Baseball:Böses Blut

Jose Bautista

Jose Bautista von den Toronto Blue Jays kann einem hart geworfenen Ball gerade noch ausweichen.

(Foto: Charlie Riedel/AP)

30 Jahre nach der legendären Halbfinal-Serie spielen Toronto und Kansas City wieder um den Einzug in die World Series. Vor zwei Monaten haben beide Vereine die heftige Rivalität erneuert.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Es gibt ein Lied von Taylor Swift, das heißt Bad Blood. Das ist zunächst einmal nur schön für Frau Swift und ihre zahlreichen Anhänger, Baseball-Fans dagegen werden sich wundern, was das mit ihrer Sportart zu tun haben könnte. Nun, die Abergläubischen unter ihnen - und davon gibt es beim Baseball nicht gerade wenige - wissen natürlich, dass Swift in diesem Sommer mit ihren Live-Konzerten in Baseballstadien den entsprechenden Vereinen nicht gerade Glück gebracht hat. Es ist sogar vom Taylor-Swift-Fluch die Rede.

Ein paar Beispiele? Vor den Swift-Konzerten in Washington am 13. und 14. Juli lagen die Nationals auf Playoff-Kurs, danach schafften sie nur noch eine Bilanz von 32:42 und schieden nach der regulären Spielzeit aus. Die San Diego Padres erreichten nach dem Auftritt des Popstars am 29. August nur noch zwölf Siege in 33 Partien: Saison-Aus. Und die Astros verloren ihre Playoff-Serie einen Tag nach dem geplanten Konzert in Houston, das wegen der Ausscheidungsrunde hatte vorverlegt werden müssen -, und natürlich haben die Astros nach dem früheren Termin mehr Spiele verloren als gewonnen.

Hält der kuriose Taylor-Swift-Fluch?

Nun gibt es extra für die Ausscheidungsrunde eine weitere Variante: Die Toronto Blue Jays spielen seit Freitagabend im Halbfinale der nordamerikanischen Baseballliga MLB gegen die Kansas City Royals - Swift hat vor zwei Wochen, kurz vor dem Start der Playoffs, zwei Konzerte in Toronto gegeben. Die erste Partie verloren die Blue Jays gleich mal mit 0:5. Und auch die zweite Partie der Best-of-7-Serie am Samstagabend ging daneben, diesmal gab es ein 3:6. (Spiel drei findet am Montag in Kansas City statt.)

Jetzt aber genug mit Aberglauben, schließlich gibt es genug über Bad Blood zu erzählen - nein, nicht über den Song von Taylor Swift, sondern über das böse Blut zwischen den beiden Vereinen. Die mögen sich nicht besonders, vor allem nicht mehr seit dem Best of 7-Halbfinale im Jahr 1985: Die Royals holten damals einen 1:3-Rückstand auf und gewannen später mit einem Erfolg gegen die St. Louis Cardinals (wieder nach 1:3-Rückstand) die bislang letzte Meisterschaft der Vereinsgeschichte.

Aggressive Wurfweise von Kansas Citys Pitchern

Diese mehr als 30 Jahre alte Rivalität wurde in einer Partie im August noch einmal aufgefrischt. Die Royals-Werfer Edinson Volquez und Ryan Madson platzierten ihre Versuche häufig sehr nahe am Schlagmann, also auf der so genannten "Innenseite" der Strikezone. Das ist eine beliebte Taktik, um zum einen kräftige Schläge zu verhindern, zum anderen die Gegenspieler ein wenig einzuschüchtern. Ein ungenauer Wurf jedoch kann den Schlagmann treffen, der dann zur ersten Base spazieren darf - und natürlich ist ein mit 160 Kilometern pro Stunde geschleuderter Ball nicht gerade ungefährlich. Zwei Blue-Jays-Schlagmänner wurden von den Würfen getroffen, einer konnte gerade noch ausweichen.

Kurz vor dem Ende der Partie dann revanchierte sich Torontos Werfer Aaron Sanchez und schleuderte einen Ball an die Hüfte von Alcides Escobar. Es kam zu einer Rangelei, an der zahlreiche Spieler beider Vereine beteiligt waren. Drei Akteure sowie Blue-Jays-Trainer John Gibbons wurden des Feldes verwiesen. "Die haben uns alles abverlangt - es war toll, wie unser Team reagiert hat. Das waren intensive Spiele gegen Toronto, es herrschte Playoff-Atmosphäre", sagte Madson danach.

Torontos Offensive wird gezähmt

Nun gibt es diese Atmosphäre tatsächlich in den Playoffs. "Wir werden auch diesmal aggressiv gegen Toronto werfen - und wir werden sie auch weiterhin auf der Innenseite angreifen", hatte Royals-Trainer Ned Yost vor der ersten Partie angekündigt und damit für Spekulationen über eine möglicherweise unfaire Spielweise und absichtliche Fouls gesorgt. Yost relativierte seine Aussagen: "Es wäre dumm von uns, wenn wir absichtlich einen gegnerischen Schlagmann treffen würden. Wir würden uns nur selbst schaden, wenn einer von denen zur ersten Base laufen darf."

Im ersten Spiel der Serie stand Volquez auf dem Wurfmal, er attackierte die Schlagmänner der Blue Jays tatsächlich häufig auf der Innenseite - griff gleich danach aber auch in der kompletten Strikezone an. Er erlaubte in sechs Spielabschnitten nur zwei erfolgreiche Schlagversuche und keinen Punkt. Seine Kollegen Kelvin Herrera, Ryan Madson und Luke Hochevar ließen als Ersatzwerfer ebenfalls keinen Punkt und keine Extra-Bases (Schläge, die einen Schlagmann mindestens zum zweiten Mal befördern) zu. "Unser Gegner will dauernd angreifen, so ist ihre Offensive strukturiert", sagte Yost nach der Partie: "Unsere Strategie ist die einzige, die gegen so eine Mannschaft erfolgreich ist."

Im ersten Spiel funktionierte das Attackieren der Schlagmänner, die Blue Jays erzielten keinen Punkt - und das lag wirklich nur an der herausragenden Wurftaktik der Royals. Taylor Swift hat damit überhaupt nichts zu tun.

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