Champions League:Atléticos Schurken können den Bayern gefährlich werden

Club Atletico de Madrid v Malaga CF - La Liga

Angel Martin Correa hat das erste Tor gegen Malaga erzielt - jetzt wird er von seinen Mitspielern geherzt.

(Foto: Getty Images)
  • Atlético Madrid sorgt vor dem Champions-League-Spiel gegen Bayern München mit einer bizarren Balljungen-Affäre für Aufsehen.
  • Der FC Bayern darf das als Warnung betrachten: In Madrid ist alles möglich.
  • Hier gibt es alle Infos zur Champions League.

Von Javier Cáceres

Es kommt nicht selten vor, dass Diego Simeone, der Trainer von Bayern Münchens nächstem Champions-League-Gegner Atlético Madrid, auf die Tribüne verbannt wird. Der Argentinier ist ein Vulkan unter den Fußball-Lehrern, und würde er sich die Haare nicht mit Gel auf den Schädel betonieren, würden sie abstehen und womöglich wild zucken, so sehr steht er bei den Spielen seines Teams unter Strom. Am Samstag, bei der Generalprobe Atléticos für die Partie gegen Bayern, landete Simeone wieder auf der Tribüne. Bei einem Angriff des Gegners Málaga war ein Ball aufs Feld geflogen, der dort nicht hingehörte, sondern einen Konter stören sollte. Sind zwei Bälle auf dem Platz, muss der Referee das Spiel unterbrechen. Die TV-Bilder legen nahe, dass Simeone selbst dafür sorgte, dass der Ball flog.

"Ein Schurkenstück", schrieb die Zeitung As nach Atléticos 1:0 gegen Málaga, das eine Sturmwetterwarnung für den FC Bayern war: Er sollte am Mittwoch bei der Visite im hitzigen Calderón-Stadion besser auch das Undenkbare einkalkulieren.

Simeone und die Balljungen: eine besondere Geschichte

Konkret ging es um eine Szene, die sich vor der Halbzeit zutrug, beim Stand von 0:0. Málaga trug einen Angriff vor. Als der ballführende Spieler auf der Höhe der Trainerbank Atléticos vorbeikam, flog von dort der zweite Ball aufs Feld. Er landete zwar im Rücken des Málaga-Angreifers, der den Angriff fortsetzte. Doch die Frage bleibt: Sorgte die Aktion für Irritationen? Málagas Angriff jedenfalls verpuffte, Atlético kam später durch Ángel Correa zum Siegtor (62. Minute).

Offen war auch am Sonntag noch, wer genau das Objekt auf den Platz bugsierte. Durch die Bilder der TV-Kamera, die das ganze Spielfeld im Visier hat, konnte nur geklärt werden, dass es nicht Simeone persönlich gewesen war. Nun sind Bilder von einer anderen Kamera aufgetaucht. Auf ihnen ist der Täter auch nicht zu erkennen. Sie legen aber den Verdacht nahe, dass Simeone der Drahtzieher war.

Auf der Sequenz ist nämlich zu sehen, dass der Ball aus der Richtung der Atlético-Bank aufs Feld fliegt - nachdem Simeone dorthin eine auffordernde Geste gemacht hatte. Dass er einen Vetter grüßen oder einen Kaffee bestellen wollte, wie ein Radiokommentator juxte, ist ausgeschlossen. Tatsächlich sieht es danach aus, dass Simeone jemanden anweist, einen Ball zu werfen, dann den rechten Arm ausstreckt und anerkennend den Daumen hochreckt: Gut gemacht! Das Motiv? Atlético ist punktgleich mit Spitzenreiter FC Barcelona (6:0 gegen Sporting Gijón), für die Madrilenen geht es im Kampf um den Meistertitel um jeden verdammten Punkt. Und Simeone gehört zu jenen Trainern, denen kaum ein Preis für den Erfolg zu hoch ist.

Kein "Mea Culpa" von Simeone

Dass Simeone auf der Tribüne landete, obwohl er nicht selbst geworfen hatte, verdankt er Artikel 102 des Regelwerks des spanischen Fußballs. Wenn von einer Bank ein Vergehen verübt wird, dessen Täter nicht klar identifiziert werden kann, muss der Coach büßen. "Der Schiedsrichter hat korrekt gehandelt", erklärte Simeone nach der Partie in der Pressekonferenz, "ansonsten gibt nicht viel zu sagen." Doch das stimmt so nicht ganz.

Ein paar Wochen ist es nur her, dass Simeone von den hehren Werten fabulierte, die den Erfolg Atléticos begründen würden - seine diesbezügliche Glaubwürdigkeit kann er sich nun mit dem Gel in die Haare schmieren. Zudem kam es nicht gut an, dass Simeone weder ein "Mea culpa" anstimmte noch um Vergebung bat, sondern die Verantwortung auf einen Minderjährigen abwälzte: "Der Ball kam von einem Buben, der neben der Bank saß." So oder so, Simeone droht eine Strafe: 3000 Euro - und eine Sperre für drei Spiele. Damit dürfte Simeone für den Rest der Saison Tribünengast sein.

Gewitzter Simeone? Schelmischer Simeone?

Im Übrigen ist bekannt, dass die Balljungen zu den Randaspekten einer Fußballpartie gehören, die Simeone auch kontrolliert. Vor ein paar Jahren holte Atlético einen Sieg, weil Simeone einem Balljungen derart Sporen machte, dass er einen ins Aus gekullerten Ball in Lichtgeschwindigkeit einem Atlético-Profi zuwarf. Der Gegner war überrumpelt, Atlético schoss den Siegtreffer. Gewitzter Simeone, hieß es da.

Ein anderes Mal schickte er einen Balljungen über den halben Platz hinters Tor, um einen Kollegen in den Senkel zu stellen: Er hatte dem gegnerischen Torwart den Ball zu rasch zugestellt. Da hieß es: Schelmischer Simeone. Nun steht er in einer Reihe mit Schurken des Weltfußballs wie Argentiniens Weltmeistertrainer Carlos Salvador Bilardo, der mal den hippokratischen Eid geschworen hatte, aber nicht davor zurückschreckte, bei der WM 1990 einem durstigen brasilianischen Spieler namens Branco ein Getränk mit Schlafmitteln unterzujubeln.

Simeone und die Balljungen, das ist wirklich eine vielschichtige Geschichte: Als Profi fuhr er 2001 in Buenos Aires mal einem Balljungen über den Mund, der ihn nach einem 3:0 Argentiniens gegen Kolumbien um das Trikot bat: "Hau ab, Kleiner." Man sah sich später wieder. Der Bub war der Kolumbianer Radamel Falcao, damals Jugendspieler von River Plate und später, als Erwachsener, Stürmer bei Atlético - unter Simeone. Nach dem Europa-League-Finale 2011, bei dem Falcao zwei Tore zum 3:0-Sieg gegen Athletic Bilbao schoss, ging Simeone zu Falcao. "Gibst du mir dein Trikot?", fragte Simeone, und die beiden fielen sich freudig in die Arme.

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