Aufregung bei 1860 München:Hamada Iraki legt zwei Ämter nieder

Der mächtige Statthalter des 1860-Investors Hasan Ismaik verkündet seinen Rücktritt als Beirat und Aufsichtsrat. Was dieser Rückzug für die Münchner Löwen bedeutet, ist noch unklar - der Verein ist überrascht.

Gerald Kleffmann, Andreas Burkert und Markus Schäflein

Hamada Iraki 1860 München

Hamada Iraki (links im Bild) legt zwei Ämter nieder.

(Foto: imago sportfotodienst)

Am Dienstag sah es zunächst aus, als würde der Fußball-Zweitligist 1860 München - nach turbulenten Tagen im sportlichen Bereich - ruhigere Momente erleben. Das heißt: Auf dem Trainingsplatz war es nicht ruhig, der neue Trainer Alexander Schmidt, der gerade dem beurlaubten Reiner Maurer nachgefolgt ist, scheuchte seine Profis in zwei Schichten umher. Bis zum frühen Abend war dennoch die brisanteste Nachricht, dass die Übungseinheiten auf Platz 1 des Vereinsgeländes stattfinden - nicht hinten auf einem abgelegenen Platz, wie sonst.

Doch dann verschickte der Traditionsklub eine Pressemitteilung. Der Inhalt hatte es in sich: Hamada Iraki, rechte Hand des Investors Hasan Ismaik, der den Verein im April 2011 mit der Übernahme von 49 Prozent der Klubanteile vor der Pleite bewahrt hatte - er gab zwei Rücktritte bekannt: Er ist nicht mehr Mitglied im Beirat, der die Geschäftsführung kontrolliert. Und er gibt sein Amt als Aufsichtsrat auf.

Diese Verkündung ist ein Paukenschlag, Fragen folgen. Sowohl die Uhrzeit der Bekanntgabe - 17.29 Uhr, kurz vor Feierabend -, als auch die Tatsache, dass von den Protagonisten kaum jemand zu erreichen war, verrieten zudem: Es handelt sich nicht um einen normalen internen Vorgang. Auch Irakis dürre Begründung in der Pressemitteilung ändert daran wenig. Anlass für die Entscheidung des Investmentbankers, hieß es da, seien "dessen neue berufliche Herausforderungen, die seine volle Konzentration verlangen". Iraki wurde so zitiert: "Deshalb kann ich meine Aufgaben als Aufsichts- und Beirat nicht mehr so erfüllen, wie dies notwendig ist und wie der Verein es von mir erwarten kann."

Ausgerechnet der Mann, der seit dem Einstieg des Geschäftsmanns Ismaik energisch hinter den Kulissen die Strippen zog, verzichtet freiwillig auf Macht und einflussreiche Posten. Seltsam.

In der Tat steht Iraki vor einer beruflichen Veränderung. Der SZ hatte er am Freitag vor dem 0:2 der Löwen gegen den 1. FC Köln bestätigt, dass er zur Großbank UBS wechseln werde. Bei seinem bisherigen Arbeitgeber, der Unicredit, sei er nicht mehr, er befinde sich innerhalb einer Sperrfrist, weshalb er die neue Aufgabe nicht sofort angehen könne. "Für mich ist das ein Aufstieg", sagte Iraki; die Schweizer UBS zählt zu den weltgrößten Vermögensverwaltern. Dort soll Iraki, der bei der Unicredit den Titel "Global Head of Middle East & North Africa Sales" trug, den Vorstand in seinem Spezialgebiet beraten. Darüber hinaus hat Iraki jüngst eine Firma gegründet, die in der Maximilianstraße ihren Sitz hat und "Keyana" heißt. Was er mit diesem Unternehmen vorhat, ist bislang nicht bekannt.

Wenig Begeisterung bei Unicredit

Iraki war es, der den Kontakt zwischen 1860 und Ismaik herstellte. Er begleitete ihn eng als persönlichen Berater (und tut es heute noch), als dieser 18,4 Millionen Euro zahlte und bei Sechzig einstieg. Ismaik, der sich kaum in München blicken lässt, ist der erste arabische Investor im deutschen Fußball. Mit Ismaik gründete Iraki auch die H.I. Squared International GmbH als Vermarktungsgesellschaft des TSV; dort bleibt Iraki Geschäftsführer. Später übernahm er noch die Fanartikel GmbH der Löwen. Sein Einfluss wuchs und wuchs; seit langem ging ohne seine Zustimmung praktisch nichts im Tagesgeschäft.

1860-Geschäftsführer Robert Schäfer hatte vor Monaten berichtet, dass er sich jeden Morgen mit dem Finanzfachmann bespreche. Auf Anfrage teilte Schäfer nun am Abend mit: "Der Investor wird die Posten nachbesetzen müssen. Es sind ja zwei wichtige Gremien. Das ist natürlich seine Sache, aber ich gehe davon aus, dass er das tut." Zudem erklärte er: "Er hat es uns erst heute mitgeteilt, das ist für mich auch sehr frisch." Gleichzeitig äußerte der Geschäftsführer offiziell Verständnis: "Ich hatte schon gedacht, dass mal die Zeit kommt, wo er sagt, er muss für andere Dinge wieder Zeit haben." Aber so schnell? Und jetzt, da erst im Sommer stolz ein Dreijahresplan verkündet wurde (samt Aufstiegsziel bis spätestens 2015) und alle ein Loblied auf die neue interne Harmonie sangen?

Die Anfangszeit verlief ja sehr kompliziert. 1860-Präsident Dieter Schneider als Vereinsvertreter und Iraki als Investorenvertreter bekämpften einander monatelang. "Ich finde es schade, wir haben gut zusammengearbeitet", sagte Schäfer nun zu Irakis Abtritt und ergänzte zu einem sehr speziellen Löwen-Traum: "Was das Thema Stadion angeht, wenn es einmal so weit ist, wird er uns sicher weiter helfen." Eine mutige Aussage just an dem Tag, an dem sich der Statthalter des Investors zurückzieht.

Vor allem Irakis Rückzug aus dem Beirat der Geschäftsführungs GmbH ist bedeutsam: In dem wichtigen Gremium herrschte bislang ein Patt aus Vertretern des Vereins (Dieter Schneider, Wolfgang Hauner) und der Investorenseite (Iraki, Ismaik). Wer Irakis Posten übernimmt, um die Parität zu wahren, ist bislang unklar. Genau so unklar ist, wieso Iraki - selbst für den Mehrheitsgesellschafter 1860 überraschend - diesen Weg geht. Womöglich hat es etwas mit seinem neuen Arbeitgeber zu tun. Bei der Unicredit soll man jedenfalls nicht begeistert darüber gewesen sein, dass Iraki so oft wegen 1860 in den Schlagzeilen stand; es waren zumeist negative Schlagzeilen. Oder hat Irakis Entschluss doch etwas mit der gerade gefällten Besetzung des Trainerpostens zu tun?

Noch am vergangenen Freitag hielt Iraki im Ehrengastbereich der Arena Hof vor der Partie gegen Köln, wie eine Art zweiter Präsident neben Schneider; er unterhielt arabische Gäste und Englands früheren Coach Sven-Göran Eriksson, die er persönlich eingeladen hatte. Mit Schneider und Schäfer steckte er die Köpfe zusammen. Trotzdem ahnten seine vermeintlichen Partner offenbar nichts von seinen eigenen Plänen. Iraki teilte vielmehr mit: "Ich schließe nicht aus, dass Eriksson mal Trainer von 1860 wird." Am Sonntag präsentierte Schäfer den eigenen Regionalliga-Coach Schmidt als Maurer-Nachfolger.

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