Augsburg - Mainz (15.30 Uhr):Baum ohne Stamm

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Fluch des Erfolgs: Mainz-Trainer Martin Schmidt muss mit seiner Mannschaft neben der Bundesliga auch die Strapazen der Europa League bewältigen. (Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Der Mainzer Trainer Martin Schmidt lernt die Schattenseite des Erfolgs aus dem Vorjahr kennen: Den Zwang zur Rotation.

Von Tobias Schächter, Mainz

Eine Mannschaft wie Mainz 05 brauche Training, um sich zu entwickeln. Sagt Martin Schmidt, ihr Trainer, der die Mannschaft in den nächsten Wochen kaum trainieren kann. Ende September wird die Mannschaft sieben Partien in 21 Tagen bestritten haben, nach dem 4:4 gegen Hoffenheim vergangenen Sonntag und der Premiere in der Europa-League am Donnerstag gegen den AS St. Etienne (1:1), treten die Mainzer am Sonntag schon wieder beim FC Augsburg in der Bundesliga an. "Ich glaube, irgendwann sind ein paar Spieler froh, wenn sie nicht immer von Anfang an spielen müssen", sagt Schmidt. Der Schweizer, mit Mainz überraschender Sechster in der Vorsaison, lernt gerade die negativen Seiten einer positiven Überraschung kennen.

Schon vor Beginn der Saison hatte Schmidt angekündigt, dass es diese Saison in Mainz keine Stammspieler gebe. Er sagte das mit dem Wissen, dass die nötige Rotation, mit der er der erhöhten Belastung trotzen will, Gefahren birgt: "Für die Spieler ist das eine neue Erfahrung, einige müssen das noch lernen." Neben ihrer Belastung muss der Trainer auch die Laune der Spieler im Auge behalten: Drei Mal 90 Minuten in einer Woche hintereinander durchzuspielen, hält Schmidt bei der laufintensiven Mainzer Spielweise für unmöglich. Die Startelf am Donnerstag, berichtete er, habe er schon im Hinblick auf die Startelf in Augsburg ausgewählt - und dabei schon das nächste Spiel in Bremen drei Tage später im Hinterkopf.

Mainz hat in diesem Sommer so viel investiert wie nie zuvor

Gut möglich, dass deshalb in Augsburg auf vielen Positionen neue Spieler zum Einsatz kommen. Der gegen St. Etienne angeschlagen fehlende Leon Balogun könnte in die Startelf zurückkehren und auch auf der Sechserposition und auf den Außenbahnen wird es Veränderungen geben. Wahrscheinlich beginnt im Sturmzentrum der wuchtige Jhon Cordoba für den filigranen Yoshinori Muto.

Der FSV hat auch aufgrund der erhöhten Belastung den Kader vor der Saison teuer verstärkt, erstmals seit Jahren rund 15 Millionen Euro mehr auf dem Transfermarkt ausgegeben als eingenommen. In Torwart Loris Karius (Liverpool) und Mittelfeldabräumer Julian Baumgartlinger (Leverkusen) verloren die Mainzer nur zwei Stammspieler. Aber weil neben Baumgartlinger auch Danny Latza mit einer rätselhaften Verletzung lange ausfällt, fehlt ausgerechnet auf der für die Stabilität einer Mannschaft so wichtigen Sechserposition die erfolgreiche Achse des Vorjahres.

Ein Hoffnungsträger ist ein ausgebildeter Innenverteidiger

Schmidt hatte eigentlich gehofft, in Latza "wenigstens eine Konstante im Herbst" auf der Sechs parat zu haben, um den neuen, jungen Talenten Zeit zur Eingewöhnung zu geben. Der Schweizer Fabian Frei, 27, kämpft auch in seiner zweiten Saison noch mit Tempodefiziten und bleibt deshalb nur eine von vielen Alternativen. Nun tragen die jungen Suat Serdar, 19, aus dem eigenen Nachwuchs und Jean-Philippe Gbamin, 20, (für 5 Millionen Euro vom RC Lens gekommen) früh viel Verantwortung. Der erfahrene Andre Ramalho, 24, kurz vor Transferschluss aus Leverkusen ausgeliehen, fällt verletzt aus. Und dem für 2,2 Millionen Euro von Galatasaray Istanbul gekauften Spanier Jose Rodriguez, 21, fehlt noch die Wettkampfhärte, weswegen er bislang im Kader fehlte. Vielleicht spielt er gegen Aufgsburg, denn Serdar verließ gegen St. Etienne angeschlagen den Platz. Und Gbamin spielte zuletzt zwei Mal 90 Minuten durch. Der französische U 21-Spieler mit ivorischen Wurzeln gilt als großes Talent, der in Mainz einen Fünfjahresvertrag unterschrieben hat.

Der ausgebildete Innenverteidiger, 1,86 Meter groß, beeindruckt bislang mit Zweikampf- und Laufstärke. Mitunter aber ist er im Abspiel noch zu leichtsinnig und in manchen Phasen nicht prägend am Spiel beteiligt. Trainer Schmidt sagt: "Jean-Philippe ist ein Hammerspieler, der uns guttut. Er kann in die Rolle von Baumgartlinger schlüpfen." Gbamin, so hat einmal dessen Stiefvater einer französischen Zeitung erzählt, sei schon mit elf Jahren 4,30 Meter weit gesprungen. Wie weit er aktuell springt, ist nicht überliefert. Es würde den Mainzern helfen, wenn der Sprung in die Bundesliga für Gbamin nicht zu weit wäre.

© SZ vom 18.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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