Bamberg wieder Basketball-Meister:"Freak City" startet eine wilde Party

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Die Brose Baskets feiern - sie sind erneut Deutscher Meister (Foto: AFP)

Es ist die vierte Meisterschaft in Serie und Bamberg flippt aus. Nach einer beinahe schon verkorksten Saison verteidigen die Brose Baskets ihren Titel gegen Oldenburg. Im entscheidenden Spiel retten sich die Franken in die Verlängerung - dort übernimmt ein ehemaliger NBA-Mann.

Von Andreas Burkert, Bamberg

Casey Jacobsen hat Erfahrung mit dem Gewinn von Trophäen, neun Titel hatte der Kapitän der Bamberger Basketballer bis Sonntag gesammelt. Doch so emotional wie die vierte deutsche Meisterschaft der Brose Baskets nacheinander hat der 32-jährige Amerikaner wohl noch keinen Erfolg bejubelt mit den Franken, die eine eigentlich verkorkste Saison dort beenden, wo sie seit 2010 stehen: ganz oben. 91:88 (74:74, 32:37) nach Verlängerung gewannen sie das dritte Playoff-Finale gegen Oldenburg, der dritte Sieg im dritten Endspiel war der Start zu einer wilden Party.

"Wir sind wieder Meister, weil wir Siegertypen haben, Jungs wie Casey", fand Manager Wolfgang Heyder, und Coach Chris Fleming sagte: "Die Mannschaft hat so einen harten Weg hinter sich gebracht in den vergangenen drei Monaten, umso glücklicher sind wir über diesen Titel."

Wie in den beiden ersten Finalspielen, welche die Brose Baskets jeweils hauchdünn und auch glücklich gewonnen hatten (65:63 und 63:61), offenbarten die Oberfranken erstaunliche Schwächen in der Offensive. Das erste Viertel (13:17) beendeten sie mit einer unterirdischen Wurfquote von nur 25 Prozent, und bis zur Pause (31) wurde es nicht wirklich besser. Aus der Distanz traf Bamberg so gut wie nichts, auch am Brett wurde viel verlegt. Oldenburg verteidigte exzellent und punktete vor allem in der Zone verlässlich, das erneute Fehlen ihres verletzten Routiniers Rickey Paulding fiel nicht ins Gewicht.

Als dann auch noch Julius Jenkins, der herausragende Scorer der Niedersachsen in den Playoffs, das Feld betrat und sich mit einem Dreier zum 17:11 (9.) einführte, verloren die Bamberger endgültig ihren Rhythmus. Jenkins' nächster Dreier brachte die Gäste gar auf 26:16 (13.) nach vorn, mit flinkem Passspiel und klugen Laufwegen kamen sie am Brett zum Erfolg.

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Und doch musste Oldenburg, trotz der 37:32-Führung zur Pause, die erste Halbzeit als vertane Chance verbuchen. Deutlich höher hätten sie führen müssen gegen den leidlich um Haltung und Ordnung bemühten Favoriten. Das ahnten sie kurz nach Beginn der zweiten Hälfte, in der Bambergs Coach Chris Fleming seine Starting Five diesmal mit Anton Gavel und Bostjan Nachbar bestückt hatte. Nun verteidigten die Bamberger mit einer anderen Intensität, der frühere NBA-Profi Nachbar (insgesamt 20 Punkte) sowie Spielmacher Alex Renfroe (14, vier Assists) lösten mit ihren Körben ein paar Verkrampfungen. Gerade Renfroe, eine späte Nachverpflichtung in der Rückrunde, beeindruckte mit einer seiner besten Saisonleistungen.

Es war jedoch sein Guard-Kollege John Goldsberry, der zur Viertelmitte aus der Distanz wieder die Führung zurückholte (43:42) - fortan bewegte sich dieses Duell erstmals überhaupt in der Final-Serie auf Endspielniveau. Ein Krimi entwickelte sich in der hitzigen Atmosphäre der Frankenhölle (die der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber neulich während Spiel eins vorzeitig verlassen hatte, weil es ihm zu laut war).

Dass Bamberg die Partie nun nicht übernahm, offenbarte erneut die Fragilität ihres während der Saison von Personal-Rochaden, Verletzungen und Euroleague-Tiefschlägen angegriffenen Team-Gebildes. Plötzlich schlichen sich wieder verstörende Ballverluste und überhastete Notwürfe ein, der an den Grenzen seiner Kräfte kämpfende Anführer Gavel machte da keine Ausnahme. Oldenburg behielt zudem mit bewundernswerter Ruhe seinen Spielplan bei.

Über 56:51 und 64:59 hielten die EWE Baskets die Franken auf Distanz. Zwar trat Jenkins (10 Punkte) nun nicht mehr erfolgreich in Erscheinung gegen seine früheren Teamkollegen, dafür entlasteten ihn Adam Chubb und Spielmacher Chris Kramer (je 16). Es war demnach aus Bamberger Sicht an der Zeit, nun doch einmal die individuelle Klasse zu offenbaren. Vor allem dem Slowenen Nachbar gelang dies, unbeirrt übernahm der in dieser Spielzeit recht wechselhaft agierende Topverdiener Verantwortung. Seine zwei Dreier zum Bamberger 69:68 in der 38. Spielminute versetzten ihn und die 6800 in der Halle in den Zustand, der dem Wahnsinn nahe kam. Musste das jetzt nicht reichen?

Es reichte natürlich nicht. Denn Oldenburg blieb kühl bis ans Herz, auch im vermeintlich letzten Angriff der Saison: Fast komplett nutzten sie ihre Angriffszeit aus, dann passte Dru Joyce (ebenfalls 16 Punkte) auf Chubb - der den Ball trotz der gegen ihn prallenden Körper sicher zum Oldenburger 74:72 ins Netz legte. Nur gab es aus Sicht der Gäste noch ein Problem: 6,5 Sekunden waren auf der Uhr verblieben. Den Bambergern reichte das zum Ausgleich: Einwurf, der Ball kam zu Jacobsen, ein weiter Dreierversuch, der Ball tropfte auf den Ring und schaute sich nach einem Abnehmer um - bis der junge Nationalcenter Maik Zirbes heranflog und ihn in letzter Sekunde zum 74:74 durchs Netz drückte.

Verlängerung. Noch mal fünf Minuten.

Die Nachspielzeit eröffnete Kapitän Jacobsen (15) mit einem Dreier, ehe Nachbar sich daran machte, viele mittelprächtige Leistungen vergessen zu machen. Von Robin Smeulders nun kaum noch zu halten, zog er unwiderstehlich zum Korb oder traf per Sprungwurf. Seine Punkte zum 85:78 (43.) brachten letztlich den entscheidenden Vorsprung, den Rest machten Zirbes' Arbeit am Brett (14 Punkte, 7 Rebounds) und Jacobsens Freiwürfe klar. So feierten die Bamberger im 69. Pflichtspiel ihren vielleicht überraschendsten Titel. Dass Anton Gavel erstmals zum MVP, zum wertvollsten Spieler, der Finalserie gekürt wurde, war dagegen unausweichlich.

© SZ vom 17.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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