Barcelona gegen Madrid:Wenn Zidane Iniesta umarmt

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Eine weitere Ovation, so wie überall in Spanien seit dem WM-Finale von 2010: Barças scheidender Kapitän Iniesta bei seiner Auswechslung im Clásico. (Foto: AP)
  • Der Clásico zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid endet 2:2. Damit kann Barcelona in dieser Saison noch ungeschlagen Meister werden.
  • Andrés Iniesta, der Barcelona am Ende der Saison verlassen wird, bekommt Anerkennung von Barça- und Real-Fans.
  • Wohin Iniesta wechselt, ist unklar, ein Transfer nach China ist offenbar gescheitert.

Von Javier Cáceres

Die Eleganz hielt dann doch noch Einzug ins Camp Nou. Als die Zuschauer im Stadion des FC Barcelona sich anschickten, all das Adrenalin zu metabolisieren, das 90 unverhofft stürmische Minuten produziert hatten. Im Kabinentunnel ging Real Madrids Trainer Zinédine Zidane auf Barcelonas Kapitän Andrés Iniesta zu und fiel ihm in den Arm. Es war eine Respektbekundung für einen Spieler, der seinen 38. Clásico bestritten hatte und längst angekündigt hat, dass er seinem FC Barcelona nach 22 Jahren, Jugendzeit mitgerechnet, den Rücken kehren werde. Wohin er geht, das ist wieder unklar, seit sein potenzieller neuer Arbeitgeber, der chinesische Klub Chongqing Lifan, am Montag in einem Statement mitteilte, man werde eine Partnerschaft mit Iniesta eingehen, "aber das bedeutet nicht, dass er als Spieler zu unserem Klub kommt." Am Sonntag war Iniesta nach 57 Minuten vom Platz genommen worden. Als längst feststand, dass das keine Partie mehr werden würde, in der man mit der Violine brillieren kann, sondern nur Vorschlaghämmer etwas ausrichten konnten.

"Von wegen entkoffeinierter Clásico", sagte Barcelonas Trainer Ernesto Valverde nach dem 2:2, "dieses Spiel hatte viel Koffein". Und das, obwohl Barcelona schon seit der Vorwoche als Meister feststand - und von Real Madrid nicht mehr eingeholt werden kann, es also, in anderen Worten, um nichts mehr ging als eine Form von Ehre.

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Beziehungsweise darum - aus Sicht Real Madrids - eine Marke zu verteidigen, die seit 86 Jahren in den Händen des Rekordmeisters Spaniens liegt: ungeschlagen Meister zu werden. Drei Spiele noch - gegen Villarreal, Levante und Real Sociedad San Sebastián, und Barça wird es tatsächlich geschafft haben, sich das Attribut Invictus zu verdienen. So gesehen hat Barça den Clásico gewonnen. Doch das ist im Lichte dessen, dass Real Madrid im Finale gegen den FC Liverpool zum dritten Mal hintereinander die Champions League gewinnen kann, nicht ganz so viel wert. Im Zentrum aller Diskussionen nach dem Spiel stand kaum die Leistung eines Spielers zweier Mannschaften, die sich den vielleicht besten, intensivsten, ausgeglichensten Clásico der letzten Jahre lieferten. Sondern Schiedsrichter Alejandro Hernández, der mit Fehlern dazu beitrug, das Spiel in "einen Straßenkampf" zu verwandeln, "der eher Totschlägern als Fußballern" angemessen war, wie die Zeitung El País feststellte.

Beide Mannschaften hatten ausreichend Gründe zur Klage über den Referee, Real Madrid wahrscheinlich etwas mehr. Nachdem Barcelona durch einen Treffer von Luis Suárez (10.) in Führung gegangen war und Cristiano Ronaldo einen von Toni Kroos eingeleiteten Spielzug ausgeglichen hatte (15.), entglitt das Spiel. Gareth Bale, der überraschend von Anfang an spielen durfte, leistete sich ein Foul an Innenverteidiger Umtiti, das einer Tätlichkeit nahekam. Er durfte allerdings auf dem Platz bleiben. Dafür stellte Schiedsrichter Hernández wenig später Sergi Roberto vom Platz, der auf eine Provokation von Marcelo hereinfiel und nach dem Linksverteidiger von Real Madrid schlug, als der Ball schon weg war. Was folgte, war ein Wortgefecht, das offenbar im Kabinentunnel seine Klimax erreichte.

"Du machst dir in die Hose! Du machst dir in die Hose! Wir haben die Meisterschaft schon gewonnen, es besteht keine Notwendigkeit, denen irgendwas zu schenken, verdammte Scheiße!", soll Lionel Messi dem Schiedsrichter an den Kopf geworfen haben - behaupteten hinterher jedenfalls Spieler von Real Madrid, die sich auch darüber wunderten, dass der Referee nicht antwortete. Und wer weiß: Vielleicht war Hernández tatsächlich eingeschüchtert. Denn das 2:1 hätte nicht zählen dürfen.

Der scheidende Iniesta hat in seiner Karriere nie Rot gesehen

Ehe Luis Suárez nämlich Messi zum zwischenzeitlichen 2:1 bediente, übersah der Schiedsrichter ein Foul des Uruguayers: Er fegte seinem Bewacher Raphaël Varane das Bein regelrecht weg (52.). Barcelona rettete den Vorsprung zu zehnt - allerdings nur 20 Minuten lang, dann kam Bale mit einem fulminanten Linksschuss aus 20 Metern zum Ausgleich (72.) - nach einem Spielzug, den wieder Toni Kroos eingeleitet hatte. Hernández übersah auch noch ein eindeutiges Foul von Jordi Alba an Marcelo im Strafraum. Ronaldo, der bei seinem Torerfolg von Barcelonas Innenverteidiger Gerard Piqué am Sprunggelenk getroffen wurde und ausgewechselt werden musste, prügelte vor Wut auf das Dach der Ersatzbank ein. Sein Vorgesetzter war etwas gelassener. "Ihr wisst, dass ich nicht über den Schiedsrichter rede", brummte Zidane, als die TV-Bilder noch nicht offengelegt hatten, dass er Iniesta umarmt hatte.

Dessen Abschied war in der 57. Minute von den Ovationen gekennzeichnet, die ihm seit seinem WM-Finalsiegtor 2010 gegen die Niederlande in allen Stadien Spaniens zuteil werden (außer in der Basken-Metropole Bilbao, angeblich wegen eines Konflikts mit dem Athletic-Innenverteidiger Amorrebieta). Lediglich drei Spieler haben mehr Clásicos bestritten als Iniesta, die längst als Legenden verklärten Gento und Sanchís von Real Madrid sowie Iniestas nach Katar ausgewanderter, kongenialer Partner Xavi. Iniesta hat nie in seiner Karriere eine rote Karte gesehen. Er verdiene all die Ehrbekundungen, die ihm angedeiht werden, sagte Iniestas Noch-Trainer Valverde, "wegen seiner Werte und wegen seinem Fußball."

© SZ vom 08.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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