Baseball:Neues aus der Wohlfühl-Oase

Baseball: Doch keine Eintagsfliege: Salvador Perez (links) und Wade Davis von den Kansas City Royals feiern den Einzug in die World Series.

Doch keine Eintagsfliege: Salvador Perez (links) und Wade Davis von den Kansas City Royals feiern den Einzug in die World Series.

(Foto: Nathan Denette/AP)

Im Vorjahr verloren sie das Finale nur knapp, nun aber erreichen die Kansas City Royals erneut die World Series. "Wir sind noch immer da. Und wir werden noch ein Weilchen da bleiben."

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Die Kansas City Royals hatten bis zu diesem besonderen Moment in dieser Spielzeit exakt 172 Spiele absolviert. Eine Partie in der nordamerikanischen Baseballliga MLB dauert durchschnittlich zwei Stunden, 53 Minuten und 40 Sekunden. Das bedeutet, dass die Royals schon knapp 30 000 Minuten auf dem Feld gestanden hatten - und in diesem sehr besonderen Moment sollte sich nun entscheiden, ob der Verein in diesem Jahr erneut in die Finalserie einzieht. Oder ob die Partie gegen die Toronto Blue Jays verlängert werden muss? Oder ob es gar eine entscheidende siebte Partie geben würde?

4:3 führten die Royals im letzten Spielabschnitt. Lorenzo Cain war kurz zuvor wie von einer Tarantel gebissen gerannt und hatte für die Ein-Lauf-Führung gesorgt. Nun aber stand ein Spieler der Blue Jays auf dem dritten Mal, einer auf dem zweiten - dieser eine Moment also gestaltete sich so: Sollte Royals-Werfer Wade Davis ein Aus gelingen, dann ist die Partie vorbei. Sollte Torontos Schlagmann Josh Donaldson jedoch einen Treffer schaffen, würde seine Mannschaft ausgleichen oder gar in Führung gehen.

Gegen die New York Mets schließt sich der Kreis

Donaldson traf, jedoch nicht hart genug. Die Royals warfen schneller zur ersten Base, als Donaldson dorthin laufen konnte - die Partie war vorbei. Zum zweiten Mal nacheinander stehen die Royals in der World Series, Gegner in der am Dienstag beginnenden Best-of-seven-Serie sind die New York Mets. Und hier schließt sich der Kreis, denn in einer ähnlichen Zuspitzung hatten die Royals in der vorigen Saison beim letzten Schlag das Finale verloren. San Francisco wurde Meister.

Kansas City! Das war jedoch schon damals die Wohlfühl-Geschichte der Saison. Ein mit relativ wenig Geld zusammengestelltes Team, das sich gut gelaunt durch die reguläre Saison und die Playoffs geprügelt und aufgrund vieler günstiger Zufälle die Finalserie erreicht hatte. Zufallstreffer, Eintagsfliege, hieß es. Erst am Ende, durch dieses finalen Duell mit San Francisco, wurde Baseball-Welt wieder zurechtgerückt. Am Ende gewinnt bei allen Zufällen und Glückstreffern dann eben doch wieder der, der viel mehr Geld zur Verfügung hat.

Was ist, wenn niemand an dich glaubt?

"Niemand glaubt an uns", schrieb First Baseman Eric Hosmer kürzlich in einem Essay für das Portal The Players' Tribune: "Meist stimmt dieser Satz: Es glaubt zu Recht keiner an einen, weil man noch nichts bewiesen hat. Das ist vollkommen in Ordnung. Was aber, wenn du dich schon bewiesen hast - und noch immer glaubt keiner an dich?"

Die Royals waren in dieser Saison 30 000 Minuten lang damit beschäftigt, den Menschen zu beweisen, dass sie 2014 nicht nur einen grandiosen Lauf hatten. Sie gewannen in der regulären Spielzeit sechs Spiele mehr als in der Vorsaison, die 95 Siege waren Bestwert in der American League. In der Ausscheidungsrunde besiegten sie zuerst die Houston Texans (3:2) und nun die Toronto Blue Jays (4:2). "Wir sind keine Eintagsfliege", schreibt Hosmer: "Wir sind noch immer da. Und wir werden noch ein Weilchen da bleiben."

Die Royals stehen zum zweiten Mal nacheinander in der World Series. Sie könnten erstmals seit 30 Jahren den Titel gewinnen. Das sind bei 30 000 Minuten pro Saison insgesamt 900 000 Minuten, die die Fans dieses Vereins auf eine Meisterschaft warten. Es ist eine sehr lange Zeit. Im Vergleich zur Wartezeit für die Anhänger des Endspiel-Gegners ist es aber doch nicht so besonders lange. Die Fans der New York Metropolitans nämlich sehnen sich seit 1,38 Millionen Minuten nach dem Titel. Und dann könnte am Ende alles doch wieder auf so einen klitzekleinen Moment hinauslaufen, in dem alles entschieden wird.

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