Basketball:Chemiker ans Werk

Brose Baskets Bamberg - ratiopharm Ulm

Will mehr als den Moment festhalten: Darius Miller sichert sich in Bamberg nach dem entscheidenden Sieg zur Titelverteidigung das Korbnetz.

(Foto: Nicolas Armer/dpa)

Bamberg will nach seiner Titelverteidigung jetzt auch Europas Basketballwelt erobern und hofft, dass Uli Hoeneß dabei hilft.

Von Joachim Mölter, Bamberg

Wenn man einen aus der Mannschaft des alten und neuen Basketball-Meisters aus Bamberg hervorheben soll, dann wohl Darius Miller, den laut Expertenvotum wertvollsten Spieler der Finalserie gegen Ratiopharm Ulm: Schon bei Bambergs erstem Sieg vor einer Woche (101:82) und dann erneut beim dritten und entscheidenden am Sonntag (92:65) hatte der 26 Jahre alte Amerikaner wegweisende Dreier verwandelt; insgesamt kam er in den drei Partien der Best-of-five-Serie auf 16 Treffer bei 19 Würfen, eine unfassbare Erfolgsquote von 84,2 Prozent. Doch als die Brose Baskets Bamberg in ihrer Arena den Pokal in Empfang nahmen, ließ Miller seinen Teamkollegen den Vortritt und sie im Scheinwerferlicht stehen - er blieb im Hintergrund. "Darüber habe ich gar nicht nachgedacht", sagte er, "ich freue mich über die Auszeichnung als MVP, aber das Wichtigste war die Meisterschaft. Die haben wir als Mannschaft gefeiert."

Der Flügelspieler beansprucht auch auf dem Spielfeld keinen Platz in der ersten Reihe, obwohl er das als ehemaliger NBA-Profi sicher könnte. Er kommt meistens von der Bank, so wie Spielmacher Nikos Zisis, einst Europameister und WM-Zweiter mit Griechenland sowie Euroleague-Champion mit ZSKA Moskau. "Der beste stille Anführer, den sich ein Trainer wünschen kann", wie Bambergs Trainer Andrea Trinchieri sagt.

Dem 47 Jahre alten Italiener ist es gelungen, aus einem Dutzend Profis aus diversen Ländern ein bemerkenswert homogenes Ensemble zu formen. Es ist deshalb nach der erfolgreichen Titelverteidigung viel von "Teamchemie" die Rede gewesen. "Jeden Tag hat ein anderer die Mannschaft angeschoben", schwärmte Meistermacher Trinchieri, "wir haben verschiedene Spieler, die uns zum Sieg führen können." Neben Miller und Zisis war das vor allem der Amerikaner Brad Wanamaker, der als wertvollster Spieler der Bundesliga-Saison ausgezeichnet wurde. Aber auch der Italiener Nicoló Melli, der Lette Janis Strelnieks, der Kroate Leon Radosevic sowie die Deutschen Daniel Theis, Elias Harris, Patrick Heckmann und Lucca Staiger trugen immer wieder etwas bei, wenn es gebraucht wurde. "Unser Zusammenhalt war ein großer Teil des Erfolges", sagte Miller: "Wir haben es genossen, miteinander zu spielen."

Es mache Spaß, den Bambergern beim Spielen zuzuschauen, "ihre Ballbewegung ist traumhaft", gab selbst Thorsten Leibenath zu, der Trainer der unterlegenen Ulmer. Denen war zwar auch bei ihrer dritten Finalteilnahme nach 1998 und 2012 kein Sieg in der Best-of-five-Serie gelungen, aber dass sie überhaupt so weit gekommen waren, war schon ein Erfolg. Nach dem Saisonstart mit sieben Niederlagen in neun Spielen tauschten sie Personal aus, dann wurden sie von Verletzungen heimgesucht und retteten sich quasi nur noch zu Siebt in die Playoffs, wo sie dann den Tabellenzweiten Oldenburg und den Dritten Frankfurt aus dem Wettbewerb warfen. Am Sonntag hatten sie einfach keine Kraft mehr, um länger als eine Halbzeit Widerstand zu leisten, vor allem nicht nach dem 90:92 nach Verlängerung am Mittwoch zuvor in Ulm. Trotzdem gab es auch für sie ein Lob von Trinchieri: "Thorsten hat Erstaunliches geleistet. Während der Saison so eine Chemie zu finden, ist nicht einfach."

Die richtige Chemie in einer Mannschaft herzustellen, ist generell nicht leicht. "Die ist unbezahlbar", findet Rolf Beyer, als Geschäftsführer sozusagen der Laborleiter der Bamberger Chemiker. "Es wird schwierig, noch mal so ein Team zusammenzubringen, aber wir arbeiten daran." Zehn der zwölf Stammspieler bleiben, nachdem Miller seinen Vertrag jüngst bis 2018 verlängerte. "Mit den anderen zwei sprechen wir intensiv", sagt Beyer; dabei handelt es sich um die europaweit umworbenen Guards Wanamaker und Strelnieks.

"Es kann nicht unser Ziel sein, neun- oder zehnmal deutscher Meister zu werden"

Michael Stoschek, Aufsichtsratschef der Bamberger Basketball-GmbH und Vorsitzender von deren Hauptsponsor Brose, sagte nach dem achten Titelgewinn des Klubs: "Es kann nicht unser Ziel sein, neun- oder zehnmal deutscher Meister zu werden. Logisch, dass wir jetzt unter die ersten Acht in Europa kommen wollen." Das hat noch kein deutscher Klub geschafft, weshalb Rolf Beyer für die geplante Eroberung Europas schon mal "die eine oder andere Überraschung" ankündigte; darunter ist wohl die eine oder andere namhafte Verstärkung zu verstehen.

Stoschek hat jedenfalls die weitere Unterstützung seines Unternehmens versprochen, aber auch die Basketball-Bundesliga (BBL) in die Pflicht genommen: Dass das Finale nicht frei empfänglich im Fernsehen zu sehen war, sondern nur auf Internet-Plattformen der Telekom, ärgerte ihn. "So kann man einen Sport nicht populär machen", findet er: "Wie soll ich den Etat erhöhen, wenn ich den Sponsoren keine TV-Präsenz als Gegenleistung bieten kann?" Stoschek forderte, dass die BBL-Führung den bestehenden Vertrag nachverhandelt.

Dabei hofft er vor allem darauf, dass Uli Hoeneß beim FC Bayern in Amt und Würden zurückkehrt. Der hatte bei seinem Einstieg ins Basketball-Geschäft einst auch das Thema Fernsehvermarktung angeschoben. "Ich freue mich, wenn er im Herbst zurückkommt und das Thema wieder vorantreibt", sagte Stoschek. Ähnliches hofft auch Beyer: "Ich bin guter Dinge, dass der FC Bayern nächste Saison wieder angreifen wird, das treibt auch uns an." Konkurrenz belebe das Geschäft, erinnert Stoschek: "Irgendein Dauersieger ist nicht interessant fürs Publikum." Wahrscheinlich nicht mal, wenn er so schön aufspielt wie Bamberg.

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