Australian Open:Magische 23 - Serena Williams feiert in Jordan-Schuhen

Lesezeit: 3 min

Gewinnt in Melbourne ihren 23. Grand-Slam-Titel: Tennisspielerin Serena Williams (Foto: AFP)
  • Serena Williams besiegt im Endspiel ihre Schwester Venus und löst Angelique Kerber als Nummer eins der Welt ab.
  • Mit dem Sieg sichert sich die Amerikanerin mehrere Bestmarken.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen der Australian Open.

Von Gerald Kleffmann, Melbourne, Melbourne

Serena Williams erhob sich, gerade hatte sie noch auf dem Boden gelegen, da drehte sie sich um und sah schon eine Person auf sich zuschreiten. Venus Williams kam an. Sie öffnete die Arme wie eine Fee, schlang sie um Serena, und so standen sie da, sekundenlang, die Welt blieb kurz stehen in dieser Zeit, zumindest hier in Melbourne.

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Die 28. Auflage des berühmten "Sister-Acts", wie dieses spezielle Duell im Englischen genannt wird, entschied jene Frau, die Venus auf der Siegerehrung so vorstellte: "Serena Williams - das ist meine kleine Schwester, Leute." 35 Jahre alt war die Siegerin alt und damit ein Jahr jünger als Venus, die stolz auch übermittelte: "Du hast die Nummer 23 geholt, und ich war dabei." Es war ja ein Abend der Rekorde. Alltag, wenn man so will für diese außergewöhnlichen Tennisspielerinnen. Dass sie zusammengerechnet das älteste Duo waren, das je im Finale eines Grand-Slam-Turniers stand, reihte sich bei den wichtigen Fakten allerdings weiter hinten ein in der Liste der neuen Bestmarken. Serena ist überdies die älteste Siegerin der Grand-Slam-Geschichte.

Serena Williams ist nun wieder die Nummer eins der Weltrangliste, sie verdrängt am Montag im aktualisierten Ranking die Deutsche Angelique Kerber, die sich 19 Wochen an der Spitze halten konnte. Die Titelverteidigerin der Australian Open war im Achtelfinale an der Amerikanerin Coco Vandeweghe gescheitert. Serena Williams ist aber auch, noch bedeutsamer, nun die erfolgreichste Spielerin in der Open Era, wie die Profizeit genannt wird, die Ende der Sechzigerjahre (1968) begann. Die Kalifornierin hat nun 23 Grand-Slam-Triumphe erzielt, damit hat sie Steffi Graf überholt, die 22 Titel in den Achtziger- und Neunzigerjahren errungen hatte. Zur Siegerehrung erschien Serena Williams mit anderen Schuhen, es war das Sneaker-Modell des berühmten Basketballers Michael Jordan, der stets mit der Trikotnummer 23 seine Zauberbewegungen vollzogen hatte.

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Dass dieses Finale einzigartig von der Besetzung her war, verdeutlichten besonders beider Reden auf der Siegerehrung. Sie überschütteten sich gegenseitig mit Liebesgrüßen, so viel Empathie gibt es sonst nie. "Sie ist meine Inspiration", sagte Serena, "sie ist der einzige Grund, warum ich hier stehe. Ohne Venus würde es die Williams-Sisters gar nicht geben." Venus hatte zuvor bereits versichert: "Dein Sieg ist auch immer mein Sieg." Venus bleibt nun bei ihren acht Grand-Slam-Titeln.

Spielerisch wird diese Partie nicht in die Final-Hitparade eingehen. Das Niveau war von Beginn an sehr durchschnittlich. Beide fabrizierten Fehler, sie zeigten Schwächen, leichte Brisen machten beiden zu schaffen. Vier Breaks in Serie, beim Verlust ihres Aufschlagspiels zum 2:2 unterliefen Serena drei Doppelfehler, das war sehr ungewöhnlich. Vor allem stach sie die Bälle dabei tief ins Netz. Bemerkenswert war eine Aktion von Serena, die beim Stand von 1:1 den Schläger vor Wut auf den Boden geschlagen hatte. Dieser zerbrach, eine Verwarnung folgte. "Ich habe eben sehr viel Kraft", sagte Serena später belustigt. Das entscheidende Break schaffte Serena zum 4:3, und diesmal gab sie eigene Service-Spiele nicht mehr ab, 6:4.

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Von Gerald Kleffmann

Viel hatten die beiden natürlich vorab über diese spezielle Situation reden müssen, gegen die eigene Schwester spielen zu müssen. "Egal, was passiert", hatte Serena gesagt, "ich kann nicht verlieren, sie kann nicht verlieren. Es ist eine tolle Situation." Und neu war sie ja nicht, 27-mal traten sie bereits an in ihrer nun zwei Jahrzehnte lang andauernden Karriere, 16-mal siegte Serena. Achtmal trafen sie in Grand-Slam-Finals aufeinander, Venus gelangen ihre beiden Titel 2001 und 2008 in Wimbledon.

Als bei Venus 2011 das Sjögren-Syndrom diagnostiziert wurde, eine Autoimmunkrankheit, folgte eine Zeit, in der sie lernen musste, damit umzugehen. Drei Jahre lang kam sie nicht mehr über die dritte Runde bei Majors hinaus. "Nach allem, was Venus durchgemacht hat mit der Krankheit", hatte auch Serena gesagt, "kann ich nicht anders fühlen, als dass es eine Win-Win-Situation jetzt für mich ist." Sie würde einen Titel zweifellos niemandem mehr gönnen als der älteren Schwester.

Ein Break reicht im zweiten Satz zum Sieg

Dieser Fall trat aber nicht ein, denn Serena ist die bessere Spielerin, und das war sie auch diesmal in Melbourne. Der zweite Satz verlief ähnlich wie der erste, Break zum 4:3, beim Stand von 5:4 schlug Serena zum Sieg auf. Venus wehrte sich, es gab nun lange Ballwechsel, nach 1:22 Stunden der erste Matchball. Ein zu kurzer Ball, eine Vorhand von Serena, eine Rückhand von Venus, der Ball landete im Aus - 6:4, 6:4. Serena sank zu Boden, jubelte in Richtung ihrer Box, in der auch ihr Trainer Patrick Mouratoglou saß. Und dann schritt Venus auf sie zu, die Fee.

Was sie mit ihren Schuhen machen würde, wenn sie den 24. Grand-Slam-Titel gewinnen würde, wurde Serena Williams später auch noch gefragt. Da sprach sie: "Dann würde ich die Jordans nicht mehr anziehen." Sie lachte laut auf. Jetzt genießt sie erst mal die Schuhe mit der 23 darauf, von denen sie nun sogar zwei Paar besitzt. Als sie beim Interview im Studio des amerikanischen Senders ESPN saß, wurde ihr eine weiße Box überreicht, mit dem entsprechenden Präsent innen drin. Ein Brief lag anbei, unterschrieben war er mit den Worten: "dein Freund Michael Jordan."

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