Basketball:Aus dem Schatten

Lesezeit: 2 min

"Hoffentlich wird nicht von mir erwartet, dass ich jede Hälfte so spiele." - Maodo Lo (links) gegen Dänemark. (Foto: Claus Bergmann/Imago)

Es geht auch ohne Dennis Schröder: Sein Stellvertreter Maodo Lo verstärkt die deutschen Basketballer bei der EM-Qualifikation.

Von Matthias Schmid, München/Kiel

Der Mann, über den in den vergangenen Wochen am meisten gesprochen wurde, fand sich am Mittwochabend in der Halle ein. Aber anders, als sich das seine Fans gewünscht hatten, saß Dennis Schröder in Jeanshose, die drei Nummern zu groß war, Kapuzenpulli und roter Baseballcap auf der Tribüne in der Kieler Arena. Der Spielmacher des NBA-Klubs Atlanta Hawks schaute zu, wie sich die deutsche Basketball-Nationalmannschaft in ihrem ersten Qualifikationsspiel für die EM 2017 präsentierte. Schröder, der aufregendste deutsche Basketballspieler nach Dirk Nowitzki, hatte seine Teilnahme an den Spielen gegen Dänemark, Österreich und die Niederlande abgesagt, nachdem ihm sein amerikanischer Klub zugesichert hatte, erstmals dauerhaft für Atlantas Startformation vorgesehen zu sein. Er wolle sich deshalb voll und ganz dieser Aufgabe widmen, kündigte Schröder an. Auftritte in Europa hätten da nur die Vorbereitung gestört.

Es geht auch ohne seine Spielkunst, zumindest in der Partie gegen Dänemark. Nach nervösem Beginn siegte die Mannschaft von Bundestrainer Chris Fleming 101:74. Nur der Erste der Vierergruppe ist sicher bei der EM dabei, was angesichts der zweitklassigen Konkurrenz machbar sein sollte. Dass Schröder während des Spieles mehrmals so begeistert aus seinem Sitz hüpfte, dass sich seine US-Trainer Sorgen um seine Sprunggelenke machen sollten, lag an jenem Profi, der eigentlich sein Adjutant sein sollte. Maodo Lo war als Schröders Schatten auserkoren, der 23-Jährige sollte von ihm lernen und behutsam an den europäischen Basketball herangeführt werden. Denn Lo hat im Erwachsenenalter nur auf dem US-College gespielt. Am Ende sammelte Lo mit 17 Punkten die meisten Zähler. "Klar ist das gut für mein Selbstbewusstsein", sagte Lo, "aber hoffentlich wird nicht von mir erwartet, dass ich jede Hälfte so spiele."

Die Spielmacherposition hatte als Schwachstelle gegolten

In der Tat dürften Schröder auf der Tribüne und Fleming an der Seitenlinie positiv überrascht gewesen sein, dass Lo seine Stärken für die Mannschaft gleich auf Anhieb so prägend und gewinnbringend einsetzen konnte. Lo ist ein Künstler am Ball, der nicht nur in Höchsttempo zum Korb dribbeln kann, sondern auch mit cleveren Pässen seine Mitspieler besser macht und dazu noch aus der Ferne werfen kann.

Die Spielmacherposition hatten etliche Experten als Schwachstelle im deutschen Team ausgemacht, weil Fleming Spieler berief, die normalerweise nur dritte Wahl wären. Wie groß des Bundestrainers Kummer gewesen sein musste, als er hörte, dass nicht nur Schröder, sondern auch erfahrene Profis wie Heiko Schaffartzik (Nanterre/Frankreich), Per Günther (Ulm) und Anton Gavel (FC Bayern) ihr Mitwirken stornierten, zeigte sich in der Berufung von Makai Mason. Der Aufbauspieler der Yale-Universität hatte zuvor noch niemals Europa bereist. Doch dann meldete sich dessen Vater, der als Soldat einige Zeit in Deutschland verbrachte, bei Fleming, um ihm mitzuteilen, dass die Mutter seines Sohnes aus Mainz stamme.

Nach Los erstaunlicher Darbietung ist Fleming nun sehr viel wohler: "Maodo hat sich in den letzten Wochen sehr gesteigert", lobte der 46-Jährige: "Er hat uns sehr gut geführt. Dabei hat er dieses Jahr eine komplett andere Rolle als bei der EM." Beim Kontinental-Turnier 2015 spielte Lo, der zur neuen Saison zum deutschen Meister Bamberg wechselt, nur wenige Minuten. "Damals habe ich viel mit Dennis geredet", erzählte Lo, "ich versuche das umzusetzen, was er mir gesagt hat." In den Staaten scheint Lo momentan noch bekannter zu sein. Zum Ende seiner Collegezeit brachte die N ew York Times gar ein Porträt des damaligen Studenten der Columbia University. In Deutschland muss der Sohn der zeitgenössischen Malerin Elvira Bach und des Senegalesen Alioune seine Vita noch korrigieren. Sein neuer Klub in Bamberg gibt sein Geburtsdatum mit 12. März 1992 an. Richtig ist: "Silvester, der 31.12.", wie Maodo Lo in Kiel mit einem Lächeln klarstellte. Nebendran stand Dennis Schröder und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter.

© SZ vom 02.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: