Baseball:Ungeduld im Kraftwerk

Baseball: In bestechender Form: Mike Bolsenbroek führte unlängst die holländische Nationalmannschaft zu einem Sieg über Kuba.

In bestechender Form: Mike Bolsenbroek führte unlängst die holländische Nationalmannschaft zu einem Sieg über Kuba.

(Foto: Walter Keller/oh)

Das Qualitätsgefälle im deutschen Baseball nimmt ab: Mit den 4:0- und 5:1-Siegen im Viertelfinale in Hamburg sind die favorisierten Regensburg Legionäre zufrieden.

Von Christoph Leischwitz

Ivan Rodriguez war am Montagmittag noch ein wenig müde, um zwei Uhr morgens waren die Regensburg Legionäre erst wieder zu Hause angekommen. Doch die lange Fahrt im Kleinbus hatte sich gelohnt. "Hamburg ist ein bisschen wie Amsterdam, nur größer", freute sich der Trainer des Baseball-Bundesligisten aus der Oberpfalz, der zuvor niederländische Junioren-Nationalteams gecoacht hatte. Und gewonnen hatten die Legionäre in Hamburg auch, 4:0 und 5:1 gegen die Stealers. Die Reise zu den ersten beiden Viertelfinal-Partien um die deutsche Meisterschaft mag bislang die beschwerlichste der Saison gewesen sein. Die schwersten Spiele werden aber erst noch kommen.

Nach vier Meisterschaften in Serie waren sie im vergangenen Jahr schon im Halbfinale gescheitert

4:0 und 5:1, alles in Ordnung also. Solche Ergebnisse sind im Baseball durchaus normal, sie zeugen von Ausgeglichenheit über weite Strecken. "In den Playoffs geht es nur darum, zu gewinnen. Das war jetzt kein Powerhouse-Baseball", sagt Rodriguez. Powerhouse kann man nur unzulänglich mit "Kraftwerk" übersetzen, es bedeutet: wie eine gut geölte Maschine spielen, klar überlegen sein. Viele hatten ein Regensburger Powerhouse in Hamburg erwartet: Der Erste aus der Südstaffel mit 24 Siegen und vier Niederlagen in der Punkterunde gegen den Viertplatzierten aus dem Norden mit der negativen Bilanz von 11:13 Partien. Noch vor drei Jahren hatten die Regensburger gegen das gleiche Team Spiele schon mal 23:5 oder 11:1 beendet. "Wir waren am Schlag nicht besonders gut", befand diesmal Rodriguez, der zugleich aber auch auf starke Hamburger Werfer verweist, die nach einem schlechten Saisonstart schon mehrmals unterschätzt worden seien, so der Venezolaner.

Regensburg geht jedoch als Favorit in die Meisterschaft, schon allein wegen des 43 Jahre alten Rodriguez, der einst für ein Farmteam der Houston Astros aus der nordamerikanischen Profiliga MLB spielte und nun in seinem ersten Jahr in Regensburg unter professionellen Bedingungen arbeitet. Das Team hat zudem etwas gut zu machen: Nach vier Titeln in Serie war Regensburg vergangene Saison im Halbfinale gescheitert. Doch zumindest unter jenen Mannschaften, die es in die Playoffs schaffen, scheint das Qualitätsgefälle niedriger zu werden. Dafür spricht, dass die Legionäre als einzige Mannschaft nach dem ersten Wochenende mit 2:0 Siegen führen, in allen anderen Viertelfinals steht es 1:1. Sogar die Mainz Athletics als Vierter im Süden gewannen ein Spiel gegen die favorisierten Bonner. Selbst wenn die Spiele seiner Mannschaft aufgrund dieser Entwicklung nun etwas länger dauern - Rodriguez findet sie förderlich. "Das ist gut für das deutsche Baseball. Es ist langweilig, wenn Favoriten immer dank der Zehn-Punkte-Vorsprung-Regel gewinnen. Das macht auch die Spieler nicht besser", sagt er.

Zudem können sich die Regensburger immer noch auf ihre Defensive verlassen, namentlich auf die Pitcher. Besonders stark spielte auch diesmal Mike Bolsenbroek. Während seiner 112 Würfe über neun Innings gelangen ihm zwölf Strikeouts, gerade einmal vier Hamburger schafften es überhaupt nur auf die erste Base. Der Niederländer, ohnehin einer der besten Werfer der Bundesliga, ist zurzeit in bestechender Form. Erst vor zwei Wochen führte er seine Nationalmannschaft zu einem 8:4-Sieg über Kuba. "Ich meine: Kuba. Das ist jetzt nicht irgendwer", schwärmt Rodriguez. Pitcher wie der 2,03-Meter-Mann könnten auch in einer engeren Liga den Unterschied machen.

Philipp Howard leistet sich einen "richtig blöden Fehler" und darf vorzeitig zum Duschen

Dass aber auch die Regensburger bei einem Sieg gegen einen Außenseiter immer noch etwas dazulernen können, zeigten sie im Angriff. "Wir haben unseren Plan nicht verfolgt, geduldig auf die Fehler der Pitcher zu warten", sagt Rodriguez. Der Favorit agierte bisweilen ungeduldig, und dann geschah noch etwas, das Rodriguez als "richtig blöden Fehler" bezeichnete: Als Philipp Howard am Schlag stand und der Schiedsrichter auf Strikeout entschied, da beschwerte sich der erfahrene 27-jährige Nationalspieler und durfte zum Duschen. "Das war ein großer Fehler, damit hat er auch gegen unsere Regeln verstoßen", sagt Rodriguez. Laut Verbandsregeln jedenfalls ist Howard nun für Spiel drei gesperrt.

Am kommenden Samstag empfangen die Legionäre die Hamburg Stealers. Dass ein viertes Spiel in der Best-of-five-Serie nötig sein wird, ist unwahrscheinlich. Doch Rodriguez hat diese Woche trotzdem viel zu tun: "Ich kenne die Liga ja noch nicht so gut", sagt er. Deshalb will er sich schon einmal die möglichen nächsten Playoff-Gegner auf Video ansehen. Weil niemand sagen kann, wer das sein wird, hat er dabei ziemlich viel zu begutachten.

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