Barcelonas Lionel Messi:Der Außerirdische wird zum Teamplayer

Juventus v FC Barcelona  - UEFA Champions League Final

Lionel Messi: Lässt auch andere mal Spaß haben

(Foto: Getty Images)
  • Lionel Messi glänzt im Finale der Champions League mal nicht als Vollstrecker, sondern als Strippenzieher
  • Auch ohne eigenen Treffer ist ein Garant für den Titel. Er hat endgültig eine Wandlung vollzogen.
  • Alle Statistiken zum Finale finden Sie hier.

Von Filippo Cataldo

Lionel Messi stand am Rand, als den Spielern des FC Barcelona der Henkelpott überreicht wurde. Während Marc-André ter Stegen, Xavi Hernandez und die anderen den Pokal nach dem 3:1 über Juventus Turin in den Berliner Himmel reckten, stand Messi lächelnd daneben. Den vierten Triumph im vierten Finale in der Königsklasse kann man schon mal etwas ruhiger feiern.

Das eines Endspiels absolut würdige Finale von Berlin ist nicht das ganz große Spiel des Lionel Messi gewesen. Er war aber auch alles andere als schlecht gewesen. Im Gegenteil. Messi spielte gut, wahrscheinlich sogar sehr gut. Er war zur Stelle, wenn er zur Stelle sein musste, war immer präsent und anspielbereit. Er bewegte sich sinnvoll über den Rasen, spielte gute Pässe, setzte viele Sprints an, erarbeitete sich ein paar Chancen.

Nach dem Ausgleich riss er das Spiel an sich und erhöhte den Druck. Er gab den Takt vor und half mit, die Kreise Andrea Pirlos zu stören. Der galt als bester Taktgeber der Welt. In seinem wohl letzten großen Spiel gelang ihm aber nicht so richtig viel. Von Pirlo werden von seinem zweiten Berliner Finale (2006 wurde er hier Weltmeister) vor allem dessen Tränen nach dem Abpfiff in Erinnerung bleiben.

Er schmollt nicht mehr, wenn er den Ball nicht hat

Von Messi wird womöglich in Erinnerung bleiben, dass er in Berlin endgültig eine Wandlung vollzogen hat. Er entschied das Spiel nicht alleine, er ließ auch die anderen mitspielen und Spaß haben. Der FC Barcelona unter Luis Enrique ist nicht mehr nur Messi. Das wurde in dieser Saison schon öfter festgestellt. Mittlerweile tummeln sich im Angriff neben dem Argentinier noch die zwei anderen Ausnahmekönner Neymar und Luis Suarez. Mittlerweile braucht es die genialen Aktionen des "Außerirdischen" (Juve-Torwart Gigi Buffon) nicht mehr so oft. Barcelona ist nicht mehr nur Messi. Doch Messi ist mittlerweile auch mehr als Messi. Der Außerirdische kann auch Mensch sein.

Messi kann noch immer Spiele ganz alleine entscheiden und Gegner schwindlig spielen. Da muss man nur mal bei Jérôme Boateng nachfragen, den er beim 3:0 im Halbfinal-Hinspiel gegen den FC Bayern narrte. Erst vor sieben Tagen war ihm im Finale der Copa del Rey gegen Bilbao ein sensationelles Tor gelungen, als er - je nach Sichtweise - fünf, sechs oder sogar sieben seiner Gegenspieler stehen ließ und sich dann auch noch gegen seinen Mannschaftskameraden Suárez durchsetzte. Messi ist noch immer genial. Aber er muss es nicht mehr immer beweisen. Und er schmollt nicht mehr, wenn er nicht ständig am Ball ist.

104 Ballkontakte - kein Spieler hat mehr

Der Wunderknabe, der Torjäger, der Zauberfloh hat gelernt, auch mannschaftsdienlich zu spielen. Die Tore gegen Juve schossen Ivan Rakitic (4.), Luis Suárez (68.) und Neymar mit dem Schlusspfiff. Andrés Iniesta wurde von der Uefa zum Spieler des Spiels gewählt. Xavi Hernandez durfte seine großartige Karriere ebenfalls mit seinem vierten Champions-League-Triumph vollenden. Und Messi? Zündete zwar nicht den Turbo - musste er aber gar nicht. Auch in der ersten Halbzeit hatte Messi die meisten Ballkontakte seiner Mannschaft. Nach 90 Minuten waren es 104 - mit Abstand die meisten von allen Spielern auf dem Platz.

Messi wirkte mit der Rolle des besten Nebendarstellers mindestens so glücklich wie bei seinen Triumphen zuvor als Quasi-Solist. Kein Kamerad, den er nach Abpfiff nicht abbusselte, kein Kameramann, der kein Lächeln von ihm bekam. Auch mit Pirlo unterhielt er sich ein paar Augenblicke, nahm ihn tröstend in den Arm.

Und mit spielentscheidend war Messi in Berlin natürlich trotzdem gewesen. Beim ersten Tor Barcelonas diente Messis kluger Diagonalpass auf Jordi Alba als Korkenzieher. Wenn der Spielmacher die Seite nicht verlagert hätte, Alba, Neymar und Iniesta hätten den Ball nie so schön und quasi unbedrängt auf Ivan Rakitic bekommen. Messis Anteil taucht bei diesem Treffer in keiner Statistik auf, nach seinem Pass folgten noch vier, fünf Ballkontakte. Aber für seine Mannschaft, für den Spielverlauf und vor allem für das Tor war dieser Diagonalpass immens wichtig gewesen.

Der zweite Treffer gehörte Messi dann sogar mindestens zur Hälfte. Auch ganz offiziell.

In der 68. Minute trieb er den Ball an allen umstehenden Juve-Spielern vorbei. Einschließlich Pirlo, der nicht zum ersten Mal an diesem Abend kurz zu überlegen schien, ob er versuchen sollte, den Argentinier zu stellen und sich dann doch fürs Zuschauen entschied. Messi trieb den Ball an den Abwehrspielern vorbei, schoss, Gigi Buffon parierte notdürftig, den Abpraller verwertete Luis Suárez. In der Statistik gab das dann wenigstens eine Torvorlage für Messi.

Es gibt ja viele, die Statistiken wichtig finden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: