Augsburg rückt auf Platz sechs vor:In anderen Sphären

Eintracht Frankfurt - FC Augsburg

Gefeierter Torschütze zum 2:0: Augsburgs Francisco da Silva Caiuby (links) jubelt mit Teamkollege Alfred Finnbogason.

(Foto: Hasan Bratic/dpa)

Der FC Augsburg galt vor der Saison wieder einmal als einer der designierten Abstiegskandidaten. Nach dem beeindruckenden 2:1-Sieg in Frankfurt prasselt viel Lob auf den Klub aus Bayern ein.

Von Ulrich Hartmann, Frankfurt

Vor dem Anpfiff hatte Manuel Baum im Interview beim Fernsehsender Sky auf eine These vom TV-Experten Lothar Matthäus antworten müssen. Wenn einem Fußballtrainer so etwas passiert, dann kann er verächtlich, spöttisch oder wütend dreinschauen, zumal wenn, wie in diesem Fall, der Trainer des FC Augsburg damit konfrontiert wurde, dass Matthäus die Augsburger für designierte Absteiger hält.

Doch Baum blieb ruhig, extrem ruhig. Kein Problem, sagte seine Mimik. "Wir haben ja tatsächlich den Klassenerhalt zum Ziel", sagte er unbeeindruckt. Seine Souveränität zeigte Wirkung. Die Augsburger gewannen anschließend bei Eintracht Frankfurt mit 2:1 (1:0), haben nun sieben Punkte aus vier Spielen und kämen, wenn das so weiter ginge, am Ende der Saison auf 60 Punkte. Mit so einer Bilanz ist noch kein Bundesligist abgestiegen.

Max' Freistoß wird lang, länger und gemeiner

Niko Kovac ist kein Lothar Matthäus. "Ja, viele fragen: 'Wer ist Augsburg?'", sagte Kovac nach dem Spiel, "aber ich sage: Sie sind stark und sie haben auch noch eine gute Bank." Damit spielte Frankfurts Trainer darauf an, dass der eingewechselte Caiuby die Augsburger mit einem Traumtor 2:0 in Führung gebracht hatte - den Gastgebern gelang nur noch der Anschlusstreffer. Die Augsburger ernteten viel Lob am Samstag, "und von den Punkten her ist auch alles wunderbar", sagte ihr Sportdirektor Stefan Reuter, "aber die Tabelle... naja, ... nach vier Spieltagen..." - sein Blick verriet: Die Saison ist noch sooo lang.

Nach zwei gegentorlosen Siegen gegen rheinische Rivalen (Frankfurt gewann 1:0 in Gladbach, Augsburg 3:0 gegen Köln) hätte man erwarten können, dass die Trainer ihre Teams nicht verändern. Aber sie taten es doch, und das nicht mal aus der Not. Kovac brachte den genesenen Makoto Hasebe für Gelson Fernandes. Baum ersetzte Michael Gregoritsch und Caiuby durch Ja-Cheol Koo und Jonathan Schmid. "Strategische Gründe", nannte Baum. "Makoto ist mehr der Fußballer als Gelson", erklärte Frankfurts Sportchef Fredi Bobic.

Damit hatte Bobic zwar Recht, doch den Frankfurtern nützten Hasebes Kreativaktionen in der ersten Halbzeit trotzdem nichts, und zwar deshalb, weil sich der neue Eintracht-Linksverteidiger Simon Falette in der 19. Minute als recht grober Klotz erwies und Augsburgs Marcel Heller nahe der rechten Außenlinie rustikal umriss. Zu diesem Freistoß begab sich von ganz hinten links nach ganz vorne rechts eigens der Augsburger Abwehrmann Philipp Max, um den Freistoß mit seinem linken Fuß scharf vors Tor zu schlagen. Er tat dies gar so scharf, dass sein Freistoß lang und länger und gemeiner wurde und gleich neben den linken Pfosten des Frankfurter Tors flog, so präzise, dass der eigentlich zur Vollstreckung an der Torlinie erschienene Rani Khedira den Ball gar nicht mehr zu berühren brauchte - er war auch so drin. "Solche Standards trainieren wir schon länger in Extraschichten", sagte Max später lächelnd, "und heut' hat sich's bezahlt gemacht." Trainer Baum war ebenfalls ganz begeistert: "Ich weiß gar nicht, wie viele Bälle der Philipp da im Training jede Woche reinklopft."

"Wir hatten auch das nötige Spielglück", sagt Augsburgs Trainer Baum

Eine 1:0-Führung für Augsburg, die nicht Alfred Finnbogason erzielt hat, das war zuletzt eine Seltenheit. Der Isländer hatte auch mit aller Macht versucht, zum neunten Mal die Auftaktführung zu markieren, aber als er Schmid schon in der dritten Minute einen Torschuss klaute, zog er dessen Zorn auf sich.

Augsburgs Tapferkeit wurde dann aber auf eine harte Probe gestellt. Mit dem Stürmer Ante Rebic für den Abwehrmann Carlos Salcedo spielten fortan drei Stürmer für Frankfurt, neben den offensiv ausgerichteten Sébastian Haller und Kevin-Prince Boateng, und drängten zumindest leicht eingeschücherte Augsburger tief in die eigene Hälfte. Doch die Augsburger vereitelten die Frankfurter Chancen meist recht gut.

Spannend wurde es in der 74. Minute, als sich der Schiedsrichter Christian Dingert durch den Video-Assistenten darin bestätigen ließ, dass Heller den Frankfurter Rebic nicht regelwidrig am Torschuss gehindert hatte. Zwei Minuten später traf dann der erst acht Minuten zuvor eingewechselte Caiuby per 25-Meter-Traumschuss an die Unterkante der Latte, von dort fiel der Ball hinter die Linie. Als dann Frankfurts Luka Jovic selbst nur zwölf Minuten nach seiner Einwechslung ebenfalls Joker-Qualitäten bewies und seine Eintracht in der 79. Minute mit dem 1:2 zurück ins Spiel brachte, bangten die Gäste noch eine knappe Viertelstunde lang um ihre drei Punkte.

"Wir hatten auch das nötige Spielglück", fand Trainer Baum hinterher und bewertete den Sieg damit glücklicher als dies Frankfurts Trainer Kovac tat. "Die Augsburger haben uns gezeigt, wie man es machen muss", lobte Kovac. Vom Abstiegskandidaten FCA sprach nach diesem Spiel erst einmal niemand.

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