Basketball:Aufgefallen als Unsichtbare

Anne Panther Schiedsrichterin ALBA Berlin vs ratiopharm Ulm Basketball BEKO Basketball Bundesliga

Konsequent an der Pfeife: Anne Panther hat so viel Erfahrung in der Basketball-Bundesliga der Männer gesammelt, dass sie nun in Rio Spiele leiten darf.

(Foto: imago/Bernd König)

Anne Panther ist eine von nur fünf Schiedsrichterinnen in Rio. Ein Einsatz bei Männer-Spielen ist nicht ausgeschlossen.

Von Joachim Mölter

Ganz am Anfang ihrer Karriere als Basketball-Schiedsrichterin hat Anne Panther mal das gemacht, was man als Schiedsrichter generell nie machen darf: Sie hat bei einer Entscheidung gezögert.

Anne Panther hatte gerade beim Albert-Schweizer-Turnier des Deutschen Basketball Bundes (DBB) - einer Art inoffizieller Jugend-WM, die alle zwei Jahre in Mannheim ausgetragen wird - die Partie zwischen den USA und Serbien geleitet, als sie mit einem amerikanischen Betreuer ins Gespräch kam. "Und, was machst du hier", fragte der. "Ich hab' gerade das Spiel gepfiffen", sagte sie. "Hast du nicht", widersprach der Mann: "Da war keine Frau auf dem Feld, das wär' mir aufgefallen."

Das war der Moment, als Anne Panther überlegte, ob sie das als Beleidigung auffassen sollte - nicht als Frau erkannt worden zu sein. Nach kurzem Zögern entschied sie, die Bemerkung als Kompliment zu nehmen. "Wenn man als Schiedsrichter nicht wahrgenommen wird", sagt sie, "hat man einen guten Job gemacht."

Nun ist es aber so, dass durchaus wahrgenommen wird, wenn man als Schiedsrichter einen guten Job macht: Der Weltverband Fiba hat die 34-Jährige für die Olympischen Spiele in Rio berufen, als eine von nur fünf Frauen unter den insgesamt 30 Unparteiischen. Und es ist nicht so, dass sie da nur bei Frauen-Spielen pfeifen soll. "Ich war im Januar schon vor Ort beim Testturnier", erzählt sie, "und dort wurde uns von Verantwortlichen des Weltverbandes mitgeteilt, dass die Frauen durchaus die Chance haben, bei Männer-Spielen eingesetzt zu werden." Es könnte also sein, dass auch die Berühmtheiten aus der amerikanischen Profiliga NBA auf die 1,75 Meter große Frau hören müssen. "Wenn man die Chance hätte, solche Spieler zu pfeifen, wäre das ein Bonbon", sagt sie, "aber darüber denke ich nicht nach."

Sie denkt auch nicht darüber nach, dass sie als Frau in einem Männer-Spiel hierzulande immer noch eine Sonderstellung einnimmt, "für mich ist das normal", sagt sie, "ich glaube, das ist eher ein Medien-Thema". So wie im Frühjahr zum Beispiel, als sie in der Bundesliga bei der Partie Berlin gegen Bonn eingeteilt war und als Chefin des dreiköpfigen Schiedsrichter-Teams nach einem Handgemenge insgesamt sieben Profis vom Platz stellte. "Es war nicht die einzige Disqualifikation oder einzige Rudelbildung, die wir in den vergangenen Saisons hatten", sagt sie nur.

Aber sie trug halt die Verantwortung. In Deutschland ist es immer noch ungewöhnlich, dass eine Frau in der höchsten Männer-Liga schiedsrichtern darf. Bibiana Steinhaus zum Beispiel, eine Kollegin aus dem Fußball, ist noch nicht über die zweite Liga hinausgekommen. Aber im Fußball ist es ja scheinbar auch noch immer ein Sakrileg, wenn eine Frau ein Männer-Spiel kommentiert, wie die Fernsehjournalistin Claudia Neumann jüngst bei der EM in Frankreich erfuhr. Derart schlechte Erfahrungen hat Anne Panther beim Basketball nicht gemacht. Da "findet keine Differenzierung statt", sagt sie: "Der Verband hat immer wieder klargestellt, dass es für ihn um die Leistung geht. Jede Frau, die die erforderliche Qualität nachweist, wird auch die Chance erhalten, bei den Männern zu pfeifen." Und von den Profis werde sie auch nicht anders behandelt als ihre männlichen Kollegen: "Wenn es eine Fehlentscheidung gegeben hat, wird genauso lamentiert."

Die gebürtige Rostockerin, die heute in Ludwigshafen lebt, hat sich mit dem Schiedsrichtern einst nur ein bisschen Taschengeld nebenbei verdienen wollen, wie sie erzählt. Daraus ist dann eine steile Karriere geworden: Vor sieben Jahren pfiff sie erstmals in der Männer-Bundesliga; seit vier Jahren wird sie von der Fiba auch international eingesetzt. In der abgelaufenen Saison pfiff sie 70 Partien, die meisten bei den Männern.

Ihre Karriere als Spielerin, die sie bis in die zweite Liga geführt hat, geriet da bald in den Hintergrund. Zuletzt ist sie nur noch sporadisch beim USC Heidelberg in der Regionalliga aufgelaufen; nach ihrer Olympia-Nominierung hat sie auch das sein lassen. Das Risiko einer Verletzung und damit des Aus' für Rio erschien ihr zu hoch.

Für Olympia hat sie sich nach Trainingsplänen der Fiba vorbereitet, auch als Schiedsrichter muss man ja fit sein. Im Gegensatz zu den Spielern kann man sich keine Verschnaufpause auf der Bank nehmen. "Wir müssen 40 Minuten höchstes Tempo mitgehen, müssen immer die ersten sein, die an der Grundlinie sind", sagt sie: "Und wir müssen zu jeder Zeit die volle Konzentration haben - der letzte Wurf kann eben der entscheidende sein."

Dass man als Schiedsrichter auch Fehler macht, weiß Anne Panther. Aber mit der Zeit hat sie gelernt, wie auf was zu achten ist; ständige Videoanalysen und regelmäßige Einsätze haben ihr Auge geschult. Heute sagt sie: "Wir sind darauf vorbereitet, innerhalb von Sekundenbruchteilen eine Entscheidung zu fällen." Zögern gibt's nicht mehr.

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