Basel schlägt die Bayern 1:0:Aschermittwoch beim FC Bayern

Die fünfte torlose Halbzeit in Serie: Nach dem späten 0:1 in Basel ist Bayerns Versetzung ins Viertelfinale der Champions League akut gefährdet. Das Bayern-Spiel ist erneut ideenarm, dann gelingen Basels deutschem Trainer Heiko Vogel die siegbringenden Wechsel. Nach der Partie wurde es in der Bayern-Kabine sehr laut.

Der 19. Mai, der 19. Mai, der 19. Mai. Dieses Datum ist so präsent beim FC Bayern wie schon lange keines mehr, an diesem Tag findet das Finale der Champions League statt, mitten in München - so weit die Fakten. Wie diese Fakten aber zu werten sind, das wissen die Münchner selbst nicht genau. Einerseits gilt das Datum als Fluch, weil es dazu verleiten kann, die Gegenwart zu vergessen, andererseits gilt das Datum als Segen: Es garantiert höchste Konzentration auch gegen Teams, die - zum Beispiel - aus der Schweiz kommen.

Basel schlägt die Bayern 1:0: Zu oft nur zweiter Sieger: Bayerns Arjen Robben (links), hier gegen Park Joo-ho.

Zu oft nur zweiter Sieger: Bayerns Arjen Robben (links), hier gegen Park Joo-ho.

(Foto: AP)

Die Spieler des FC Basel, Gastgeber der Bayern im Hinspiel des Champions-League-Achtelfinales, haben sich jedenfalls keine großen Hoffnungen gemacht, dass die Münchner sie unterschätzen könnten. Wenigstens diese Sorge war berechtigt: Überheblich spielten die Bayern nicht - aber ansonsten wirkt diese Elf im Moment alles andere als furchteinflößend. Nach der ideenlos erlittenen 0:1- Niederlage in Basel ist jetzt nicht nur die Versetzung ins Viertelfinale gefährdet - das Ergebnis bietet alle Voraussetzungen für ein handfestes Krisenszenario.

Die Zeichen waren nicht schwer zu deuten: Franck Ribéry verweigerte dem Trainer bei der Auswechslung den Handschlag, ein klassisches Krisensymptom, das Präsident Uli Hoeneß später empört zurückwies ("Wir sind hier nicht im Mädchenpensionat, vielleicht hat der Spieler sich nur über sich selbst geärgert"). Auffällig auch, dass die Spieler zunächst alle öffentlichen Kommentare vermieden und sich in die Kabine zurückzogen, aus der offenbar laute Töne nach draußen drangen.

Streitpunkt war angeblich das späte Gegentor, bei dem sich die halbe Mannschaft in beeindruckender Passivität übertölpeln ließ - Müller ließ Vorlagengeber Zoua gewähren, Rafinha rückte zu früh raus, Timoschtschuk hob das Abseits auf. "Wir stören da nicht energisch genug", sagte Trainer Jupp Heynckes später betont milde. Auch Hoeneß war demonstrativ bemüht, die Krise öffentlich nicht als Krise zu benennen: Das Spiel habe er "nicht gut gesehen", meinte er, "aber 0:1, das ist doch ein Ergebnis, das fürs Rückspiel alle Chancen offen lässt."

Kaum offensive Mittel

Bedenklich stimmt aber, dass den Bayern derzeit vor allem offensiv die Mittel fehlen. Die Elf hat nun schon fünf Halbzeiten ohne eigenen Torerfolg hinter sich, "das ist natürlich nicht der Fußball, den wir uns vorstellen", sagte Manuel Neuer, der das Ergebnis "nicht unverdient" fand. Der Torwart klang kritischer, was das Gegentor anbelangt: "Es kann nicht sein, dass ein Spieler allein am Sechzehnmeter-Raum entlangläuft."

Dabei hatte die Aufstellung, die Trainer Jupp Heynckes gewählt hatte, einen doppelt kühnen Plan verraten. Erstens wollte der Trainer demonstrativ etwas ändern im Vergleich zum müden 0:0 in Freiburg; zweitens hoffte er wohl, den Gegner mit der Aufbietung all seiner VIPs zu beeindrucken. Heynckes ließ Robben und Ribéry gleichzeitig von der Leine, zu den prominenten Flügelspielern gesellte sich im Offensivzentrum Toni Kroos, was garniert mit Mittelstürmer Mario Gomez ein Offensiv-Viereck ergab, bei dem man schon mal trocken schlucken kann, wenn man zufällig der FC Basel ist. Die Namensprahlerei brachte es mit sich, dass Thomas Müller nur ein Platz auf der Bank blieb.

Hätte sich Heynckes eine Einstandsszene malen können, es wäre womöglich diese dabei herausgekommen: Nach drei Monaten tat Robben das, was er immer macht, er zog vom Flügel nach innen, aber dann tat er, was er selten macht: Er flankte. Seine Flanke fand Ribéry, der drehte sich um seinen Gegenspieler, schoss - aber Torwart Sommer blieb so unbeeindruckt wie der ganze FC Basel.

Keine Einfälle, keine Ideen

Der deutsche Trainer Heiko Vogel, einst Jugendcoach beim FC Bayern, hatte einen ähnlichen Plan gefasst wie so viele Trainer, die ihre Elf auf den FC Bayern vorbereiten. Er ließ zwei eng stehende Viererketten schmieden und postierte davor die beweglichen Angreifer Frei und Streller. Die Basler machten es den Bayern nicht leicht, aber in dieser Anfangsphase war der 19. Mai durchaus noch eine Triebfeder fürs Spiel der Münchner.

Sie spielten engagiert und nicht so breit wie sonst; sobald der Ball in die Tiefe kam, wurde es gefährlich, etwa als Lahm den Ball zu Ribéry durchsteckte, der erneut an Sommer scheiterte (12.). Die Bayern traten auf wie eine Elf, die sich langsam in die Partie hineinspielt - umso überraschender, dass sie sich schnell wieder aus der Partie vertreiben ließen.

Es spricht für das derzeit labile Gemüt dieser Bayern-Elf, dass eine Zwischenoffensive des Außenseiters genügte, um den Lauf sofort zu unterbrechen. Erst musste Neuer bei einem Heber von Streller (16.) einen hübschen Reflex zeigen, kurz darauf folgte nach einem Kopfball von Dragovic der nächste, noch hübschere Reflex - Neuer lenkte den Ball an den Innenpfosten, von da kullerte er die Linie entlang, bis Badstuber klärte.

Normalerweise erschrickt sich der Kleine, wenn der Große ernst macht - hier erschrak der Große, als der Kleine seine Muskeln zeigte. Mitten in die Münchner Verwirrung hinein spielte Park einen schönen Pass auf Frei, dessen Linksschuss Neuer keine Chance auf einen hübschen Reflex ließ - aber der Ball prallte an die Latte (19.).

Ob mit solch bedenklichen Defensivlücken der 19. Mai wirklich ein Thema ist? Das muss offen bleiben - wie auch die Frage, ob ein Champions-League-Finalist im Offensivspiel nicht viel mehr zu bieten haben müsste als ein paar große Namen. Nach der kurzen Basler Tonfallverschärfung fiel der FC Bayern in den alten Breitband-Reflex zurück, der Ball wanderte von A nach B nach C nach B nach A, aber es fehlten Tempo, Rhythmuswechsel und Überraschungen aller Art.

Einfälle? Ideen? Sie waren auch nach der Pause kaum zu sehen. Heynckes wartete bis zur 71. Minute, ehe er Müller brachte, aber wie perfekte Wechsel aussehen, zeigte dann aber Heiko Vogel: Er wechselte Vorlagengeber Zoua ebenso ein wie den Torschützen Stocker. "Es gibt noch ein Rückspiel", sagte Jupp Heynckes am Ende noch. Es war die beste Nachricht des Abends.

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