Augsburg und die Weinzierl-Frage:Winke, winke

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Nach dem für die Saison typischen 0:0 gegen Köln will der FCA die Frage nach dem Abschied seines Trainers immer noch nicht beantworten. Immerhin steht der Klassenerhalt so gut wie fest.

Von Sebastian Fischer, Augsburg

Stefan Reuter grinste, er wusste, dass die Frage kommen wird. Sie wird ihm zurzeit an jedem Wochenende wieder gestellt, doch ehrlich beantworten kann er sie immer noch nicht. Wann die wohl längst gefallene Entscheidung bekanntgegeben werde, dass Trainer Markus Weinzierl den Verein am Saisonende verlassen wird? Reuter sagte: "Warten wir auf den richtigen Zeitpunkt".

Das Spiel gegen den 1. FC Köln am Freitagabend sollte eigentlich der richtige Zeitpunkt sein, um diese Saison erfolgreich abhaken zu können. Bei einem Sieg hätte der FCA nach Punkten nicht mehr vom SV Werder Bremen überholt und auf den Relegationsplatz verdrängt werden können, der Klassenverbleib wäre sicher gewesen. Vielleicht hätte es im ausverkauften Augsburger Stadion unter Flutlicht Ovationen für den Trainer Weinzierl gegeben, vielleicht hätten den stets beherrschten Niederbayern ein paar Emotionen übermannt und er hätte dann gesagt: Ja, das war's. War schön hier. Ich geh' nach Schalke. Oder Mönchengladbach. Und wer weiß? Vielleicht hätte Reuter sogar bestätigt, dass demnächst der Karlsruher Markus Kauczinski in Augsburg an der Seite stehen wird.

Kein Grund für Ärger - obwohl der FCA erfolglos in Überzahl spielt

So allerdings, nach dem 0:0 am Freitagabend, standen die Augsburger Fußballer ein wenig ratlos am Mittelkreis herum, die Kölner Fans sangen schunkelnd ein Karnevalslied, die Augsburger Fans waren ruhig. Niemand jubelte, niemand ärgerte sich, es hatte sich ja nichts geändert: Über den Klassenverbleib des FC Augsburg und über Weinzierls Abschied muss weiterhin im Konjunktiv berichtet werden. Auch wenn beides im Grunde sicher ist.

Das Spiel gegen Köln hatte immerhin gezeigt, warum der FC Augsburg in der entscheidenden Phase der Saison mit beruhigendem Vorsprung vor den direkten Abstiegsrängen weilt. Augsburg ließ kaum eine Kölner Torchance zu, verteidigte solide, presste im Mittelfeld und stand nie zu hoch, um für Konter anfällig zu sein. Kein Grund für Ärger also - obwohl der FCA nach einer gelb-roten Karte für Kölns Matthias Lehmann rund eine halbe Stunde in Überzahl spielte, und obwohl Halil Altintop, Alfred Finnbogason und der eingewechselte Raul Bobadilla gute Chancen vergaben. Kein Grund für Ärger, fand auch Augsburgs Torwart Marwin Hitz. Und deshalb ordnete er die Geschehnisse vom Freitagabend mit einer kleinen Zeitreise ein. "Beunruhigt war ich das letzte Mal am 12. Spieltag, als wir hier gegen Bremen verloren haben."

Sieben Spiele in Serie hatte der FC Augsburg im Herbst nicht gewonnen, vier Spieltage in Serie belegte er den letzten Tabellenplatz. Damals hatte vieles so ausgesehen, als würde der FCA an der Last zerbrechen, in der Europa League zu spielen. Dann kam eine magische Nacht in Belgrad, Augsburg erreichte in der Europa League sensationell die K.o.-Runde und zehrte von diesem emotionalen Schub in der Liga. In der vergangenen Woche hatte ein Augsburger Europapokal-Film Premiere, was noch mal verdeutlichte: Ein Abstieg passt nicht in das Bild dieser besonderen Saison.

Stefan Reuter ärgert sich über die Schiedsrichter

Das Spiel gegen Köln passte dagegen ins Bild dieser Saison. Es gab mal wieder eine Schiedsrichter-Entscheidung, über die sich die Augsburger echauffierten. Tobias Welz verwehrte dem FCA nach einem klaren Handspiel von Kölns Anthony Modeste einen Elfmeter: "Das ist für mich Wahnsinn", sagte Reuter. Zwei Spieler liefen mit einer Gesichtsmaske auf, Dominik Kohr und Markus Feulner, und Tobias Werner trug einen Turban, nachdem ihn Matthias Lehmann am Kopf traf: "Das zeichnet die Mannschaft aus, wir fighten", sagte Reuter. Außerdem typisch: Die Augsburger besannen sich auf ihre defensiven Stärken, anstatt am Ende zu viel zu riskieren.

Markus Weinzierl hatte am Seitenrand angespannt gewirkt, er winkte seine Spieler immer wieder mit wilden Armbewegungen in die richtige Position, schaute nervös auf den Boden, winkte nach dem ausgebliebenen Elfmeterpfiff. Gerne hätte er wohl schon an diesem Wochenende die absolute Gewissheit gehabt, seine vier Jahre in Augsburg im Guten zu beenden. Denn am nächsten Wochenende kommt die Anspannung aus anderen Gründen von ganz allein: Augsburg spielt in Schalke. Vielleicht ist die Begegnung mit Weinzierls voraussichtlichem nächsten Arbeitgeber ja auch für Stefan Reuter eine Gelegenheit, um die Frage zu beantworten, die ihm sicher wieder gestellt wird.

© SZ vom 01.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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