Augsburg - HSV (15.30 Uhr):Atmosphärische Störungen 

Hamburger SV - Darmstadt 98

Beim HSV herrscht trübe Sicht, nicht nur wegen dieser Pyrotechnik-Schwade beim Spiel gegen Darmstadt am vergangenen Samstag.

(Foto: Daniel Reinhardt/dpa)

Den Hamburger SV plagen vor dem wichtigen Spiel in Augsburg große Sorgen. Spieler fehlen verletzt, eine Fan-Gruppe macht Ärger. Die Misere erschwert zudem die Planungen für die kommende Spielzeit.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Für Freunde des HSV und des Aberglaubens ist es wohl ein gutes Omen, dass Manuel Gräfe den Abstiegs-Schlager des Hamburger SV beim FC Augsburg am Sonntag (15. 30 Uhr) leiten wird. Das ist jener Schiedsrichter aus Berlin, der den HSV 2015 mit einer strittigen Freistoß-Entscheidung in letzter Minute im Relegations-Rückspiel beim Karlsruher SC in der Bundesliga hielt, weil der Chilene Marcelo Diaz diesen Ball ins Tor schoss. Ein bisschen Glück werden die Hanseaten in den kommenden vier Partien wohl erneut brauchen, um nicht zum dritten Mal binnen vier Jahren die Entscheidungsspiele um den Liga-Erhalt bestreiten zu müssen.

Denn der seit Monaten auf dem Wege der Besserung befindliche Traditionsklub ist plötzlich in ein neues Tief geraten. Der Vorsprung gegenüber dem Tabellensechszehnten Augsburg ist auf einen Punkt zusammengeschmolzen. Zuletzt fiel das Team bei den 1:2-Niederlagen in Bremen und daheim gegen den Tabellenletzten Darmstadt spielerisch in Zeiten zurück, die man unter Trainer Markus Gisdol längst überwunden zu haben glaubte. Es gab zwar diesmal kein Mini-Trainingslager wie 2015 auf dem Höhepunkt des Abstiegskampfes, als Bruno Labbadia das Team in Malente abschottete. Dafür wurden gleich bei drei Trainingseinheiten keine Zuschauer zugelassen. Die Lage ist also ernst.

In Augsburg fehlen nicht nur die flinke Flügelzange mit Nicolai Müller (Innenbandriss im Knie) und Flip Kostic (gesperrt nach fünfter gelber Karte), sondern auch Torhüter René Adler (Rippenbruch) und sein Stellvertreter Christian Mathenia (Knieprellung). Die beiden werden durch Tom Mickel vertreten. Allerdings ist das für Spiritisten eine gute Nachricht: Mickels bisher einziges Bundesligaspiel fand ebenfalls in Augsburg statt. In der vergangenen Saison war das, der HSV siegte 3:1.

Die Stimmung in Hamburg wird derzeit nicht nur von der sportlichen Misere und der Auseinandersetzung mit der eigenen Ultra-Fangruppe getrübt, die beim Darmstadt-Spiel das Stadion zwischenzeitlich in eine Räucherhöhle verwandelte. Die Wiederkehr des verschärften Abstiegskampfes hat auch dazu geführt, dass man mit seinen beiden wertvollsten Profis Kyriakos Papadopoulos und Bobby Wood noch nicht konkret über deren Weiterbeschäftigung sprechen kann - eben weil noch nicht feststeht, in welcher Klasse der HSV im Sommer antreten darf.

Hält der HSV die Klasse, dürfte die notwendige Sparpolitik aufgeschoben werden

Immerhin hat die von Bayer Leverkusen ausgeliehene Abwehrkante Papadopoulos schon einmal grundsätzliche Bereitschaft gezeigt, zu bleiben. In Leverkusen fühle er sich gut, ließ er wissen, aber Hamburg gefalle ihm noch "einen Tick besser". Es sei alles etwas größer, der Klub habe "etwas Besonderes". Von Stürmer Wood berichtete Gisdol, dass er sich ebenfalls sehr wohl fühle am Volkspark. Aber, schränkte der Trainer ein, es sei schon so, dass andere Vereine Wood gerne verpflichten würden, weil er "ein toller Spieler mit toller Perspektive ist".

Sollte der HSV die Klasse auch im 54. Jahr halten, ist es freilich sehr wahrscheinlich, dass die vom Aufsichtsrat geforderte Sparpolitik erneut hinausgeschoben wird - weil man ohne die Hilfe des Investors Klaus-Michael Kühne wohl auf verlorenem Posten stehen würde beim möglichen Kauf von Papadopoulos und einem aufgestockten Vertrag mit Wood, der momentan eine Ausstiegsklausel für angeblich 12 Millionen Euro Ablöse besitzt. Derzeit gibt der Klub etwa neun Millionen Euro mehr im Jahr aus, als hereinkommt durch Tickets, TV-Geld und Marketing. Kühne hat schon angekündigt, er werde weiteres Geld fürs Personal zur Verfügung stellen.

Sportchef Jens Todt wiederum versucht zunächst einmal, nach den beiden Niederlagen wieder Ruhe reinzubringen. Trotz allem habe sich die Mannschaft "in den vergangenen Wochen grundsätzlich stabilisiert". Er sei sicher, dass sie in Augsburg wieder ein anderes Gesicht zeige. Nach dem zehnten Spieltag sei man ganz unten gewesen, danach habe es eine gute Entwicklung gegeben. "Jetzt heißt es: ruhig bleiben! Jeder soll seinen Job machen." Hilft diese Beruhigungstaktik nicht, droht den Hamburgern ein erneutes Abstiegsderby am letzten Spieltag. Dann empfangen sie den VfL Wolfsburg. Dem geht es ja derzeit nicht viel besser.

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