Basketball-Bundesligist FC Bayern:Lieber Nowitzki, komm doch zu uns!

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Erster Sieg im ersten Heimspiel, doch richtig zufrieden sind sie nicht: Die Bundesliga-Basketballer des FC Bayern müssen beim 90:87 gegen Braunschweig erkennen, dass sich ihre Ziele wohl nicht verwirklichen lassen. Der Meisterschaftsanwärter sucht nach Verstärkungen und fasst zwei NBA-Profis ins Auge. Am Geld soll es nicht mangeln, heißt es. Uli Hoeneß sei Dank.

Jonas Beckenkamp

Direkt nach dem Spiel hatte Steffen Hamann eine SMS bekommen: Er solle an seinen Freiwürfen arbeiten. Der Absender? Bastian Schweinsteiger, der derzeit mit der DFB-Elf auf Länderspielreise ist. Der Basketballer und sein Vereinskollege aus der Fußballabteilung des FC Bayern sind mittlerweile dicke Kumpels, die einander den einen oder anderen Spruch einschenken. Spielmacher Hamann erzählte das gut gelaunt den Reportern, die nach dem ersten Bundesliga-Heimsieg der Basketballabteilung des FCB nach 22 Jahren auf ihn gewartet hatten.

Denkt er an Dirk Nowitzki oder überlegt er, wie seine Abwehr in Zukunft weniger Punkte zulassen könnte: Bayern-Trainer Dirk Bauermann. (Foto: dapd)

90:87 (41:40) hieß es am Ende für die Münchner, ein ziemlich knappes Ergebnis einer umkämpften Partie - die auch andersherum hätte ausgehen können, weil Hamann und seine Mitstreiter lange Zeit nach Fouls des Gegners einfach daneben warfen. Nur 22 von insgesamt 39 Freiwürfen verwandelte der Aufsteiger, ein dürftiger Wert. Allein Kapitän Hamann zielte sechs Mal knapp vorbei. Dass er ansonsten ein gutes Spiel (13 Punkte) gemacht hatte und seine restlichen Versuche alle in den Korb fielen, bewahrte den Nationalspieler nicht vor der (scherzhaften) Schelte seines Fußballerspezis.

"Dass es so spannend wurde, müssen wir uns selbst ankreiden. Neben den Freiwürfen hat vor allem unsere Defensive nicht gepasst, das haben wir auch vom Trainer zu hören bekommen," erklärte Hamann und lag richtig. Die vergebenen Punkte von der Linie waren nur ein Mosaiksteinchen der Beinahe-Niederlage des Teams von Coach Dirk Bauermann. Wie schon bei der Pleite in Bonn hakte es vor allem in der Abwehr. Die Braunschweiger konnten sich zu Beginn die orange Kugel zuwerfen, als hätten sie es mit Schweinsteiger und seinen Fußballkollegen zu tun. "Wir haben hier eine große Chance vertan, nachdem wir gut gestartet waren," sagte der Braunschweiger Trainer Sebastian Machowski.

Bayern-Coach Bauermann gefielen die Nachlässigkeiten überhaupt nicht, schließlich gilt er mit seiner Defensiv-Orientierung als eine Art Huub Stevens des Basketballs. Warum hinten trotzdem immer wieder Löcher zu finden waren, konnte sich später keiner recht erklären - der plausibelste Grund ist wohl ein weiteres Mosaiksteinchen, das an diesem Abend noch nicht passte: Der neu zusammengestellten Mannschaft fehlt die Abstimmung. Oder wie es Topscorer Jonathan Wallace (25 Punkte) ausdrückte: "Wir müssen uns noch finden, ist doch klar. Wir trainieren ja erst zwei Wochen in Vollbesetzung zusammen."

Schaulaufen für das gehypte Basketball-Experiment

Angesichts der Umstände sei die Begegnung gegen Braunschweig ein "big win" gewesen, so der kleine Flügelspieler, der besonders in der zweiten Halbzeit wichtige Punkte erzielte. Bauermann sagte: "Wallace war heute spielentscheidend. Wir hatten Probleme, unseren Rhythmus zu finden und mussten unsere Nerven in Griff kriegen." Damit erinnerte der ehemalige Bundestrainer daran, dass die Begegnung eben nicht irgendein BBL-Spiel war, sondern eine Art Schaulaufen für das gehypte Basketball-Experiment in München.

Die Erwartungen an das Projekt sind riesig, das wissen trotz aller Erfahrung auch die Akteure. "In der Kabine waren die Spieler so erleichtert, dass sie sich kaum freuen konnten", sagte Bauermann.

Wer die bisherigen Auftritte der Münchner verfolgt hat, muss zu dem Schluss kommen, dass das von Präsident Uli Hoeneß ausgegebene Ziel Meisterschafts-Halbfinale in der derzeitigen Konstellation schwer zu erreichen ist. "Die Anspannung war groß, wir wussten nicht, was uns hier erwartet," gab auch Nationalspieler Jan-Hendrik Jagla zu, dessen persönliche Krise dank zehn Punkten und acht Rebounds endlich ein Ende zu finden scheint.

Am Geld scheitert es bei Hoeneß nicht

Dass sich die Dinge bei den Bayern auf dem anspruchsvollen Level der BBL erst einrenken müssen, scheint klar. Und auch in Sachen Personalplanung ist offenbar noch einiges möglich - am Geld scheitert es dank der Geberlaune von Hoeneß nicht. Nach dem kurzfristigen Abschied des als Center eingeplanten Sharrod Ford (er bat aus persönlichen Gründen um Auflösung seines Vertrags), wollen die Münchner in den kommenden Wochen noch mindestens einen erfahrenen Riesen holen. Wer das sein könnte, ist noch unklar, aber weil die NBA-Saison wegen des Tarifstreits auszufallen droht, kursieren immer wieder ganz große Namen.

Zuletzt wurde über Chris Kaman von den LA Clippers spekuliert, der bei der EM in Litauen einer der besten Deutschen war und bereits Interesse an einem Engagement in Europa bekundete. "Chris ist ein hochinteressanter Spieler. Wenn die Saison komplett ausfallen würde, müsste man darüber nachdenken, da gibt's keine Frage", sagte Bauermann dem TV-Sender Sport1, "und dann gäbe es da ja noch einen anderen hochinteressanten Mann." Dieser Mann heißt Dirk Nowitzki und er wäre zweifelsohne die Riesen-Attraktion beim ambitionierten Liga-Neuling.

Münchner geben Hoffnung auf Nowitzki nicht auf

Zwar hatte der lange Blonde aus Dallas erst kürzlich einen Wechsel nach Deutschland ausgeschlossen, um keinen der großen drei Klubs aus Bamberg, Berlin und München zu verprellen ("Wenn ich mich für einen entscheiden würde, wäre die beiden anderen sauer"). Doch wie es scheint, haben die Münchner noch nicht alle Hoffnungen aufgegeben. Entscheidend dürfte sein, ob die NBA-Saison tatsächlich im Ganzen abgesagt wird, weil sich die Spielergewerkschaft mit den Teambesitzern nicht auf einen neuen Tarifvertrag einigen kann.

Derzeit deutet vieles auf einen Ausfall hin, erst am Dienstag wurden erneut Verhandlungen ergebnislos abgebrochen und alle Vorbereitungsspiele abgesagt - darüber hinaus kündigte NBA-Chef David Stern an, dass er am kommenden Montag die ersten zwei Ligawochen streichen will. Sollte der Lockout tatsächlich ausgedehnt werden, würde sich wohl auch Nowitzki ernsthafte Gedanken machen, ob er nicht doch für ein paar Monate in seiner Heimat anheuert. Freiwürfe kann Deutschlands bester Basketballer übrigens besonders gut - Ermahnungen von Chefkritiker Schweinsteiger blieben ihm somit erspart.

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