Barcelona schlägt den HSV:Wenn Lionel Messi zusagt - und doch nicht kommt

Einmal den Weltfußballer sehen: Lionel Messi sollte das Geschenk des Hamburger SV an seine treuen Fans werden. Dann verletzt sich Messi im Training und kommt nicht zum Testspiel, das der FC Barcelona dennoch gewinnt. Der HSV will nun sein Geld zurück.

Carsten Eberts, Hamburg

Am Dienstagnachmittag um 15:46 Uhr kündigte der Hamburger SV an, er wolle seinen Fans ihr Geld zurückgeben. Zumindest jenen, die ausschließlich wegen Lionel Messi zum Testspielkick gegen den FC Barcelona gekommen wären. Der kleine Weltfußballer war schließlich die Hauptattraktion, die der Klub seinen Zuschauern versprochen hatte; quasi als Wiedergutmachung nach einer fürchterlichen Saison, nach der man den HSV-Fans schon mindestens Messi ins heimische Stadion holen konnte.

FC Barcelona's player Lionel Messi attends a news conference at Joan Gamper training Camp

Hämatom in der Wade, deshalb verletzt: Lionel Messi.

(Foto: REUTERS)

Doch Messi kam nicht. Sagte ab. Obwohl er vorher fest zugesagt hatte. Kurz vor Ende des Abschlusstrainings am Montag habe sich Messi ein Hematom im Wadenbereich zugezogen, ließen die Katalanen entschuldigend verbreiten. Die Gefahr, Messi könnte sich beim sommerabendlichen Gekicke gegen hochmotivierte Hamburger Schlimmeres zuziehen, schien zu groß. Sein neuer Trainer Tito Vilanova versicherte: "Das tut mir sehr leid für die Fans. Er hat sich beim Training am Montag tatsächlich verletzt." Er habe gehofft, Messi könne zumindest eine Halbzeit lang auflaufen, doch das Risiko war der besten Vereinsmannschaft der Welt schließlich zu gewaltig.

Und der HSV? Blickte bedröppelt, jedoch machtlos drein. Generös gewährte der Klubs seinen Fans die Option, gekaufte Tickets zurückzugeben - was freilich kaum jemand tat, die Zeit bis zum Anpfiff um 18 Uhr war schon sehr kurz, um die ganze Abendplanung über den Haufen zu werfen. Doch es war zu beobachten, was in einer Stadt geschieht, wenn Lionel Messi plötzlich absagt. Seit Wochen hatte der Klub Werbung mit diesem Spiel gemacht, nun musste er den Fans zunächst verkaufen, dass aus den Fotos von Messi und womöglich auch aus dessen Autogramm nichts wird. "Wir sind alle sehr enttäuscht darüber. Wir hatten uns auf den FC Barcelona mit Lionel Messi gefreut", sagte Marketingvorstand Joachim Hilke.

Sofort ging auch die Rechnerei los. Der HSV schalte einen Anwalt ein, schrieb die Hamburger Morgenpost, schließlich gehe es darum, einen Teil der Gage zurückzuholen. Der FC Barcelona hatte schließlich versprochen, Lionel Messi mitzubringen - und ihn zumindest für einige Minuten auflaufen zu lassen. Demnach sollte der HSV nur dann die 1,2 Millionen Euro Antrittsgage zahlen, wenn Messi spielt. Nun werde die Gage des FC Barcelona automatisch um 400.000 Euro gekürzt.

Bietet dem HSV dieses Geld sogar die Möglichkeit, neue Spieler zu verpflichten? "Wir werden uns überlegen, wie wir die eingesparte Summe einsetzen, um für eine Kompensation zu sorgen", sagte Hilke. Mehr war am Dienstagabend nicht zu erfahren, auch nicht von Trainer Thorsten Fink. Er suche weiter einen Achter und einen Zehner für die kommende Saison, sagte er, auch ein neuer Innenverteidiger soll kommen, nachdem der Serbe Slobodan Rajkovic offenbar keine Zukunft mehr im Klub hat.

Fußball gespielt - man glaubt es kaum - wurde auch noch. Auch mit Messi wäre Barcelona beim HSV mit einer schlechteren B-Elf aufgelaufen, garniert mit dem Weltfußballer, der alles überstrahlt. Die Europameister Andres Iniesta, Xavi, Sergio Busquets oder Cesc Fábregas pausierten noch nach der anstrengenden EM, David Villa und Carles Puyol fehlten nach ihren schweren Verletzungen ebenfalls, befinden sich im Aufbautraining. So lief eine schlechtere B-Elf auf - eben ohne Messi.

Ab ins Überlebenscamp

Es spielten stattdessen Stürmer Gerard Deulofeu (18 Jahre alt), Mittelfeldspieler Sergi Roberto (20), der talentierte Patri (19), allesamt aus der B-Mannschaft des Klubs. Dani Alves, Alexis Sanchez, Javier Mascherano und Ibrahim Afellay waren noch die bekanntesten Namen im Kader. "Ohne Messi habt ihr keine Chance", sangen die HSV-Fans vor dem Anpfiff. Wenn auch nur kurz.

Denn das Fehlen der teuersten Barça-Akteure fiel zunächst kaum auf. Nur fünf Minuten dauerte es, ehe Dennis Aogo pennte und Dani Alves den Ball wuchtig knapp über die Fäuste des neuen HSV-Keepers René Adler hinweg ins Tor schoss. 15 Minuten später schaffte Tolgay Arslan nach einer schönen Kombination zwar den 1:1-Ausgleich, in der 36. Minute ging Barça jedoch erneut in Führung: Einen Schuss von Ibrahim Afellay wehrte Adler nur zur Seite ab, der junge Deulofeu staubte zum 2:1 ab.

Dem Hamburger SV war anzumerken, dass die Spieler gerade erst von der einwöchigen Asienreise zurückkehrten, bei der der Klub immerhin den mit 1,23 Millionen Euro dotierten "Peace-Cup" gewann. Adler absolvierte seinen ersten Einsatz vor heimischem Publikum, auch der lettische Stürmer Artjoms Rudnevs, auf den sie in Hamburg große Stücke halten, durfte eine Halbzeit lang auflaufen. Doch die Spieler waren Jetlag-geplagt, hätten den Tag gut zur Regeneration gebrauchen können. Aber sie mussten Fußball spielen. Schließlich sollte ja Lionel Messi kommen. Eigentlich.

Um die Ernsthaftigkeit des sportlichen Wettstreits war es endgültig geschehen, als Barça-Coach Vilanova zu Beginn der zweiten Halbzeit gleich neun Spieler austauschte - darunter nun endgültig alle bekannten Namen. Als sich der junge Marc Muniesa kurz darauf offenbar schwer am Knie verletzte, hatte Vilanova keine Auswechselspieler mehr; ganze neun Minuten spielte Barcelona in Unterzahl, ehe sich doch noch ein nicht weiter bekannter Einwechselspieler fand, der einsprang. Auch unter diesen Umständen gelang dem HSV der Ausgleichstreffer nicht mehr. Es blieb beim 1:2.

Trotzdem fanden die HSV-Spieler positive Worte für ihre Niederlage gegen Barcelonas B-Elf (erste Halbzeit) respektive C-Elf (zweite Halbzeit). "Wir sind auf einem sehr guten Weg, dürfen keinen Millimeter nachlassen", erklärte Marcell Jansen forsch. Torwart Adler hatte ebenfalls "einiges Positives" gesehen. Einzig Trainer Fink wollte nicht einstimmen. "Es gibt viel zu verbessern, wir hätten mehr in Ballbesitz bleiben müssen." Zum Fehlen von Lionel Messi sagte Fink: "Wir waren alle enttäuscht. Messi war ja der Grund, weshalb wir uns Barcelona ausgesucht haben und keinen anderen Klub."

Fink entführt seine Spieler nun in ein "Überlebenscamp" nach Schweden, wo sich seine Spieler mit Teambuilding-Maßnahmen besser kennen lernen sollen. Und Lionel Messi aus ihren Köpfen kriegen sollen. Gegen den sie eigentlich am Dienstag hätten spielen sollen. Der aber einfach nicht kam.

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