Baseballspieler Kepler-Rozycki:Profi-Liga dank Ballettstunden

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Im Kader der Minnesota Twins: Maximilian Kepler-Rozycki, 22. (Foto: Jim Mone/AP)
  • Maximilian Kepler-Rozycki ging als 17-Jähriger in die USA, um Profi-Baseballspieler zu werden.
  • Jetzt, fünf Jahre später, schaffte er den Sprung in die höchste amerikanische Liga, die MLB.
  • Sein Talent für Baseball hat er von seinen Eltern, die sind allerdings Balletttänzer.

Von Johannes Knuth

Baseballspielern wird zuweilen ein robustes Gemüt nachgesagt. Werfer gegen Schlagmann, dieses Kernduell des Sports ist von den mentalen Anforderungen her durchaus mit dem Elfmeterschießen verwandt: Wer seine Emotionen zu sehr zeigt oder an sich heran lässt, hat schnell verloren. Der Baseball-Spieler Max Kepler stieß die Tür zu seinem Seelenleben zuletzt dann aber doch ein wenig auf. "Ich heule eher selten", sagte er. Aber als ihn vor kurzem diese Nachricht erreicht hatte, sei er dann doch ein wenig gerührt gewesen. Zumindest für einen Baseballspieler. "Mir sind fast die Tränen gekommen", sagte Kepler.

Maximilian Kepler-Rozycki, 22, aus Berlin, hatte gerade erfahren, dass ihn die Minnesota Twins in ihren Kader hochgestuft hatten. Vor kurzem gab er seinen Einstand für die Twins in der nordamerikanischen B´aseball-Liga MLB. Er ist der zweite Deutsche, der auf der größten und forderndsten Bühne auftreten darf, die sein Sport bietet. Der erste in Deutschland aufgewachsene Profi war Donald Lutz gewesen, er half in den vergangenen zwei Jahren bei den Cincinnati Reds aus. Lutz' Geschichte war deshalb eine besondere, weil er erst spät in diesen anspruchsvollen Sport hineingefunden hatte und nicht allzu viele Beobachter diese Beförderung erwartet hatten. Keplers Geschichte ist beachtlich, weil viele Beobachter von ihm genau diesen Sprung erwarteten.

An Kepler hängt ein gewaltiges Preisschild

Kepler gilt als vielleicht größtes Talent, das sie je aus Europa ins Mutterland des Baseballs verschifft haben. Die Twins hatten ihn 2009 als 17-Jährigen aus dem Sportinternat der Regensburg Legionäre herausgekauft, sie überwiesen 800 000 Dollar Handgeld, so viel hatte noch keine Baseball-Organisation für einen Spieler aus Europa bezahlt. Der Weg in die MLB ist freilich holprig, Nachwuchsspieler steigen in unterklassigen Ausbildungsligen ein, die meisten benötigen Jahre, ehe sie auf der höchsten Stufe eintreffen. Dass an Kepler ein gewaltiges Preisschild hing, machte seine Reise nicht gerade einfacher.

Kepler beteuerte stets, dass ihm die Summe nie im Kopf herumgeschwirrt sei. Er war damals einfach glücklich, mit 17 Jahren in Amerika seinem Traum hinterherzujagen, er, der Sohn zweier Balletttänzer, der Vater Pole, die Mutter Amerikanerin, beide wirken an der Deutschen Oper in Berlin. Sie hatten ihren Sohn früh mit Stabilisations-, Kraft- und Yoga-Übungen vertraut gemacht, das kam ihm nun zugute.

Kepler ist 1,93 Meter groß, kräftig, trotzdem schnell und flexibel. Er ist das, was die Amerikaner einen "Five-Tool-Player" nennen, einer, der fünf elementare Werkzeuge des Sports in seinem Baukasten hat: Schnelligkeit, Wurfkraft, Defensiv-Verhalten, Schlagkraft, Koordination. In der Offensive soll Kepler den vom gegnerischen Pitcher geworfenen Ball satt treffen, manche Würfe rauschen mit 160 Stundenkilometern heran. Die Erfolgsquote der besten Schlagmänner beträgt 30, im besten Fall knapp 40 Prozent. Versagen ist die Regel. Nur diejenigen, die sich eine gute Einstellung zurechtlegen, schaffen es nach oben.

Der Pfad dorthin führt durch ein halbes Dutzend Nachwuchsligen. Tausende Talente bewerben sich um wenige Plätze, sie verdienen kaum Geld, es gibt viele Träume, kaum Sicherheiten. "Ich bin jeden Tag mit der gleichen Mentalität da rausgegangen: Bleib positiv, auch wenn es nicht läuft", sagt Kepler. Auch sein Klub blieb geduldig, sie schoben ihn behutsam von einer Liga in die nächste, ehe Kepler in der aktuellen Saison sein Gesellenstück ablieferte: bester Spieler der stark besetzten Southern League, drei Homeruns im Meisterschaftsfinale, Mitte September gewannen sie den Titel. Kurz darauf riefen die Twins an.

"Fußball war cool, aber Baseball ist cooler"

Kepler wird in der aktuellen Saison nur punktuell in die Startformation rutschen, die Saison in der MLB ist fast vorbei, die Playoffs werden die Twins wohl knapp verpassen. Langfristig trauen sie ihm in Minnesota zu, dass er sich in die Mannschaft reinarbeitet. Es wäre ein wichtiger Impuls für den Sport, der sich in Keplers Heimat zwar professionalisiert, in der Breite aber schrumpft.

Im Winter betreut Kepler in Berlin ab und zu Nachwuchscamps, er weiß noch gut, wie das damals bei ihm lief. Zu Grundschulzeiten war er beim Nachwuchs von Hertha BSC Ersatztorwart und Stürmer, ehe er befand: "Fußball war cool, aber Baseball ist cooler." Seine Eltern unterstützten ihn, sie zeigten ihm, wie viel Arbeit hinter einer Karriere im Hochleistungssport wie dem Ballett steckt. Nie aufgeben - auch nicht, wenn es hart wird: Das war eine Lektion, die Kepler auf seine Reise nach Amerika mitnahm.

© SZ vom 01.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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