Asiaten in der Bundesliga:Stabiler Faktor aus Fernost

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Shinji Kagawa: Einer der asiatischen Spieler, die der Bundesliga derzeit sehr gut tun (Foto: Bongarts/Getty Images)

Kagawa in Dortmund, Okazaki in Mainz, Son in Leverkusen: Die neue Generation asiatischer Profis schmückt die Fußball-Bundesliga. Sie verbindet Qualitäten, die man von zwei auslandserfahrenen Deutschen aus der Vergangenheit kennt.

Kommentar von Christof Kneer

Von Japanern und Südkoreanern sind solche Geschichten völlig unbekannt. In 51 Jahren Bundesliga hat noch nie jemand von einem Japaner oder Südkoreaner gehört, der eine kranke Großtante in der Heimat erfinden musste, um seine mehrtägige Verspätung beim Trainingsauftakt zu entschuldigen. In keiner Bundesligastadt wurde einem Asiaten ein Strafbescheid wegen zu schnellen Fahrens auf dem Altstadtring ausgestellt. Und übergewichtige Asiaten gibt es sowieso nicht.

Japaner sind keine Brasilianer, wie Franz Beckenbauer möglicherweise sagen würde. Die Brasilianer haben vielleicht die schönsten Geschichten geschrieben im großen Buch der Bundesliga, aber zuletzt sind ihre Geschichten immer weniger geworden.

Nur Herthas Ronny sorgt für Übergewicht

Bei Hertha BSC, das einst große Unterhalter wie Marcelinho und Alex Alves beschäftigte, sorgt manchmal noch der quadratische Ronny für etwas Übergewicht im Mittelfeld, aber an diesem Wochenende hat sein Tor für keine Geschichte mehr gereicht. Die Geschichte spielte auf der anderen Seite des Feldes, sie wurde erzählt vom Mainzer Doppeltorschützen Shinji Okazaki, einem nie das Training schwänzenden, nie zu spät kommenden, nie bei Laufübungen abgehängten Japaner.

Seit diesem Wochenende ist Okazaki der Japaner mit den meisten Bundesligatoren, und dieser kleine Rekord regt zu einem kleinen Abstecher in die Historie an. Als sein bisheriger Mit-Rekordhalter Yasuhiko Okudera 1977 in die Liga kam, galt er als Exot aus einem putzigen Entwicklungsland, in dem die Kultur der Stadionwurst schon deshalb unbekannt war, weil man mit Stäbchen keinen Senf essen kann.

Der Südkoreaner Bum-Kun Cha, der zwei Jahre später in der Bundesliga landete, wurde im Fußballland Deutschland zwar recht bald als grandioser Stürmer anerkannt, aber eben auch als zufälliges Phänomen aus Fernost.

Die Asiaten haben es weit gebracht seitdem. Sie sind zum stabilen Faktor geworden im Fußballland und in manchen Städten sogar zu einer echten Zierde des Stadions - wie am dritten Spieltag Okazaki in Mainz, Shinji Kagawa beim BVB, Heung-Min Son in Leverkusen. Wer mit Ligatrainern über ihre Asiaten spricht, der hört bei vielen die Attribute "diszipliniert", "wissbegierig", "anpassungsfähig", "technisch stark". Andere sagen "technisch stark", "anpassungsfähig", "wissbegierig" und "diszipliniert".

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Bayerns Stürmer versucht es von überall, doch die Tore schießen andere. Schalkes Barnetta irritiert auf Facebook. Und Bremen freut sich über die Rückkehr des Werder-Geistes. Die Elf des dritten Spieltags.

Es ist ein origineller Talentmix, der die aktuelle asiatische Generation für die Bundesligatrainer so verlockend macht. Die neue Generation ist genauso dienstbeflissen wie die alte, aber sie ist nicht mehr so demütig, und so verbinden die besten Asiaten inzwischen die Qualitäten jener beiden Deutschen, die so viele Jahre in Japan verbracht haben: Sie sind unverwüstlich und krisensicher wie Guido Buchwald, und sie schlagen Haken, so frech wie Pierre Littbarski.

© SZ vom 15.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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