Ausschreitungen beim Fußball:Schneller Konter der Polizei

Die Polizei setzt auf eine neue Taktik gegen gewaltbereite Fußballfans und richtet auf Bahnhöfen große Kontrollpunkte mit mehr als 100 Beamten ein. Verdächtige Fans müssen aussteigen, sich dort ausweisen und fotografieren lassen. Die Polizei glaubt, dass die Taktik aufgeht.

Klaus Ott und Marc Widmann

Auf die richtige Taktik kommt es an beim Fußball. Wer ein schwieriges Spiel vor sich hat, steht gern tief in der eigenen Hälfte und setzt auf schnelle Konter, um den Gegner zu überrumpeln. In ähnlicher Form gilt das auch für die Polizei im Umgang mit gewaltbereiten Fans. Eine neue Strategie soll helfen, mutmaßliche Straftäter zu ermitteln und rasch vor Gericht zu bringen. "Wir legen Wert auf Nachhaltigkeit", sagt Friedrich Eichele, der Präsident der Bundesbereitschaftspolizei, die sich um die Sicherheit in den Zügen und Bahnhöfen kümmert.

Ausschreitungen beim Fußball: Neue Taktik der Polizei? Aus den Stadien sind die beamten jedenfalls nicht wegzudenken.

Neue Taktik der Polizei? Aus den Stadien sind die beamten jedenfalls nicht wegzudenken.

(Foto: imago sportfotodienst)

Dort fällt es wie in den Stadien oft schwer, aus größeren Fangruppen die Randalierer herauszufischen. Deshalb hat sich Eicheles Truppe eine spezielle Methode ausgedacht, um gezielt zugreifen zu können: Die mobile Massenkontrolle, die seit etwa einem Jahr praktiziert wird.

Bei Ausschreitungen auf der Anreise zum Stadion oder der Rückfahrt richtet die Bundespolizei auf geeigneten Bahnhöfen große Kontrollpunkte mit mehr als 100 Beamten ein, die intern den Namen "Bearbeitungsstraße" tragen. Dort werden Züge mit Krawallmachern überraschend gestoppt.

Die verdächtigen Fans müssen aussteigen und werden durch die Kontrolle geschleust: Sie müssen sich ausweisen und fotografieren lassen. Anhand von Videos, auf denen Schlägereien und andere Exzesse dokumentiert sind, kann die Polizei dann die Verdächtigen ermitteln.

Wir möchten diejenigen, die Straftaten begehen, vor Gericht bringen", sagt Eichele. Zusammen mit Schadenersatzforderungen und Stadionverboten habe das eine "hohe abschreckende Wirkung" - anders als früher, als die Beamten Mühe hatten, randalierender Fans habhaft zu werden.

Der Einzelne verschwand in der Masse, die Polizei musste sich damit begnügen, Schlimmeres zu verhindern, etwa wenn sich die Reisewege rivalisierender Fans auf Bahnhöfen kreuzten und nicht allein die Fäuste flogen.

Die Strategie der Polizeit funktioniert offenbar

Beispiele aus den Akten der Bundespolizei:

4. Februar 2011, Bahnhof Achim in Niedersachsen: Bremer Fans greifen Anhänger von Hannover 96 an.

5. März 2011, Frankfurt: Fans der Frankfurter Eintracht attackieren einen Zug voller Anhänger des 1. FC Kaiserslautern mit Pyrotechnik, Flaschen und anderen Gegenständen.

28. Mai 2011, Köln-Mülheim: Randale zwischen Fans aus Köln und Mülheim, die zum Teil Schlagstöcke benutzen.

Allein in der vergangenen Saison registrierte die Bundespolizei 19 solcher Vorfälle. In jener Spielzeit kamen die mobilen Massenkontrollen erstmals zum Einsatz, bei denen binnen eineinhalb Stunden bis zu 800 Fans erfasst werden können. Den Anfang machte die Partie Rostock gegen Braunschweig in der dritten Liga. Inzwischen hat die Polizei diese Kontrollen vier weitere Male aufgebaut.

Die Strategie gehe auf, sagt Präsident Eichele, der früher die Spezialeinheit GSG 9 leitete. "Wir haben schon etliche Treffer gelandet." So konnten die Beamten nach Schlägereien zwischen Anhängern des 1. FC Köln und Preußen Münster gleich 80 Verdächtige ausfindig machen und Verfahren wegen schweren Landfriedensbruchs, Körperverletzung oder Sachbeschädigung einleiten.

Um sofort reagieren zu können, stehen über das ganze Bundesgebiet verteilt spezielle Einsatzkräfte mit der nötigen Ausrüstung bereit. "Eingreifbahnhöfe", die für derlei Großeinsätze geeignet sind, legt die Bundespolizei schon vor den Spieltagen fest. Eines der Ziele lautet: Wer bei der Anreise Straftaten begehe, der "kommt nicht zum Spielort".

Polizeichef Eichele ist zufrieden: Die neue Taktik spreche sich bei den einschlägigen Fans herum und zeige Wirkung. Man wolle auf diese Weise gewalttätige Fußball-Anhänger "nach und nach isolieren".

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