Augsburgs Sieg in Köln:Marwin gräbt ein Loch

SP

Weshalb der Schütze Anthony Modeste prompt wegrutscht und Hitz parieren kann.

(Foto: Rainer Dahmen)
  • Fair geht anders: FCA-Torwart Marwin Hitz manipuliert bei Augsburgs 1:0 den Kölner Rasen mit Erfolg.
  • Elfmeterschütze Anthony Modeste rutscht aus und vergibt. Die Aktion des Augsburgers sorgt für Diskussionen.

Von Sebastian Fischer

Der Augsburger Fußballtorwart Marwin Hitz, 28, sieht so freundlich aus, dass man ihm nur schwer böse sein kann. Der Schweizer scheint immer zu lächeln, nach Siegen wie Niederlagen. Doch als er am Samstag in Köln vor die Mikrofone und Fernsehkameras trat und über den Fußballer Modeste sagte, dieser sei in einer entscheidenden Szene des Spiels "eigentlich gar nicht ausgerutscht" - da konnte er noch so freundlich lächeln. Alle Bilder zeigten ja, wie Modeste bei der Ausführung eines Elfmeters mit dem Standbein in einem Loch im Rasen ausrutschte. Und die Bilder zeigten, wie Hitz das Loch gegraben hatte.

An das 0:1 zwischen dem 1.FC Köln und dem FC Augsburg wird sich in ein paar Wochen niemand erinnern, weil dies das Spiel war, nach dem Augsburg die Abstiegsränge vorübergehend verlassen hat. Geschweige denn, dass es irgendjemanden überrascht hat, dass die Kölner zum dritten Mal hintereinander kein Tor schossen. Nein, dieses Spiel wird, wenn überhaupt, deshalb in Erinnerung bleiben, weil sich am Samstag in ziemlich seltener Art und Weise Unsportlichkeiten aneinanderreihten.

Zunächst war Kölns Philipp Hosiner im Augsburger Strafraum zu Boden gesunken. "Aus meiner Sicht ein klarer Elfmeter", sagte der Österreicher hinterher, ohne rot zu werden. Die Augsburger regten sich natürlich furchtbar darüber auf, dass Schiedsrichter Daniel Siebert auf den Trick hereinfiel und tatsächlich pfiff. Hitz erzürnte so sehr, dass er den verwegenen Plan fasste, die Ausführung des Strafstoßes zu manipulieren.

Die bald berühmten Bilder filmte ein wacher Kameramann ganz aus der Nähe: Zunächst mit der Spitze, dann mit der Hacke seines Schuhs wühlte Hitz den weichen Rasen am Elfmeterpunkt auf. Bohrte seine Stollen gleich vor den Augen das Schiedsrichters ins Gras. Schaute dabei unschuldig in die Luft. Die Stelle sah hinterher so aus wie ein Stück Erde im Stall des Kölner Maskottchens Hennes, dem Geißbock.

Ein paar Sekunden später freute sich Hitz diebisch, als er den Schuss des ausgerutschten Anthony Modeste pariert hatte. Der französische Torjäger schaute ungläubig. Er ist gerade so etwas wie das Gesicht der kleinen Kölner Ergebniskrise. Kurz nach seinem verschossenen Elfmeter jagte er freistehend vor dem Augsburger Tor einen Ball über die Latte. Seit 616 Spielminuten hat er nicht mehr getroffen. Bei seiner Auswechslung pfiffen die Fans.

Köln erleidet erneut Unrecht

Das Kölner Publikum hat schon viele Unsportlichkeiten gesehen. Unvergessen, wie einst Trainer Norbert Meier in Duisburg Kölns Albert Streit eine Kopfnuss verpasste, über sich erschrak und in einer Laune der Verzweiflung vortäuschte, selbst getroffen worden zu sein. Der Schalker Abwehrspieler Oliver Held wehrte 1998 auf der Linie mit der Hand einen Kölner Torschuss ab und log den Schiedsrichter an, bald darauf stieg der FC zum ersten Mal ab.

Erst vor ein paar Wochen erzielte Hannovers Leon Andreasen im Kölner Stadion ein Tor mit der Hand, einfach so. Doch dass ein Torhüter das Spielfeld umgräbt, hatte noch niemand gesehen. Selbst der weit gereiste frühere Bundestrainer Berti Vogts wusste als Fernsehexperte beizutragen, dass "ich so etwas in meiner ganzen Karriere noch nicht erlebt habe". Seine Karriere ist immerhin schon gut 50 Jahre alt.

"Der Platz war nicht in Ordnung", sagte Hitz und grinste lieb. Doch als er merkte, dass diesmal niemand so richtig zurück grinste, gab er zu: "Fair-Play ist anders." Augsburgs Markus Weinzierl sagte, Hitz habe "nicht gut, nicht clever und nicht fair reagiert". Aber das fand der Fußballlehrer nicht mal so schlimm: "Wenn man sich ungerecht behandelt fühlt, reagiert man manchmal über." Wenn man ungerecht behandelt wird, ist es also schon ganz okay, wenn man andere auch ungerecht behandelt, meinte Weinzierl wohl.

Kölns Trainer Peter Stöger sagte zu der Aktion: "Ich möchte es nicht haben, dass meine Jungs das so machen." Der finale Pfusch sollte da erst noch kommen: Augsburgs Dominik Kohr sank vor dem Kölner Strafraum noch offensichtlicher als zuvor Hosiner ohne Einwirkung eines Gegenspielers zu Boden. Kohr erklärte achselzuckend: "Der Elfmeter vom FC war ja auch eine Schwalbe." Als wollte er sagen: Fairness ist halt was für Anfänger. Schiedsrichter Siebert gab seine Fehler nach dem Spiel zu.

Raúl Bobadilla schoss und streichelte den anschließenden Freistoß wie gemalt zum einzigen Tor des Tages ins Netz. Es war schade für den wuchtigen Paraguayer, der die kriselnden Augsburger derzeit mit seinen Toren fast alleine am Leben hält, dass so gut wie niemand über sein Kunstwerk sprach.

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