Aufschwung des BVB:Abstiegskampf kann einfach sein

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Kein Trainerwechsel, keine Panik - Borussia Dortmund hat sich von der unteren Tabellenregion der Fußball-Bundesliga gelöst. Ob der BVB und Trainer Klopp dauerhaft zusammenpassen, zeigt aber erst die kommende Saison.

Kommentar von Christof Kneer

Die Bundesliga hat 52 Jahre alt werden müssen, um das endlich zu begreifen: Abstiegskampf ist eigentlich ganz einfach. All jene Mannschaften, die 52 Jahre lang Hektik und Chaos verbreitet haben, müssten eigentlich rot werden vor Scham, wenn sie das hier sehen: einen Verein, der sich befreit, ohne den Trainer zweimal oder auch nur einmal zu wechseln; einen Klub, der im Winter keinen dieser Spieler verpflichtet, die andere Vereine nicht mehr brauchen können; einen Trainer, der die Spieler nicht der Öffentlichkeit zum Fraß vorwirft; und eine Klubführung, die ihrem Trainer nicht mal ein klitzekleines Ultimatum ausstellt, sondern ihn - zumindest öffentlich - so stramm stützt, dass nicht mal der gewissenloseste Reporter eine Trainerdebatte konstruieren kann.

Abstiegskampf kann so einfach sein, man muss es halt nur machen wie Borussia Dortmund.

Es ist allerdings nicht zu erwarten, dass das Dortmunder Modell Schule machen wird. Denn zur Ehrenrettung all jener Vereine, die seit 52 Jahren verlässlich Hektik und Chaos verbreiten, muss man hinzufügen, dass solche Vereine meist über Mannschaften verfügen, die zu jeder Art von Hektik und Chaos berechtigen. Hingegen fällt es vergleichsweise leicht, Ruhe zu bewahren, wenn man weiß, dass man in der Rückrunde wieder auf Spieler wie Reus, Gündogan und Hummels vertrauen kann.

Borussia Dortmunds Rückkehr zu Borussia Dortmund ist kein Wunder, keine Sensation, es ist nicht mal eine Überraschung. Im Grunde ist es nur der Vollzug dessen, was alle erwartet haben, und dennoch lohnt ein Blick auf Dortmunds Krisen-PR.

In der Krise lässt sich der Charakter eines Standorts am besten erkennen, und Jürgen Klopp hat es zuletzt offenbar verstanden, das für den BVB charakteristische Potenzial der Krise nutzbar zu machen: Verkürzt gesagt, ist der BVB immer dann am besten, wenn er seinen Fußball sowohl emotional als auch taktisch aus der Außenseiterrolle heraus spielt - wenn es gegen große, böse Bayern geht oder jetzt eben gegen all die bösen Mächte, die sich im Abstiegskampf gegen einen verschworen haben. Klopp hat den BVB einst kurz nach einem vereinshistorischen Tiefpunkt übernommen und von dort nach oben geführt, und jetzt hat er diese Story im Schnelldurchlauf noch mal nachgespielt.

In der Dosierung der Nach-WM-Belastungen hat der Trainer Klopp nicht immer glücklich ausgesehen, aber es ist ihm doch noch rechtzeitig gelungen, seine Spieler auf Abstiegskampf zu verpflichten. Nun aber, da sie zu alter Euphorie zurückgefunden haben, wird sich bald die entscheidende Frage stellen: Wie dieser BVB und sein Trainer in der neuen Saison agieren werden, wenn sie wieder zu den Großen gehören.

© SZ vom 02.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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