Basketball:Auf der Intensivstation

Telekom Baskets Bonn vs Leon Radosevic Brose Bamberg Verletzung verletzt Hauptrunde 19 Spi

Erneuter Schock: Leon Radosevic (am Boden) verletzte sich in Bonn am Knöchel, die verletzungsgeplagten Bamberger befürchteten wieder das Schlimmste. Am Montag gab es Entwarnung, der Center fehlt nur ein paar Tage.

(Foto: imago/Wolter)

Die Bamberger müssen in Bonn die höchste Bundesliga-Niederlage seit vielen Jahren hinnehmen und drohen als Meister gar die Playoffs zu verpassen. Geschäftsführer Beyer storniert seine USA-Reise.

Von Matthias Schmid

Leon Radosevic hat am Montagmittag die Arztpraxis selbständig verlassen können, ohne Gehhilfe. Das ist die gute Nachricht. Im Sprunggelenk des Centers ist nichts gerissen, wie die Kernspinuntersuchung bestätigte. Ein paar Tage darf Radosevic, 27, seinen Fuß dennoch nicht voll belasten. Das können er und sein Klub verschmerzen. Denn beim Basketball-Bundesligisten Brose Bamberg hatten sie Schlimmeres befürchtet, ein weiterer längerer Ausfall hätte ins Bild einer Saison gepasst, in der alles schiefzugehen scheint. Das Sprunggelenk hatte sich Radosevic am Sonntagabend bei der 69:106-Niederlage Bonn verstaucht, wo bereits Daniel Hackett (Finger) kurzfristig fehlte. Es war Bambergs höchste Niederlage in der Bundesliga seit dem 71:128 bei Bayer Leverkusen im November 2000, eine Demütigung, eine Vorführung im doppelten Sinne. Nach der siebten Saisonniederlage droht dem Meister nun sogar das Schicksal, aus den Playoff-Plätzen der besten Acht zu fallen. Noch liegen die Bamberger in der Tabelle auf dem siebten Platz, punktgleich mit dem Neunten Frankfurt (22:14) - und bereits am Sonntag müssen sie beim Tabellenzweiten Alba Berlin antreten.

Auch den erfahrenen Zisis lässt die Pleite ratlos zurück, er findet sie "peinlich"

Dabei hatte sich der Bamberger Patient nach der knappen Niederlage samt exzellenter Leistung (97:101) zuletzt im Pokalviertelfinale beim Tabellenführer FC Bayern auf dem Weg der Besserung gewähnt. Doch nun zeigt sich, dass alles noch viel schlimmer ist und er wegen eines abermaligen Schwächeanfalls auf die Intensivstation verlegt werden muss. Mit ungewissem Ausgang, weil ein probates Gegenmittel momentan nicht in Sicht ist. "Wir hatten in den vergangenen drei, vier Wochen Fortschritte gemacht", bestätigte Spielmacher Nikos Zisis, "in München haben wir sogar unser bestes Saisonspiel gespielt."

Der Grieche hat schon vieles erlebt in seiner Karriere, große Siege wie verstörende Niederlagen. Doch die Pleite in Bonn lässt den 34-Jährigen früheren Europameister ziemlich ratlos zurück. "Nicht akzeptabel", sei das, schimpfte Zisis nach der Partie und sprach von einer "peinlichen Niederlage". Ausreden wegen der vielen Verletzten ließ er nicht gelten, "wir sind Meister und müssen entsprechend auftreten".

Der leblose Auftritt am Sonntagabend nahm ihn ziemlich mit. Aber auch er konnte ihn auf dem Parkett nicht verhindern, weil seinem Spiel ebenfalls die Zielstrebigkeit und Überzeugung fehlte. Zumindest danach zeigte er seine Größe im Umgang mit der Niederlage. "Ich kann mich nur bei den Fans dafür entschuldigen", fand Zisis.

Dass das keine normale Niederlage in der Bundesliga war und sie noch länger nachhallen wird, konnte man auch daran erkennen, dass der Klub unmittelbar nach der Niederlage eine Botschaft von Geschäftsführer Rolf Beyer auf der Webseite verbreiten ließ, in der er ebenfalls um Entschuldigung bat. In Bamberg sind sie nach zuletzt drei gewonnenen Meisterschaften um ihre gesamte positive Außendarstellung der vergangenen Jahre besorgt. "Niederlagen gehören zum Sport dazu", teilte Beyer in der Erklärung mit: "Aber die Art und Weise, wie die Niederlage zustande gekommen ist und wie sich unsere Mannschaft in Bonn präsentiert hat, entspricht nicht dem Selbstverständnis von Brose Bamberg. Wir versichern Euch, dass dieses Spiel intern sehr intensiv aufgearbeitet werden wird."

Zur Aufarbeitung zählt, dass Beyer wegen der sportlichen Situation eine geplante Dienstreise in die USA kurzerhand stornierte: "Das wäre im Moment das falsche Signal." Stattdessen wird er sich an diesem Dienstag mit den Spielern und dem Trainerteam zusammensetzen, "um die vergangenen Wochen als Gruppe zu reflektieren". Schon nach dem verlorenen Pokalfinale 2015 gegen Oldenburg hatte dieser gruppentherapeutische Ansatz die erhoffte Wirkung gezeigt. "Wir können schon von jedem Spieler erwarten, dass er für den Klub kämpft und brennt", sagt Beyer.

Hoffnung macht Beyer die bevorstehende Rückkehr von Cheftrainer Trinchieri

Diese Leidenschaft hat er in Bonn nicht bei allen gesehen. Schon zur Pause hatten die Bamberger mit 22 Punkten zurückgelegen (31:53), so etwas Ähnliches wie seriöse Abwehrarbeit hielten einige Spieler für zu anstrengend. Die unangenehme Folge: Einmal mussten sie binnen zweieinhalb Minuten 13 Punkte hinnehmen. Aus einem ohnehin schon rauschhaften Bonner Team ragte der Kroate Tomislav Zubcic mit 33 Punkten noch heraus. Der Flügelspieler hätte seine Distanzwürfe wohl auch mit verbundenen Augen getroffen, mit sieben Dreiern verwandelte er drei mehr als die gesamte Bamberger Mannschaft zusammen.

Hoffnung macht Beyer allerdings die bevorstehende Rückkehr von Cheftrainer Andrea Trinchieri. Am Donnerstag soll der Italiener erstmals nach seiner Schulteroperation wieder das Training leiten. Am Freitag steht das nächste Spiel in der Euroleague gegen Panathinaikos Athen an. Ob er da schon wieder an der Seitenlinie stehen wird, ist noch offen. "Wir brauchen Andrea körperlich und mental frisch vor allem im letzten Saisondrittel", sagt Beyer. Ihm wäre es deshalb lieber, wenn sich sein Coach nach dem komplizierten Eingriff noch ein paar Tage schonen würde.

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