Auftakt der Biathlon-Saison:Hang zum Schnellfeuern

E.ON IBU Worldcup Biathlon Hochfilzen - Day 3

Cool am Schießstand: Franziska Preuss zeigt kaum Nerven

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Die ersten drei Weltcup-Stationen haben die deutschen Biathlon-Frauen absolviert, vier Athletinnen haben bereits die Olympia-Norm geschafft. Die junge Laura Dahlmeier greift die Weltspitze an, Franziska Preuss zeigt Schnellfeuertalent - doch Andrea Henkel sucht noch ihren Rhythmus.

Von Saskia Aleythe

Gerald Hönig hat Grund zur Freude. Der Trainer der deutschen Biathlon-Frauen kann entspannt in die Weihnachtspause gehen, denn schon jetzt haben vier seiner Athletinnen die Norm für die Olympischen Spiele in Sotschi geschafft. "Unsere Konzeption sollte stimmen, wir sind im Aufwärtstrend", sagt er nüchtern. Seine jungen Talente konnten halten, was sie mit ihren Erfolgen im Junioren-Bereich versprochen haben, als Team tritt die deutsche Staffel souverän auf, ein Sieg in Annecy/Le Grand-Bornand sowie ein zweiter Platz in Hochfilzen stimmten die Athletinnen positiv mit Blick auf Olympia.

Doch auch ein paar Sorgenfalten bescherte Hönig der Weltcup-Start. Andrea Henkel hadert mit dem Schießstand, Miriam Gössner mit dem Rücken und Franziska Hildebrand mit ihrer Psyche. Ein Zwischenfazit nach den ersten drei Weltcup-Stationen:

Andrea Henkel: Für Henkel ist es die Saison des Austestens. Wie viel kann ihr Körper noch leisten mit 36 Jahren? Kann sie sich immer noch für Weltcup-Rennen motivieren? Das Ziel: Die Karriere mit den Olympischen Spielen in Sotschi abzuschließen. Fazit nach den ersten Rennen: Ihr Körper macht noch relativ gut mit, die Olympia-Qualifikation schaffte Henkel gleich bei der ersten Station in Östersund mit einem 10. Platz im Einzel und einem 13. im Sprint. Im Schießen hadert sie noch mit ihrem Rhythmus, bisher ist sie nur bei der Staffel in Annecy fehlerfrei geblieben - mit fünf Treffern neben die Scheibe rutschte sie in der Verfolgung in Annecy allerdings 19 Plätze nach hinten. "Das ganze Jahr trainiere ich, um am Schießstand wieder sicherer und zügiger zu werden, und nun habe ich meine Sorgen, das im Wettkampf umzusetzen", sagt Henkel. Bekommt sie das in den Griff, könnte es auch wieder mit einem Platz in der Weltspitze klappen.

Franziska Hildebrand: Der größte Gegner von Franziska Hildebrand ist ihre Psyche. Im Frühjahr flog sie überraschend aus dem A-Kader, für sie selbst war das "wie ein Schlag in die Magengrube". Sie kämpfte sich zurück ins Weltcupteam, was Selbstvertrauen schafft. Ob sie dem neuen Rückhalt aus dem Trainerstab traut, ist allerdings fraglich - und der Druck, sich stets beweisen zu müssen, enorm groß. Mit einem 13. Platz im Einzel in Östersund und einem 6. im Sprint in Annecy hat sie die Olympia-Norm bereits erfüllt. Allerdings zeigte sie, was sie eigentlich verbergen wollte: ihre Nerven. Bei der Staffel in Hochfilzen übergab Henkel als Führende an Hildebrand, die musste dann jedoch als einzige Deutsche in die Strafrunde und fiel zurück auf Rang drei. "Ich schaffe es nicht, mit drei Nachladern eine Scheibe zu treffen, das ist sehr, sehr bitter", sagte die 26-Jährige später geknickt. Drei Fehler im Rennen sind bei Hildebrand keine Seltenheit, vor allem mit dem letzten Schuss hat sie Probleme. Kann sie ihre Nervosität ablegen, hat sie gute Chancen, regelmäßig in den Top Ten aufzutauchen.

Laura Dahlmeier: Die neue Saison hat schon begonnen, da bekommt Laura Dahlmeier noch immer Auszeichnungen für die alte. Die Internationale Biathlon Union (IBU) ehrte sie gerade als Nachwuchskraft des Jahres. Die 20-Jährige durfte nach ein paar wenigen Gastauftritten Anfang des Jahres nun auch von Beginn an am Weltcup teilnehmen. Aktuell ist sie die beste Schützin der Deutschen. In vier Rennen blieb sie schon fehlerfrei, ihre Kolleginnen maximal in einem. Die Olympia-Norm hat sie bereits erfüllt, in den Staffeln überzeugte sie als sichere Schlussläuferin, die sich nach vorne beißen kann. Mit einem überragenden fünften Platz in der Verfolgung in Annecy geht sie nun in die Weihnachtspause. "Ich bin richtig glücklich mit meinen Leistungen. Ich hoffe, dass es weiter mit dem Team und mir aufwärts geht", sagt Dahlmeier. Läuferisch kann sie noch nicht ganz mit der Weltspitze mithalten, was ihrem jugendlichen Alter geschuldet ist. Aber schon jetzt zeichnet sich ab, dass das nicht lange so bleiben wird - als 12. im Gesamtweltcup ist sie aktuell beste Deutsche.

Gössner und Sachenbacher-Stehle suchen den Lichtblick

Franziska Preuß: Wer Franziska Preuß am Schießstand beobachtet, könnte meinen, sie würde ein Maschinengewehr abfeuern. Enorm schnell drückt der Finger auf den Abzug, so dass sie Schnellfeuer-Schützin Tora Berger Konkurrenz macht. Nicht immer landen die Kugeln dann im Schwarzen, doch insgesamt konnte die erst 19 Jahre alte Athletin überzeugen. Nach Startschwierigkeiten in Östersund sicherte sie sich in Hochfilzen und Annecy die Olympia-Norm. Im letzten Sprint des Jahres lief sie auf Rang sechs. "Das ist einfach cool", sagt Preuß, "so richtig kann ich das alles noch gar nicht glauben."

Miriam Gössner: Keine Leidensgeschichte wurde in diesem Winter so ausführlich ausdiskutiert wie die von Miriam Gössner. Nach einem Mountainbike-Unfall im Sommer musste sie darum bangen, überhaupt noch laufen zu können, nun konnte sie in den Weltcup starten. Der große Trainingsrückstand machte sich auf der Loipe dann ziemlich bemerkbar. Drei Mal ist sie gestartet, ihr bester Platz war der 47. Rang beim Sprint in Hochfilzen. Dabei ist nicht nur das Laufen problematisch, auch am Schießstand hadert die 23-Jährige mit ihren Versuchen. In der Verfolgung in Hochfilzen setzte sie von 20 Schuss zehn daneben. "Ich habe Schmerzen beim Aufstehen und wenn ich ins Bett gehe. Sie sind immer da", sagt Gössner. Auf eine Teilnahme an den Olympischen Spielen hofft sie trotzdem - aktuell sieht es allerdings nicht so aus, als wäre sie in der Lage, ins Spitzenfeld zu rennen.

Evi Sachenbacher-Stehle: Hoffnungsfroh startete Evi Sachenbacher-Stehle in den Weltcup in Östersund. Die ehemalige Langläuferin profitiert noch immer von ihrer Schnelligkeit auf der Loipe - doch beim Schießen fehlt ihr die Routine. Fehlerfrei war sie in diesem Winter noch gar nicht, zwischen zwei und fünf Scheiben blieben immer stehen. Der 25. Platz war bisher ihr bestes Ergebnis - für die Erfüllung der Olympia-Norm muss sich die 33-Jährige also noch steigern. Bis zum Nominierungsschluss dürfte es knapp werden.

Die Konkurrenz: Schaute man in der vergangenen Saison in die Ergebnislisten, fiel ein Name immer wieder an der Spitze: Tora Berger. In dieser Saison sind die Podestplätze bisher bunt gemischt besetzt worden. Selina Gasparin aus der Schweiz konnte bereits zweimal gewinnen, ansonsten ist das Spitzenfeld ein Potpourrie aus verschiedenen Läuferinnen und Nationen. Walja Semerenko führt das starke Feld der Ukrainerinnen an, die bei den Staffeln mit einem ersten Platz in Hochfilzen und Rang zwei in Annecy überzeugen konnten. Am konstantesten präsentierte sich bisher die Tschechin Gabriela Soukalová - sie überwintert auf Platz 1 im Gesamtweltcup. Tora Berger muss sich zunächst mit Rang 15 begnügen.

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