raus aus dem Versteck

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Der NBA-erfahrene Dorell Wright entfaltet bei den Bambergern, unter dem neuen Trainer Luca Banchi, seine Stärken und soll in der Halbfinalserie gegen den FC Bayern zum Schlüsselspieler werden.

Von Matthias Schmid

Als Dorell Wright die Münchner Arena verließ, trug er seine weißen Turnschuhe in der linken und eine Flasche Wasser in der rechten Hand. Die Trainingsjacke hatte er akkurat um die Hüfte gebunden. Der Basketballer des deutschen Meisters Brose Bamberg sah Pfingstsonntag auf dem Weg zum Bus aus wie ein Freizeitspieler, der mit seinen Kumpels auf dem Platz in der Nachbarschaft ein wenig gezockt hatte. Er blieb kurz stehen, als ihn ein Vater um ein Selfie mit beiden Kindern bat. "Natürlich", entgegnete Wright höflich, der auf mehr als 500 Spiele in der NBA, in der stärksten Basketballliga des Planeten zurückblickt. "Du bist ein großartiger Typ", bedankte sich der Vater, bevor Wright im Bus verschwand.

Irgendwie fasste diese Szene das erste Halbfinalspiel beim FC Bayern perfekt zusammen, das die Münchner 95:72 gewannen. Die Bamberger um Wright wirkten zu brav, zu entspannt, um das Team von Dejan Randonjic ernsthaft fordern zu können. "Wir müssen zu Hause mehr Einsatz und Härte zeigen", gab Wright zu, "die Münchner wollten den Sieg einfach mehr als wir." Dramatisieren wollte der Amerikaner den etwas verstörenden Auftritt aber nicht, denn bereits an diesem Mittwoch (20 Uhr, Brose-Arena) geht es in der Best-of-five-Serie weiter: "Wir dürfen jetzt nicht in Panik verfallen, weil es erst das erste Spiel einer langen Serie war."

Für seine Größe ein flinker Spieler und schon mit 20 Jahren NBA-Meister: Bambergs Dorell Wright. (Foto: imago/Nordphoto)

Wright hat schon zu viel erlebt, als dass ihn die Überlegenheit der Bayern sonderlich beunruhigen könnte. Bereits im Alter von 20 Jahren durfte er sich den goldenen NBA-Meisterring der Miami Heat überstreifen, obwohl er in den Playoffs von der Bank aus zusehen musste, wie Shaquille O'Neil, Gary Payton und Dwyane Wade im Endspiel die Dallas Mavericks um Dirk Nowitzki besiegten. Der 32-Jährige kennt die verrückten Irrungen und Wendungen, die der Meisterrunde innewohnen können.

Dass die Bamberger nach einer eher missratenen Hauptrunde samt Trainerwechsel überhaupt im Halbfinale vorspielen dürfen, liegt auch an Wright, der unter dem neuen Trainer Luca Banchi seine Stärken entfalten konnte. Im Viertelfinale gegen Bonn war der 2,06 Meter große Flügelspieler der erfolgreichste Werfer, 62 Punkte sammelte er insgesamt und deutete an, dass er in den Playoffs gemeinsam mit Daniel Hackett und Nikos Zisis einer der Spieler sein kann, die ein Duell zugunsten der Bamberger entscheiden können.

"Wenn es darauf ankommt, darf man sich nicht mehr verstecken", gibt Wright seine Maxime vor. Viele Amerikaner halten die Hauptrunde für eine Art Vorspiel, für sie zählen nur die Playoffs, die Meisterrunde, wenn es darum geht, am Ende den Pokal in die Höhe recken zu dürfen. Auch in Bamberg haben sie registriert, dass die erfahrenen und hochdekorierten Profis wie Hackett, Zisis und Wright in den Übungseinheiten noch mal fokussierter auftreten, sie kommen früher in die Halle und verlassen sie später. "Wir wollen Meister werden", sagt Spielmacher Zisis.

Umso verwunderlicher war es, dass sich die Bamberger in München auf fast schon groteske Weise 18 Ballverluste leisteten. "Wir müssen jetzt alles besser machen und mit deutlich mehr Konzentration und Energie spielen", findet Wright. Obwohl er als zweitbester Bamberger Werfer (Hackett sammelte 25 Zähler) auf 17 Punkte kam, hatte er Probleme mit der Verteidigung der Münchner. Vor allem Nihad Djedovic machte ihm das Leben schwer, indem er ihn auf Schritt und Tritt verfolgte und ihn fast mit dem Bauchnabel deckte, so dass Wright kaum Platz für seine Würfe und seine raumgreifenden Dribblings bekam. Für seine Größe ist er eigentlich ein flinker Spieler, der Angriffe mit seinem exzellenten Wurf von außen, aber auch nach verwegenen Täuschungen per Korbleger abschließen kann. Am liebsten steht er aber in der Ecke des Feldes und lauert, er wirkt dann fast so, als wolle er nicht mehr am Spiel teilnehmen - bis er den Ball bekommt. Und aus dem Stand den Gegenspieler narrt. Obwohl jeder weiß, was kommt, kann man ihn am Werfen kaum hindern. Er täuscht einen Wurf an, alles auf engstem Raum und von einem Gegenspieler bewacht, er stoppt abrupt ab, er macht einen schnellen Schritt nach links oder rechts, um sich dann nach hinten fallen zu lassen und den Ball über den Gegenspieler hinweg zu lotsen. "Dorell ist ein begnadeter Werfer", schwärmt Cheftrainer Banchi. Doch gegen München bekam er in Spiel eins kaum Gelegenheit dazu und verwandelte nur zwei Distanzwürfe - die Bayern verbauten bereits die Passwege zu Wright.

"Ich muss im nächsten Spiel ein besserer Mitspieler auf beiden Seiten des Courts werden", sagt Wright, der in Bamberg hin und wieder auch als Power Forward aushelfen muss, auf der großen Flügelposition, die ihn auch in Duelle gegen die schwereren, größeren Jungs zwingt, zum Beispiel gegen Münchens Danilo Barthel.

Dass Wright nach der Saison Bamberg wieder verlassen wird, steht für ihn fest. Ihn zieht es in die Staaten zurück, zu seiner Frau und seinen beiden Buben. "Ich habe noch vier gute Jahre vor mir", sagt er. Der Mann aus Los Angeles hofft, wieder in der NBA unterzukommen, wo sein Bruder Delon bei den Toronto Raptors aufläuft.

© SZ vom 23.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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